Ob die Übergabe an ein Familienmitglied erfolgt, an eine unternehmensinterne Vertrauensperson oder ein externer Käufer: Jede der drei gängigen Optionen für die Unternehmensnachfolge hat ihre Eigenheiten sowie Vor- und Nachteile. Wer diese kennt und sich eingehend damit befasst, findet den optimalen Weg für den eigenen Betrieb.
Familieninterne Nachfolgen «Family-Buy-Out» sind mit 41 % am häufigsten.
Was die effektiv beanspruchte Zeit betrifft, unterscheiden sich die drei Nachfolgevarianten wesentlich voneinander. Nachfolgeregelungen in der Familie dauern am längsten. Die laut Bisnode D&B durchschnittliche Dauer zwischen Erstkontakt von Übergeber und Übernehmer beträgt bei einem Management Buy In (MBI) 1,6 Jahre, bei einem Management Buy Out (MBO) 3,3 Jahre und bei einem Family Buy Out (FBO) sogar 6,6 Jahre.
Family-Buy-Out (FBO)
Bei einem FBO wird das Unternehmen an einen oder mehrere Nachkommen des Eigentümers oder andere Familienmitglieder weitergegeben. Diese Option wird von vielen Unternehmen bevorzugt, damit das Lebenswerk innerhalb der Familie weiterbesteht.
Bei einer familieninternen Nachfolge muss die vorherrschende Kultur betreffend Umgang miteinander sowie die Kommunikation innerhalb der Familie zwingend beachtet und bei Entscheidungen berücksichtigt werden. Der Übergeber sollte die Qualität der Beziehungen zwischen den Generationen wie auch jene unter den (mehreren) Nachkommen selbstkritisch hinterfragen und Schlüsse daraus ziehen.
Denn die grössten Tücken der Familiennachfolge sind familiäre Streitigkeiten. Sie entstehen beispielsweise dann, wenn mehrere Nachkommen als potenzielle Übernahmekandidaten in Frage kommen und entsprechende Ansprüche geltend machen. In solchen Fällen liegt es am Übergeber, die richtigen Entscheide zu treffen, diese mit Feingefühl zu kommunizieren und letztlich allen Parteien auch in finanzieller Hinsicht gerecht zu werden.
Die 6 häufigsten Streitpunkte in Familienunternehmen
Gerechte und korrekte Preisfindung unter Berücksichtigung der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens.
Finanzielle Möglichkeiten der Nachfolger vs. Fremdfinanzierung, Erbschaftsvorbezug, innerfamiliäres Darlehen.
Berücksichtigen und Bewahren der familieninternen Interessen (Familientradition, Gleichbehandlung aller, etc.)
Erkennen der Kompetenzen und Fähigkeiten der jüngeren Generation
Loslassen der älteren Generation und Vertrauen in die Kompetenz und die Verschiedenheit der jüngeren Generation
Mentales Loslassen, sich trennen vom Unternehmen und klare Trennung der unternehmerischen von den familiären Themen
Management-Buy-Out (MBO)
Von einem MBO spricht man, wenn ein Unternehmen an einen oder mehrere leitende Angestellte verkauft wird. Geeignete Nachfolger können kontinuierlich aufgebaut und frühzeitig ans Unternehmen gebunden werden.
Im Vergleich zum FBO sind die potenziellen Käufer bei einem MBO im Vorfeld meistens weniger auf eine Übernahme des Unternehmens vorbereitet. Für den Übergeber ist es deshalb wichtig, den Kreis der möglichen Kandidaten frühzeitig zu bestimmen und diese auch entsprechend zu entwickeln und zu fördern. Das ist nicht ganz einfach, da man eine gute Balance zwischen Offenheit und Verbindlichkeit einerseits, Diskretion und Unverbindlichkeit anderseits finden muss.
Die grösste Hürde für ein MBO ist in den meisten Fällen die Nachfolgefinanzierung, da Angestellte häufig nicht genügend finanzielle Mittel für einen Unternehmenskauf haben. Überwinden kann man dieses Hindernis beispielsweise mit einem Verkäuferdarlehen. Diese wiederum bedingen ein grosses Vertrauen seitens des Darlehensgebers und verlängern das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Verkäufer- und Käuferseite.
Management-Buy-In (MBI)
Wird ein Unternehmen an eine familien- und unternehmensexterne Drittpartei verkauft, bezeichnet man dies als MBI. Als Käufer können Privatpersonen oder andere Unternehmen auftreten.
Herausforderung: Richtige Auswahl und Kontinuität für das Unternehmen
Bei der Übergabe an einen externen Käufer besteht die Herausforderung darin, dass sich Käufer und Verkäufer auf verschiedenen Ebenen finden, sei es auf der finanziellen wie auch auf der ideologischen und persönlichen Ebene. Man spricht von «Matching». Verkäufer tun in der Regel gut daran, bei diesem komplexen und herausfordernden Evaluierungsprozess fachliche Hilfe beizuziehen.
Ein Führungs- und Eigentümerwechsel bringt immer Veränderungen mit sich. Bei der Auswahl des Käufers sollte der Verkäufer prüfen, welche Visionen die möglichen Kandidaten verfolgen. Damit wird auch bei externen Verkäufen Kontinuität gewährleistet. Es ist wichtig, während dem Verkaufsprozess Vertrauen aufzubauen, da Verkäufer und Käufer nach der Übergabe zwecks Einarbeitung in der Regel noch eine gewisse Zeit zusammenarbeiten. Ein strukturiertes Change Management ist bei MBI sehr wichtig.
Neben diesen drei Optionen gibt es in ganz seltenen Fällen noch weitere Nachfolgevarianten: Dazu gehört die Fusion, verbunden allenfalls mit dem Gang an die Börse. In solchen Fällen gehören auch Finanzinvestoren und strategische Käufer oft zur interessierten Zielgruppe. Als letzter Ausweg, wenn keine Nachfolge funktioniert, resultiert die Liquidation des Unternehmens.
Welche Nachfolgelösung ist die richtige für mich?
Welche Nachfolgeoption für Ihr Unternehmen die richtig ist hängt von diversen persönlichen, finanziellen, steuerlichen und rechtlichen Fragestellungen ab. Eine fundierte Situationsanalyse ist der erste Schritt um herauszufinden, welche Option für das Unternehmen, das Umfeld und die persönliche Zukunft des Unternehmers die beste ist.
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