Warum es Reformen braucht
Das Schweizer Vorsorgesystem mit seinen drei Säulen existiert in seiner heutigen Form seit 1987. Damit sich auch künftige Generationen auf das System verlassen können, sind Reformen unumgänglich. Die grösste Herausforderung der beruflichen Vorsorge ist die doppelte demografische Alterung. Daneben ist es wichtig, dass das System die heutigen Arbeits- und Lebensmodelle besser berücksichtigt.
Doppelte demografische Alterung
In den letzten fünfzig Jahren ist die Geburtenrate in der Schweiz stark zurückgegangen, während die Lebenserwartung laufend gestiegen ist. Die Folge: Der Anteil Rentenbeziehender hat stark zugenommen und wird in den kommenden Jahren noch stärker wachsen, da die geburtenstarken Jahrgänge (Babyboomer-Generation) in Pension gehen. Das belastet die obligatorische berufliche Vorsorge: Beim aktuellen gesetzlichen Umwandlungssatz von 6,8 Prozent erhalten die heutigen Pensionierten deutlich mehr als ihnen aufgrund der längeren Lebenserwartung zustehen würde – dies zu Lasten der Jungen.
Neue gesellschaftliche Realitäten
Das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) ist seit dem Jahr 1985 in Kraft und spiegelt die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse wieder. Seither hat sich die Gesellschaft verändert: Heute arbeiten immer mehr Schweizerinnen und Schweizer Teilzeit und das vielfach bei mehreren Arbeitgebern. Diese Personen sind in der zweiten Säule ungenügend abgesichert.
Die Ziele von Reformen
Oberstes Ziel der Vorsorgereformen ist, die Renten der heutigen als auch der künftigen Rentnerinnen und Rentnern langfristig zu sichern – trotz stetig wandelnder Voraussetzungen. Das Rentenniveau soll erhalten bleiben. Darüber hinaus sollen Reformen die Finanzierung der AHV (1. Säule) und der beruflichen Vorsorge (2. Säule) gewährleisten und stabilisieren. Gering- oder Teilzeitverdienende – vor allem Frauen – und Mehrfachbeschäftige sollen zudem besser abgesichert sein.
Die wichtigsten Reformen im Überblick
Die Geschichte der Schweizer Altersvorsorge ist von diversen Revisionen und Reformversuchen geprägt. Seit ihrer Einführung hat die AHV bereits zehn Revisionen und Teilrevisionen durchlaufen, und auch die 1985 in Kraft getretene 2. Säule wurde mehrmals angepasst. Dennoch mussten die Reformprojekte der Altersvorsorge auch schon Niederlagen einstecken. Untenstehend alle Anpassungen von AHV und BVG:
- 2024: Änderung des AHVG
Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule und Optimierung in der 2. Säule - 2024: Stabilisierung der AHV (AHV 21)
Festlegung des Referenzalters von 65 Jahren für Männer und Frauen in der AHV und in der BV (schrittweise Erhöhung des Frauenrentenalters von 64 auf 65). Flexibler Beginn des Rentenbezugs. Anhebung der MWSt. - 2022: Änderung des AHVG
Systematische Verwendung der AHV-Nummer durch Behörden - 2020: Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF)
Erhöhung des Beitragssatzes. Erhöhung des Bundesbeitrags. Zuweisung des gesamten MWST-Demografieprozents an die AHV. - 2017: Revision des Scheidungsrechts
Inkrafttreten des revidierten Vorsorgeausgleichs in der 2. Säule bei Scheidung: gerechtere Aufteilung zwischen den Ex-Eheleuten, vor allem wenn eine Rente entrichtet wird - 2012: Teilrevision der AHV
Massnahmen zur Verbesserung der Durchführung - 2011 – 2012: Strukturreform des BVG
Errichtung der eidgenössische Oberaufsichtskommission für die berufliche Vorsorge und Verbesserung von Aufsicht, Governance und Transparenz; Massnahmen für ältere Arbeitnehmende - 2008: Änderung des AHVG
Ablösung der alten AHV-Nummer durch eine 13-stellige Versichertennummer, die als Sozialversicherungsnummer dient; Gewährleistung des Datenschutzes - 2004 - 2006: 1. BVG-Revision
Transparenz; paritätische Verwaltung; Senkung der Eintrittsschwelle; Senkung des Koordinationsabzugs; Senkung des Umwandlungssatzes; regelmässige Überprüfung und Anpassung des Mindestzinssatzes; Witwerrente; Anpassung der Einkaufsmöglichkeiten - 2000: Scheidungsrecht
Inkrafttreten der Revision des Zivilgesetzbuches und des FZG, die im Scheidungsfall die Teilung der 2. Säule vorsieht - 1997: 10. AHV-Revision
Einführung der Einzelrente; Einkommenssplitting; Erziehungs- und Betreuungsgutschriften; Möglichkeit des Rentenvorbezugs; schrittweise Erhöhung des Rentenalters der Frauen von 62 auf 64 Jahre; Witwerrente - 1995: Wohneigentumsförderung
Inkrafttreten der Verordnung über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge (WEFV) - 1995: Einführung der Freizügigkeit
Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (FZG) - 1985: Einführung der beruflichen Vorsorge
Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) - 1979 - 1980: 9. AHV Revision
Einführung des Mischindexes bei der Rentenberechnung; Erhöhung des Bundesbeitrags und der Beiträge der Selbstständigerwerbenden; Wiedereinführung der Beitragspflicht für über 65- jährige Erwerbstätige; Rentenerhöhung - 1973 - 1975: 8. AHV Revision
Rentenerhöhung zur existenzsichernden Leistung (zusammen mit EL); Beitragssatzerhöhung, Senkung des Bundesbeitrags - 1972: Drei-Säulen-System
Verankerung des Drei-Säulen-Konzepts (AHV, berufliche Vorsorge und private Vorsorge) in der Bundesverfassung - 1969: 7. AHV Revision
Rentenerhöhung; Rentenaufschub wird ermöglicht; Beitragssatzerhöhung - 1964: 6. AHV Revision
Rentenerhöhung; Herabsetzung des Frauenrentenalters von 63 auf 62 Jahre; Einführung der Zusatzrente für die Ehefrau und der Kinderrenten; Erhöhung des Beitrags der öffentlichen Hand - 1961: 5. AHV Revision
Rentenerhöhung: Wegfall der Rentenkürzung für Ausländer/innen - 1960: AHV-Anpassungsrevision
Umgestaltung des Teilrentensystems; Koordination mit der IV - 1957: 4. AHV Revision
Erhöhung der ordentlichen Renten; Herabsetzung des Frauenrentenalters von 65 auf 63 Jahre; Anpassung der Beitragsskala für Selbstständigerwerbende - 1956: 3. AHV Revision
Aufhebung der Einkommensgrenzen und der örtlichen Abstufung bei den Übergangsrenten - 1954: 2. AHV Revision
Rentenerhöhung; Verbesserung der Hinterlassenenrenten; Befreiung der über 65-jährigen Erwerbstätigen von der Beitragspflicht - 1951: 1. AHV Revision
Erhöhung der Einkommensgrenze für Übergangsrenten
Eine Übersicht über anstehende Reformen finden Sie hier.