Cognitive Biases: Diese Streiche spielt uns unser Gehirn

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Menschen neigen zu Denkfehlern, sagt der Psychologe und Neurowissenschaftler Benjamin Bargetzi. Die Mechanismen zu kennen, ist sehr wertvoll – für Sie als Unternehmerin oder Unternehmer selbst, aber auch für die Führung Ihres Teams. Diese sieben «Cognitive Biases» sollten Ihnen ein Begriff sein.
 

Denkfehler erkennen

«Menschen denken oft irrational. Denn 90 bis 98 Prozent der täglichen Informationen verarbeiten wir automatisiert und unterbewusst, erklärt Benjamin Bargetzi. Dieses System stammt aus der Steinzeit und reagiert evolutionär bedingt stark auf emotionale Reize wie Angst. Denkfehler, sogenannte Cognitive Biases (kognitive Verzerrungen), sind die Folge. Sie beeinflussen unsere Entscheidungen stark – auch als Unternehmerin oder Unternehmer.

«Führungspersonen tun deshalb gut daran, sich bewusst zu machen, ob ihre Bedenken bezüglich eines Digitalisierungsprojekts wirklich rational sind oder ob da unser steinzeitliches System austeilt, ohne dass wir es merken», rät Bargetzi, der sich auf die Begleitung von Unternehmen in der digitalen Transformation spezialisiert hat. «Aber auch die Kommunikation mit ihren Mitarbeitenden sollten Chefinnen und Chefs auf die Fehlbarkeit des menschlichen Gehirns ausrichten. Ansonsten vergeben sie sich Chancen.»

 

Experte am Zug: Business-Talk mit Benjamin Bargetzi

 

Diese sieben Cognitive Biases sollten Chefinnen und Chefs kennen:

1. Availability Heuristic

Menschen tendieren dazu, etwas als allgemein wahr oder falsch einzustufen, abhängig davon, was sie persönlich erlebt, in ihrem Umfeld beobachtet oder aus den Medien erfahren haben. Zum Beispiel: In zwei KMU, die ich kenne, sind Digitalisierungsprojekte gescheitert – also bringt Digitalisierung allen Unternehmen nichts.

 

2. Confirmation Bias

Menschen suchen und bevorzugen unbewusst Informationen, die ihre eigenen Überzeugungen und Hypothesen bestätigen. Sie scharen auch eher Menschen um sich, die ihnen rechtgeben, statt solche, die eine andere Meinung haben.

 

3. Dunning-Kruger Bias

Leute, die von einer Materie wenig verstehen, überschätzen sich oft. Expertinnen und Experten hingegen neigen dazu, sich zu unterschätzen. Dieses Paradox führt dazu, dass oft die falschen Leute am Tisch die Lautesten sind – vor allem, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen.

 

4. Loss Aversion

Wir gehen in der Regel auf Nummer sicher: Wir wählen die Option, die keinen Verlust, aber vielleicht einen kleinen Gewinn verspricht. Wir sträuben uns aber gegen die Option, bei der grosse Gewinne aber auch Verluste möglich sind. Auch dieses Denken stammt aus der Steinzeit: Die Menschen hatten schon immer Angst vor dem Ungewissen.

 

5. Ownership Bias

Erfolge schreiben wir oft uns selber zu. Misserfolge hingegen anderen. Zum Beispiel jubeln Fussballfans nach einem Spiel: «Wir haben gewonnen!» Verliert ihr Team allerdings, empören sie sich: «Die Versager haben verloren!» Das lässt sich auch gut auf Geschäftsprozesse übertragen.

 

6. Sunk Cost Fallacy

Je mehr Zeit und Energie jemand in etwas investiert hat, desto wertvoller erscheint es der Person. Und umso weniger ist sie bereit, Änderungen vorzunehmen oder die Sache ganz aufzugeben – im Geschäftlichen wie im Privaten. Das gilt beispielsweise für angefangene Projekte, die man seit Jahren duchzuboxen versucht; bestehende IT-Landschaften, die man nicht zu erneuern bereit ist oder auch für zwischenmenschliche Beziehungen.

 

7. Superiority Bias

Wir haben tendenziell das Gefühl, besser als die anderen zu sein und fühlen uns deshalb von Statistiken ausgeschlossen. Zum Beispiel mögen die Leserinnen und Leser dieses Texts denken, all die Biases treffen auf sie nicht zu.

 

Portrait Benjamin Bargetzi
Benjamin Bargetzi

Benjamin Bargetzi gilt als einer der Top30 erfolgreichsten Keynote Speakers Europas und ist international als Neurowissenschaftler, Tech-Investor, KI-Experte und Experte für Change Management & Innovation bekannt. Er studierte und forschte in den Bereichen Neurowissenschaften und Psychologie an weltführenden Universitäten in Oxford, London, Singapur und Zürich, bevor er dann in leitenden Positionen für Google und Amazon arbeitete. Heute ist er CEO und Gründer einer Schweizer Software-Firma, welche für verschiedenste Firmen hochqualitative KI-Lösungen programmiert und gleichzeitig das Unternehmen und die Führungsebene holistisch durch die Transformation begleitet.