Gibt der Markt wenig her, bieten Strukturierte Produkte Renditechancen
Strukturierte Produkte bieten auch dann Renditechancen, wenn die Börsenkurse nicht steil nach oben zeigen. Was diese Anlageinstrumente auszeichnet und wie erfahrene Anlegerinnen und Anleger sie nutzen, zeigen wir Ihnen hier.
Auch schwächere Zeiten nutzen
Wer einen langfristigen Anlagehorizont hat, kann sich grundsätzlich zurücklehnen: Kurseinbrüche oder Phasen ohne markantes Wachstum mögen den einen oder anderen Anleger zwar schmerzen, sie werden aber in der Regel über die Jahre hinweg wieder mehr als ausgeglichen.
Schwächere Zeiten an den Finanzmärkten müssen allerdings nicht einfach durchlitten werden. Es gibt Möglichkeiten, sein Geld zum Beispiel auch bei stagnierenden Kursen für sich arbeiten zu lassen und Renditechancen wahrzunehmen. Das geht mit sogenannten Strukturierten Produkten.
Gut zu wissen
So funktionieren Strukturierte Produkte
Strukturierte Produkte sind eine Kombination aus mindestens zwei Anlageklassen:
- festverzinsliche Wertpapiere
- Derivate
Festverzinsliche Wertpapiere
Bei festverzinslichen Wertpapieren, wie zum Beispiel Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, Pfandbriefe oder andere Schuldverschreibungen, wird die Laufzeit und die Verzinsung im Voraus festgelegt. Damit sich dieses starre Gebilde trotzdem an die sich wandelnden Marktbedingungen anpassen kann, ändert sich der Preis – und zwar in der Regel in die entgegengesetzte Richtung zum Zins.
Derivate
Derivate sind Anlageinstrumente, deren Wertentwicklung immer von einer anderen Anlage abhängig ist, dem Basiswert. Als solche Basiswerte kommen neben Aktien auch Währungen, Rohstoffe, Anleihen, Indizes oder Futures infrage.
Das Besondere am Derivat: Es ist nicht zwingend so, dass es an Wert gewinnt, wenn der Kurs des Basiswerts steigt. Vielmehr wird für jedes Derivat vorab individuell definiert, wie sein Wert mit dem Basiswert zusammenhängt. Es ist also auch das Umgekehrte möglich: Das Derivat wird so konstruiert, dass die Anlegerin auch dann eine positive Rendite erwirtschaften kann, wenn der Kurs des zugrundeliegenden Basiswerts fällt oder seitwärts tendiert.
Gewisses Mass an Erfahrung nötig
Die Vielfalt an Strukturierten Produkten ist riesig. Und die Mechanismen dahinter sind nicht immer leicht zu verstehen. Michael Schneider, Leiter Strukturierte Produkte Vertrieb bei Raiffeisen Schweiz, vergleicht es mit dem Autofahren: «Wer ein Auto fährt, weiss meistens nicht, wie Motor und Getriebe genau funktionieren. Aber der Lenker weiss, wie er das Auto sicher manövrieren kann.»
Und wie beim Autofahren auch braucht es bei der Handhabung Strukturierter Produkte ein gewisses Mass an Erfahrung. Michael Schneider: «Strukturierte Produkte setzen eine eigenständige Meinung zur künftigen Marktentwicklung voraus.» Will heissen: Weil Strukturierte Produkte auf spezifische Marktentwicklungen ausgelegt sind – sehr volatile, stagnierende oder boomende zum Beispiel – müssen Anlegerinnen und Anleger sich erst eine Meinung darüber bilden, welche Entwicklung an den Börsen sie erwarten. Erst dann können sie das passende Produkt für dieses Szenario auswählen.
Strukturierte Produkte für jedes Szenario
Szenario 1: Die Anlegerin geht grundsätzlich von steigenden Kursen aus, fürchtet aber punktuelle Kurseinbrüche
Kapitalschutz: Mit diesem Produkt schliesst die Anlegerin quasi eine Versicherung ab. Wenn der Basiswert einbricht und eine definierte Untergrenze passiert, erhält sie ihr eingesetztes Kapital zurück. Diese Versicherung ist aber nicht gratis: Die Gewinne, die sich bei einer positiven Kursentwicklung des Basiswerts erzielen lassen, sind limitiert – zum Beispiel mit einer fixen Gewinnobergrenze oder einem bestimmten Prozentsatz. An unerwarteten Höhenflügen des Basiswerts kann die Anlegerin also nicht vollumfänglich teilhaben.
Szenario 2: Der Anleger erwartet einen seitwärts tendierenden Markt, möchte aber dennoch Gewinne erzielen
Renditeoptimierung: Der «Goldstandard» im Bereich der Renditeoptimierung ist der Barrier Reverse Convertible. Auch hier wird eine Untergrenze (Barriere) für die Entwicklung des Basiswerts definiert. Bleibt der Kurs oberhalb dieser Grenze, kauft die Bank das Wertpapier nach einer vorher definierten Laufzeit zum vollen Preis zurück. Zusätzlich leistet sie regelmässige Zahlungen: die Coupons. Hat sich der Markt tatsächlich seitwärts entwickelt, beschert der Coupon dem Anleger einen Gewinn. Liegt der Kurs am Ende der Laufzeit hingegen unterhalb des Grenzwerts, zahlt die Bank den Coupon ebenfalls aus, kauft das Wertpapier aber zum Tagespreis zurück. In diesem Fall hat der Anleger zwar einen Verlust erlitten, dieser wird aber vom Coupon etwas abgefedert.
So funktionieren Strukturierte Produkte aus dem Bereich Renditeoptimierung
Szenario 3: Die Anlegerin prognostiziert steigende Kurse in einem bestimmten Markt und will von dieser Entwicklung optimal profitieren
Partizipation: Mit Partizipationsprodukten hat die Anlegerin Anteil an den Erfolgen eines Basiswerts – und zwar auch von solchen Basiswerten, in die sie nicht oder nur mit sehr grossem Kapital direkt investieren könnte. Dazu gehören beispielsweise Rohstoffe, Aktien in Schwellenländern oder ganze Länderindizes. Partizipationsprodukte gibt es in unterschiedlichen Ausprägungen: Beim Tracker-Zertifikat, der einfachsten Variante, entsprechen Gewinne und Verluste 1:1 dem zugrundeliegenden Basiswert. Beim Outperformance-Zertifikat profitiert die Anlegerin überproportional bei steigenden Kursen – verzichtet aber dafür auf allfällige Dividenden.
Das müssen Anlegerinnen und Anleger beachten
Wer in Strukturierte Produkte investieren will, sollte das wirtschaftliche Grundverständnis haben, um die Marktlage beurteilen zu können. Aller Komplexität zum Trotz sind Strukturierte Produkte aber nicht nur Profis vorbehalten: «Sie machen in fast jedem Depot Sinn», sagt Michael Schneider. Denn auch Strukturierte Produkte können offensiver oder defensiver eingesetzt werden – je nach Anlagestrategie. Gerade für Einsteigerinnen und Einsteiger ist es wichtig, die Strategie mit ihrem Risikoprofil abzugleichen. Denn auch hier gilt: Mit den Renditechancen steigen auch die Risiken.
Hinzu kommt das sogenannte Emittentenrisiko: Geht der Herausgeber eines Strukturierten Produkts Konkurs, führt das zum Totalverlust. Anlegerinnen und Anleger sollten also bewusst und sorgfältig auswählen, wem sie ihr Geld anvertrauen. Ist man sich der Risiken bewusst, steht dem Investieren mit «Strukis», wie sie in der Bankenwelt gerne genannt werden, nichts mehr im Weg.