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Politische Börsen haben kurze Beine
Der Einfluss von Wahlen auf die Finanzmärkte wird oft überschätzt.
Seit Joe Biden seiner Vizepräsidentin Kamala Harris im Wahlkampf die Bühne überlassen musste, ist das Rennen um die US-Präsidentschaft wieder völlig offen. Auch nach dem einzigen Fernsehduell zeigen Umfragen und Modelle, dass es zu einem knappen Resultat kommen dürfte. Mitentscheidend für den Wahlausgang wird nicht zuletzt auch die wirtschaftliche Entwicklung in den USA sein.
Aktuell kann trotz Zinswende, jüngst wieder gesunkener Arbeitslosenquote und tendenziell rückläufiger Inflation eine Rezession nicht ausgeschlossen werden. Zudem gilt Kamala Harris als Verantwortliche für die aus dem Ruder laufende Migration.
Unter Trump müsste Europa aufrüsten
Donald Trump hat weiterhin gute Chancen. Für ihn wird entscheidend sein, ob er mit seinem politischen Programm genügend Wechselwähler überzeugen kann. Seine Schwerpunkte sind klar: Beschränkung der Migration, Deregulierung, Steuersenkungen, Reindustrialisierung sowie eine harte und auf Eigeninteressen ausgelegte Handels- und Aussenpolitik.
Aber welche Folgen hätte Trumps Politik für Europa? In Europa (und auch in Asien) dürfte unter ihm ein rauer Wind wehen. Neben der Gefahr von höheren Zöllen würde Trump vermutlich erneut darauf pochen, dass insbesondere die NATO-Länder ihre Rüstungsausgaben deutlich erhöhen.
Druck auf US-Dollar nimmt zu
Trumps politische Schwerpunkte wirken inflationär. Eine abnehmende Zuwanderung sowie die Rückführung von Wertschöpfungsketten dürften die Löhne steigen lassen, während tiefere Steuern tendenziell die Konsumnachfrage erhöhen und höhere Zölle die Importe verteuern. Allerdings hat sich gezeigt: Auch die Wirtschaftspolitik der Demokraten befeuert die Teuerung.
Unabhängig davon, wer im Weissen Haus in Zukunft das Zepter schwingt, ist klar, dass die Haushaltsdefizite weiter hoch bleiben und die Staatsverschuldung ungebremst ansteigen wird. Es ist damit nur eine Frage der Zeit, bis die Bonität der Vereinigten Staaten erneut gesenkt wird. Dadurch nimmt der Druck auf den US-Dollar und die Kapitalmarktzinsen zu.
Ruhig bleiben und abwarten
Was bedeuten die US-Wahlen für Anlegerinnen und Anleger? Mittelfristig müssen sie sich auf eine strukturell höhere Inflation und entsprechend höhere Zinsen einstellen. Der Schweizer Franken dürfte sich zudem weiter aufwerten. Historisch haben die Aktienmärkte vor den US-Wahlen oft zur Schwäche tendiert, um im Nachgang zu einer Rally anzusetzen. Und dies unabhängig davon, welche Partei jeweils als Wahlsiegerin hervorgegangen ist.
Auf Sektorebene hingegen sind durchaus unterschiedliche Entwicklungen zu erwarten. Unter Harris dürften vor allem die zuletzt arg gebeutelten Titel aus der Wind- und Solarenergiebranche profitieren. Bei einem Wahlsieg Trumps ist von einem Kurssprung bei Erdöltiteln und Rüstungswerten auszugehen. Für Schwellenländeraktien andererseits wäre unter Trump mit Gegenwind zu rechnen.
Lassen Sie sich davon aber nicht aus dem Konzept bringen. Der Einfluss von Wahlen auf die Finanzmärkte wird oft überschätzt. Denn grundsätzlich gilt: «Politische Börsen haben kurze Beine.» Dies dürfte auch 2024 nicht anders sein.