«Buy on bad news, sell on good news»
«Buy on bad news, sell on good news» – zu Deutsch: Kaufen bei schlechten Nachrichten, verkaufen bei guten Nachrichten. Das klingt auf den ersten Blick ziemlich unlogisch. Und doch können Börsianer dieser alten Regel einiges abgewinnen.
Tashi Gumbatshang
Leiter Kompetenzzentrum Vermögens- und Vorsorgeberatung, Raiffeisen Schweiz
Tashi Gumbatshang, Anlageexperte bei Raiffeisen Schweiz, erklärt Ihnen im Interview, was die Börsenweisheit bedeutet, welchen Haken sie hat und was Anleger daraus lernen können.
Herr Gumbatshang, was genau bedeutet diese Börsenweisheit?
T.G.: Von wem die Weisheit stammt, ist unbekannt. Ihr liegt die Annahme zu Grunde, dass es für Anleger ein guter Zeitpunkt sein kann, Aktien eines Unternehmens zu kaufen, wenn schlechte Nachrichten über dieses herein prasseln. In diesem Fall sinkt der Wert des Unternehmens und die Aktien werden günstiger. Kommen dann wieder gute Nachrichten, dann steigt der Wert und der Anleger kann die Papiere gewinnbringend verkaufen.
Wie hoch ist der Wahrheitsgehalt der Weisheit?
Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass sich Anleger häufig von Nachrichten kurzfristig stark beeinflussen lassen. Das kann dazu führen, dass sie Aktien zu einem höheren oder – für ihn vorteilhafter – zu einem tieferen Preis kaufen, als der eigentliche Wert der Papiere ist. Es gibt Investoren, die letztere Strategie bewusst verfolgen und damit Erfolg haben. Warren Buffett beispielsweise hat während der Finanzkrise Aktien von Goldman Sachs gekauft, als alle anderen diese Papiere verkauften und die Aktien entsprechend günstiger waren. Nur wenige Jahre später brachte ihm das mehrere hundert Millionen Dollar ein. Die Regel «Buy on bad news, sell on good news» hat also einen wahren Kern. Es gibt jedoch ein grosses «Aber»: Man weiss nie, wann eine Aktie oder ein Unternehmen den tiefsten Punkt der Bewertung erreicht hat. Ebenso wenig weiss man, wann der höchste Punkt erreicht und damit der richtige Zeitpunkt für den Verkauf gekommen ist. Sprich, ein genaues Market-Timing hat niemand.
Was sollen Anlegerinnen und Anleger nun tun?
Warren Buffett ist ein erfahrener Investor und weiss, was es bedeutet, wenn er in einer Phase Aktien kauft, die von anhaltenden sinkenden Aktienkursen, auch Baisse genannt, geprägt ist. Nämlich, dass die Baisse länger anhalten und noch schlimmer werden kann. Es braucht Geduld und Nerven, um das auszusitzen. Denn mittelfristig zeigt die Statistik klar, dass es mehr Tage mit steigenden Kursen gibt als Tage mit sinkenden Kursen und sich die Aktienbörsen langfristig positiv entwickeln. Trotzdem: Für den normalen Anleger ist es sinnvoll, regelmässig über die Zeit zu investieren. Ein Fonds-Sparplan funktioniert auf diese Art und Weise. Der Kunde profitiert durch die regelmässigen Einzahlungen vom Durchschnittspreiseffekt und glättet so sein Risiko. Market-Timing wird damit überflüssig.