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Damit Ihr Partner, Ihre Partnerin im Wohneigentum verbleiben kann
Ehepaare, die Wohneigentum besitzen, haben oft einen grossen Anteil ihres Vermögens in ihrer Liegenschaft gebunden. Im Todesfall eines Partners besteht das Risiko, dass der Überlebende die Immobilie verkaufen muss, um die Erben auszuzahlen. Das Ehe- und Erbrecht sieht aber verschiedene Möglichkeiten vor, wie man den Ehepartner für einen solchen Fall absichern kann. Christian Rehefeldt, Leiter des Raiffeisen-Fachzentrums Erbschaftsberatung gibt Auskunft.
Interview mit Christian Rehefeldt - Leiter Raiffeisen-Fachzentrum Erbschaftsberatung
Es ist offensichtlich, niemand beschäftigt sich gerne mit dem Tod und dessen Folgen. Wie verhalten sich Wohneigentümer in Bezug auf die Planung ihres Nachlass?
Das ist stark abhängig von der jeweiligen Person und seiner Familie. Sind Spannungen mit den Nachkommen vorhanden, dann ist dies oft ein Anstoss zu einer Nachlassplanung. Dabei wäre es auch bei einem guten Einvernehmen wichtig, den Nachlass frühzeitig zu regeln. Das schafft Klarheit und verhindert allenfalls später Streitigkeiten. Zu hoffen, dass die Erben im Fall der Fälle freiwillig zu Gunsten des Partners verzichten, ist ein frommer Wunsch und bietet keine ausreichende Sicherheit.
Ein Beispiel:
Kürzlich durfte ich ein Ehepaar beraten bei welchem der Ehemann das Elternhaus geerbt hat. Seit einigen Jahren leben die Ehegatten in dieser Liegenschaft und geniessen die Vorteile dieser idyllischen Wohnsituation. Sie haben Nachkommen, welche mitte bzw. ende zwanzig sind. Noch ist das Einvernehmen in der Familie zum Glück gut, die Kinder sind unverheiratet und stehen den Eltern nahe. Da die Ehegatten, abgesehen von der 2. und 3. Säule keine erheblichen Ersparnisse hatten, wäre es beim Erstversterben des Ehemannes ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, dass die Ehefrau das Haus hätte übernehmen können. Die Erbteile der beiden Nachkommen wären zu gross. Eine erbrechtliche Absicherung ist hier sehr empfehlenswert.
Welches sind die häufigsten Anliegen bzw. Problemfälle, die Sie in Ihrer Beratungstätigkeit im Zusammenhang mit Wohneigentum antreffen und wie werden diese gelöst?
Ein klassischer Fall sind Ehepaare mit Kindern. Im Todesfall eines Ehegattens, erben die Kinder die Hälfte des Nachlassvermögens.
Ein Testament kann bereits die Lösung sein
Mit einem Testament lässt sich der Anteil an der Erbschaft bereits reduzieren. Der Pflichtanteil für Nachkommen liegt nämlich gemäss neuem Recht bei 1/4 des Nachlass. Das neue Pflichtteilsrecht gilt seit dem 1.1.2023. Zudem kann man mit einem Testament dem Partner die Nutzniessung einer Immobilie zusprechen. Besteht das Nachlassvermögen zu einem grossen Teil aus der ehelichen Wohnung, kann dies eine spannende Variante sein. So ist gewährleistet, dass der überlebende Ehegatte im gemeinsamen Wohneigentum verbleiben kann.
Bei der Nutzniessung bildet der überlebende Ehegatte jedoch eine „Schicksalsgemeinschaft“ mit den Nachkommen. Die Kinder sind die neuen Eigentümer – die Verwaltung (sämtliche Kosten sowie Erträge des gewöhnlichen Gebrauchs) gehen aber zu Gunsten resp. zu Lasten des Ehepartners. Diese Gemeinschaft kann mühselig sein. Denn möchte die Nutzniesserin beispielsweise einen Wintergarten anbauen und die Nachkommen nicht, dann stehen zähe Verhandlungen an. Gleiches gilt beispielsweise bei der Erhöhung der Hypothekarschuld.
Möchten die Eltern sich vorerst zu hundert Prozent absichern und die Kinder erst dann beerben wenn beide verstorben sind, dann reicht ein einfaches Testament nicht aus. Je nachdem in welcher Gütermasse sich beispielsweise die Liegenschaft befindet, wäre ein Ehevertrag (evt. kombiniert mit einem Testament) oder ein Erbvertrag mit den Kindern die bessere Variante.
Ehe-oder Erbvertrag sichern umfassend ab
Ein Ehevertrag auf den Todesfall hin wird lediglich zwischen den Ehegatten abgeschlossen und hat vor allem dann eine grosse Hebelwirkung, wenn die Ehegatten den Grossteil des Vermögens gemeinsam nach Eheschluss erwirtschaftet haben. Es bildet dann sogenanntes „Errungenschaftsvermögen“ und kann bei klassischen Familienverhältnissen, das heisst ausschliesslich gemeinsamen Nachkommen, vertraglich dem überlebenden Ehegatten zugewiesen werden. Das mit den Nachkommen zu teilende Nachlassvermögen hat sich somit um diesen Teil reduziert. Der Nachlass setzt sich dann ausschliesslich aus Eigengütern zusammen. Das ist insbesondere dasjenige Vermögen, welches die Ehegatten in die Ehe eingebracht oder das sie geerbt oder als Erbvorbezug erhalten haben.
Möchten die Ehegatten, dass auch das gesamte jeweilige Eigengut an den überlebenden Ehegatten übergeht, dann ist der Erbvertrag zu diskutieren, in welchem die Nachkommen vorerst auf sämtliche Ansprüche verzichten und vorerst nicht Teil der Erbengemeinschaft sind. Damit die Kinder einen Erbverzicht unterschreiben können, müssen diese volljährig sein. Damit sie den Umfang dieses Verzichts effektiv einschätzen können, empfehlen wir die Kinder erst ab Mitte zwanzig damit zu konfrontieren.
Auswirkungen von Testament und Ehevertrag
Mit güter- und erbrechtlichen Vorkehrungen – wie z.B. Testament oder Ehevertrag – kann der Ehepartner finanziell abgesichert werden. Beispiel bei Güterstand der Errungenschaft, ohne Eigengut der Eheleute.
Zu welchem Zeitpunkt sollen Wohneigentümer am besten die güter- und erbrechtlichen Themen regeln?
Es ist nie zu früh, sich Gedanken zu Erbschaftsthemen zu machen und diese zu regeln. Die Dringlichkeit ergibt sich auch aus der jeweiligen Familien- und Vermögenskonstellation und die jeweiligen finanziellen Konsequenzen im Todesfall eines Ehepartners.
Wie geht man eine Nachlassplanung optimal an?
Am besten überlegen sich die Ehegatten (idealerweise zusammen mit den allfälligen Nachkommen) wie der Vermögensfluss beim jeweiligen Ableben sein soll. Wie stark soll der überlebende Ehegatte finanziell abgesichert werden? Soll das Wohneigentum an den Ehegatten oder besser mit dem Todeszeitpunkt bereits an die Nachkommen? Falls die Nachkommen bereits Immobilieneigentümer werden sollten, möchte sich der überlebende Ehegatte zumindest die Nutzung der ehelichen Wohnung vorbehalten? Wer soll erben wenn beide Ehegatten nicht mehr leben? Macht es Sinn der Erbengemeinschaft einen professionellen Willensvollstrecker zur Seite zu stellen, der bei der je nachdem fachlich und emotional anspruchsvollen Erbteilung hilft? Über all diese Fragen sollten die Ehegatten vor der Nachlassplanung mit einem ausgewiesenen Experten bereits nachgedacht haben. Danach ist es dem Erbschaftsberater möglich, die Familie zielführend und bedürfnisgerecht zu beraten.
Unterstützung durch Raiffeisen in Erbschaftsfragen
Für die Beratung zur Nachlassplanung stehen der Kundenberater, die Experten des Raiffeisen-Fachzentrums Erbschaftsberatung sowie weitere ausgewiesene Netzwerkpartner von Raiffeisen zur Verfügung. Möchten Sie Ihr Nachlassvermögen individuell regeln, melden Sie sich bei Ihrem Kundenberater.
Glossar
Erbrecht
Ohne erbrechtliche Vorkehrungen regelt das Erbrecht, wohin das Vermögen eines Verstorbenen fliesst. Das Gesetzt regelt die Erbfolge sowie die Pflichtteile der Erben, lässt aber auch frei verfügbare Quoten zu.
Güterstand
Treffen Eheleute keine anderweitigen Vereinbarungen unterliegen sie dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. In die Ehe eingebrachtes Vermögen sowie Erbschaften während der Ehe verbleiben im Eigengut eines Ehepartners. Das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen der Eheleute bildet die Errungenschaft. Stirbt ein Ehepartner, fliesst sein Eigengut sowie die Hälfte der Errungenschaft in den Nachlass. Alternativen zur Errungenschaftsbeteiligung bilden die Gütergemeinschaft sowie die Gütertrennung, die mit einem Ehevertrag vereinbart werden können.
Nutzniessung
Der Nutzniesser darf die Liegenschaft selbst bewohnen oder vermieten und die Erträge daraus behalten. Er muss für den gewöhnlichen Unterhalt, Heiz- und Nebenkostgen, grössere Reparaturen, Hypothekarzinsen und Versicherungsprämien aufkommen. In der Steuerrechnung wird der Eigenmietwert als Einkommen versteuert, er darf im Gegenzug Abzüge für den Unterhalt und Zinsen tätigen.
Wohnrecht
Verfügt jemand über das Wohnrecht, darf er die Liegenschaft nur selbst bewohnen. Wie beim Mietverhältnis muss er für den gewöhnlichen Unterhalt sowie für Heiz- und Nebenkosten aufkommen. In der Steuerrechnung wird der Eigenmietwert als Einkommen versteuert, er darf im Gegenzug Abzüge für den Unterhalt tätigen.
Ehevertrag
Ein Ehevertrag ist ein notariell beurkundeter Vertrag zwischen zwei Eheleuten, mit dem güterrechtliche Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen für die Ehe, bei einer Scheidung oder im Todesfall vereinbart werden. Mit einem Ehevertrag kann z.B. für den Todesfall vereinbart werden, dass die gesamte Errungenschaft dem überlebenden Ehepartner zugesprochen wird.
Testament
Mit einem Testament können die gesetzlich frei verfügbaren Quoten nach eigenem Wunsch zugesprochen werden. Für die Erteilung des Wohnrechts oder der Nutzniessung einer Immobilie genügt es, dies im Testament festzuhalten. Das Testament kann jederzeit widerrufen oder geändert werden.
Erbvertrag
Im Unterschied zum Testament ist der Erbvertrag ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, das nur unter Einbezug aller Vertragsparteien abgeändert oder aufgehoben werden kann. Damit können Vereinbarungen getroffen werden, die nicht den gesetzlichen Regelungen entsprechen. Eine öffentliche Beurkundung ist zwingend. Ein häufiger Anwendungsfall ist der Erbverzicht der Nachkommen zu Gunsten des überlebenden Elternteils.