Arbeitnehmende sind in Zeiten des Fachkräftemangels rar und stellen heute andere Anforderungen an Unternehmen als früher. Das kann ältere Generationen herausfordern. Was es braucht, um junge Talente zu gewinnen und zu halten, weiss RUZ-Transformationscoach Andrea Mathis.
Welche Transformationsprozesse beschäftigen KMU heute ganz besonders?
Einige – wir befinden uns in einer Wandlungsphase. Neben der Digitalisierung fordern auch der Fachkräftemangel sowie der gesellschaftliche und kulturelle Wandel die Unternehmen heraus. Das Arbeitsumfeld hat sich von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt.
Mit welchen Auswirkungen für Unternehmen?
Vielen Unternehmen fällt es schwer, Mitarbeitende zu finden und diese längerfristig zu binden. Junge Fachkräfte haben heute andere Erwartungen an ihre Arbeitgeber als früher. Unternehmen, die langfristig überleben möchten, müssen lernen, auf ihre Mitarbeitenden einzugehen. Das darf man nicht unterschätzen, gerade auch in Anbetracht des Fachkräftemangels.
Expertin am Zug: Business-Talk mit Andrea Mathis
Wie meinen Sie das?
Viele Menschen, die heute in den Arbeitsmarkt eintreten, wurden bedürfnisorientiert erzogen – und nicht autoritär. Ihre Eltern, Lehrkräfte oder anderen Bezugspersonen haben ihre Bedürfnisse ernstgenommen und sie in Entscheidungen miteinbezogen, statt einfach von oben herab zu befehlen. Dasselbe erwarten Arbeitnehmende heute von ihrem Arbeitsumfeld. Chefinnen und Chefs, welche die Bedürfnisse der Mitarbeitenden ignorieren, werden Mühe haben, neue Leute zu finden.
Das hört sich nach einem Generationenkonflikt an.
Ja. Ältere Generationen legen häufig viel mehr Wert auf harte Arbeit und Fleiss – die Arbeit musste früher nicht primär sinnvoll sein oder glücklich machen. Für jüngere Menschen zählen Sinnhaftigkeit, offene Kommunikation, Authentizität und Wertschätzung. Sie erwarten auch Homeoffice, flexible Arbeitszeiten, eine gute Work-Life-Balance sowie Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Viele ältere Führungskräfte sind sich das nicht gewohnt.
Was sind die Folgen, wenn Unternehmen diese Bedürfnisse nicht erfüllen?
Autoritäre Führungsstile, Stress, fehlende Anerkennung oder mangelnde Empathie demotivieren die Mitarbeitenden. Die Folge sind schlechtere Arbeitsqualität, krankheitsbedingte Absenzen und Kündigungen. Früher war es üblich, dass man jahrzehntelang in derselben Firma blieb und intern aufstieg. Heute sind junge Fachkräfte viel eher bereit, den Arbeitsplatz zu wechseln, wenn ihnen etwas nicht gefällt. Neue Fachkräfte zu finden, ist allerdings schwierig und teuer. Unternehmen tun deshalb gut daran, den Wandel nicht zu ignorieren.
Mehr von Andrea Mathis?
Als Transformationscoach im Raiffeisen Unternehmerzentrum RUZ unterstützt Andrea Mathis KMU dabei, neue Perspektiven einzunehmen, die Arbeitskultur zu stärken und die Motivation der Mitarbeitenden zu verbessern. Sie verfügt unter anderem über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der internationalen Vermögensverwaltung für Private-Banking-Kunden und Unternehmer, ist Finanz- und Anlageexpertin sowie betriebliche Mentorin und Agile Coach.