Dank Daten nachhaltig produzieren

Bessere Planung, effizientere Produktion, weniger Ausschuss: Die Digitalisierung liefert KMU im Industriebereich bedeutende Vorteile – auch in Sachen Nachhaltigkeit. Wie das geht, erklärt René Brugger, Digitalexperte beim Raiffeisen Unternehmerzentrum RUZ, im Interview.

 

Die Digitalisierung bietet KMU zahlreiche Chancen. Ist mehr Nachhaltigkeit eine davon?

René Brugger: Auf jeden Fall. Insbesondere im Industriebereich sind Daten der Schlüssel dazu. Durch das Erfassen und Auswerten von Daten gewinnen KMU eine Vielzahl von bedeutenden Informationen, die sie nutzbringend verwenden können; zum Beispiel, um nach dem effektiven Bedarf zu produzieren oder auszuliefern.

 

Was bringt das bezüglich Nachhaltigkeit?

Wenn ein Betrieb bedarfsgerecht plant und produziert, braucht er weniger Lager, Maschinen werden besser ausgelastet und die Mitarbeitenden werden optimaler eingesetzt. Zudem verringern sich die Ausschussmengen, aber auch der Strom- und der Treibstoffverbrauch. Das ist ökonomisch genauso nachhaltig wie ökologisch. 

«Der Datenaustausch schafft ein durchgängig digitalisiertes, effizientes und nachhaltigeres System.»

René Brugger, Verantwortlicher Kompetenzteam Neue Geschäftsmodelle und Strategien

Wie funktioniert das konkret in der Praxis?

Nehmen wir einen Spritzgiesser, der Kunststoffteile herstellt. Er benötigt dazu regelmässig neues Granulat. Bis anhin liess er sich sein Silo jeweils immer ganz auffüllen, sobald es leer war. Die Granulat-Bestellung wurde dabei unabhängig vom tatsächlichen Bedarf aufgegeben. Durch den Abgleich der eigenen Daten über den kommenden Bedarf mit denjenigen über den aktuellen Vorrat lässt sich die Beschaffung optimieren.

 

Mit welchen Vorteilen?

Der Kunststoffteile-Hersteller hat nur so viel Granulat vor Ort, wie er tatsächlich benötigt. Das spart Geld für unnötiges Lager und verhindert Ausschuss bei Produktionswechseln. Doch das ist nur der erste Schritt.

 

Was kommt danach?

Wenn der Spritzgiesser auch von seinen Kunden die für ihn relevanten Daten direkt in sein System erhält, lassen sich Produktion und Auslieferung der Kunststoffteile noch genauer planen und beispielsweise teure Kleinstserien oder Leerfahrten verhindern. Und wenn die Vernetzung der Daten auch noch auf den Zulieferer des Granulats ausgeweitet wird, entsteht ein durchgängig digitalisiertes, effizientes und deutlich nachhaltigeres System.

 

Wie würde dieses aussehen?

Hätte der Granulat-Zulieferer Zugriff auf die Daten des Spritzgiessers und dessen Kunden, könnte er beispielsweise die optimalen Liefermengen, -termine und -qualitäten aufgrund der tatsächlich bestehenden Bedürfnisse planen. Das reduziert Verschwendung und spart über die gesamte Lieferkette hinweg Granulat, Treibstoff und CO2.

 

KMU werden vorsichtig sein, mit wem sie ihre Daten teilen. Wie kann das gelingen?

Es ist klar, dass Unternehmen ihre Daten sehr zurückhaltend mit der Zuliefererkette teilen. Deshalb beschränkt sich der Austausch auf diejenigen Daten, die mit dem Auftrag zusammenhängen und für alle Player in der Kette die nötigen Informationen liefern. Die Datensätze sind anonymisiert. Sie ermöglichen die nötigen Kalkulationen für die Planung und lassen darüber hinaus keine Rückschlüsse auf das Endprodukt oder die Endkunden zu. Es steht Industrieunternehmen also nichts im Wege, von den Vorteilen einer digital vernetzten Lieferkette zu profitieren – und so ihre Nachhaltigkeit zu steigern.

René Brugger

René Brugger ist Verantwortlicher Kompetenzteam Neue Geschäftsmodelle und Strategien beim Raiffeisen Unternehmerzentrum RUZ. Er führte selbst Automatisierungs-Unternehmen und gehört zu den Gründern der Industrie 4.0-Bewegung in der Schweiz.