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Ein solider Jahresauftakt
Auch im neuen Jahr ist das Börsengeschehen massgeblich geprägt von der Zuversicht der Anleger. Angesichts der zähen Inflation sind baldige Zinssenkungen jedoch unwahrscheinlich. Der konjunkturelle Gegenwind hält somit an. Anlagetaktisch ist Vorsicht geboten.
Nach einem holprigen Start in den Januar tendierten die Aktienmärkte in der zweiten Monatshälfte über weite Strecken höher. Getrieben wurden sie von den Hoffnungen auf eine sanfte wirtschaftliche Landung sowie baldige Zinssenkungen der Notenbanken. Für den Swiss Market Index (SMI) resultierte Ende Januar ein Kursgewinn von 1,8 Prozent. Obenauf schwangen die Valoren von Lonza und Richemont. Beide Unternehmen profitierten von soliden Geschäftszahlen. Darüber hinaus gehörten sie letztes Jahr zu den Verlierern im heimischen Leitindex, wovon sich viele Börsianer ein gewisses Aufholpotenzial versprechen. Wenig gefragt waren die 2023 gut gelaufenen Zykliker Geberit, Logitech und Sika. Sie büssten zwischen 7 Prozent und 13 Prozent ein. Für den EURO STOXX 50 Index ging es derweil um 2,8 Prozent nach oben, für den amerikanische S&P 500 Index um 1,6 Prozent. Letzterer kletterte im Monatsverlauf, getrieben von guten Wirtschaftsdaten und dem Hype um Künstliche Intelligenz, auf ein Allzeithoch.
Wegen der geopolitischen Risiken im Nahen Osten sowie der restriktiven Förderpolitik der OPEC tendierten die Ölpreise höher. Mit knapp 84 US-Dollar war das Fass der Nordseemarke Brent zeitweise so teuer wie letztmals im November 2023. Ebenfalls gefragt war Gold. Es profitiert dank seiner Qualitäten als Portfoliodiversifikator vom unsicheren Marktumfeld. Unserer Meinung nach besteht beim Goldpreis mittelfristig noch Luft nach oben.
Hoffnung auf baldige Zinssenkungen schwindet
Beim Kampf gegen die Inflation erweist sich die letzte Meile als die anspruchsvollste. Der Grundtrend bei den Teuerungsraten zeigt zwar in die richtige Richtung. Zuletzt nahm die Preisdynamik auf beiden Seiten des Atlantiks allerdings wieder zu. So stieg die Inflation in der Schweiz im Dezember von 1,4 Prozent auf 1,7 Prozent. In der Eurozone und den USA verteuerten sich die Konsumentenpreise um 2,9 Prozent respektive 3,4 Prozent (November: 2,4% bzw. 3,1%). Für die Notenbanken schränkt das den Handlungsspielraum ein. Entsprechend haben die Europäische Zentralbank (EZB) wie auch die US-Notenbank Fed ihre Zinspause im Januar fortgesetzt. Insbesondere in Übersee dämpften die Währungshüter die Hoffnung der Marktteilnehmer auf baldige Zinssenkungen. Wir rechnen erst im Sommer damit. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) könnte gar bis in den Herbst am derzeitigen Zinsniveau festhalten. Folglich flaut der Gegenwind für die Konjunktur vorerst nicht ab. Die damit verbundenen Unsicherheiten spiegeln sich am Kapitalmarkt. Nach dem Zinsrückgang Ende des vergangenen Jahres, haben die Renditen im Januar über fast alle Laufzeiten wieder deutlich angezogen. So werfen 10-jährige Eidgenossen derzeit rund 0,8 Prozent ab, vergleichbare Anleihen aus Übersee fast 4 Prozent. Wir halten bei Obligationen vorerst an unserem taktischen Untergewicht fest. Innerhalb der Anlageklasse präferieren wir Emittenten mit hoher und mittlerer Kreditqualität sowie einer eher kurzen Duration. Sollten sich die Renditen weiter nach oben bewegen, könnten sich daraus aber Kaufopportunitäten ergeben.
Raum für Enttäuschungen
Die höheren Zinsen schlagen auf den Geschäftslauf der Unternehmen durch. Die Gewinnsaison fällt hierzulande entsprechend durchzogen aus. Vor allem bei zyklischen Werten zeigt sich die abkühlende Konjunktur deutlich. So kämpft ein Gros der Industriefirmen mit teils massiven Rückgängen bei den Auftragseingängen. In den Zahlenkränzen vieler exportorientierter Unternehmen spiegelt sich zudem der starke Schweizer Franken. Spürbar besser schlugen sich bislang insbesondere Konsumwerte.
Die Gewinnerwartungen der Analysten für dieses Jahr sind unserer Meinung nach immer noch zu optimistisch. Zudem rechnen wir mit einem anhaltenden Margendruck. Das birgt Raum für Enttäuschungen. Wir bleiben daher bei Aktien insgesamt untergewichtet, mit einer Präferenz für den defensiven Heimmarkt. Um der gesunkenen Rezessionswahrscheinlichkeit in den USA sowie der bislang fehlenden Marktbreite der Börsenhausse Rechnung zu tragen, haben wir die US-Aktienquote von Untergewichten auf Neutral angehoben.
Marcel Crameri
Leiter Vermögensberatung Raiffeisenbank Siggenthal-Würenlingen