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Wonnemonat Mai
Anleger können auf einen erfreulichen Mai zurückblicken. Mit dem starken Anstieg der Aktienmärkte haben aber auch die Bewertungen angezogen. Infolgedessen wird im traditionell schwachen Börsensommer die Luft für weitere Avancen dünner.
«Ich mach' mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt.» Dieser Spruch der schwedischen Kinderheldin Pippi Langstrumpf trifft derzeit auch für Anleger zu. Schlechte Konjunkturdaten interpretieren sie positiv, als Zeichen für eine baldige Zinswende der Notenbanken, die geopolitischen Risiken blenden sie weitgehend aus. Infolgedessen legten die Aktienmärkte nach einer Verschnaufpause im April wieder den Vorwärtsgang ein. Der EURO STOXX 50 stieg im Mai um 1,3 Prozent und der amerikanische S&P 500 Index um 4,8 Prozent. Zu den Überfliegern gehörte mit einem Plus von 6,6 Prozent der Swiss Market Index (SMI). In der Gunst der Investoren standen insbesondere die Valoren des Technologieunternehmens Logitech, der Grossbank UBS sowie des Versicherungskonzerns Swiss Re. Wenig gefragt waren die Titel des Pharmazulieferers Lonza und des Telekomanbieters Swisscom. Unter Berücksichtigung von Dividenden notiert der SMI mittlerweile über 10 Prozent höher als zu Jahresanfang. Damit bewegt er sich in Lokalwährungen gerechnet auf Sicht zum europäischen respektive amerikanischen Aktienmarkt. In Schweizer Franken haben diese, aufgrund der Euro und Dollar Aufwertung, indes weiterhin klar die Nase vorn.
Im Mai ebenfalls gesucht war Gold (+1,8%). Der Preis für das Edelmetall kletterte auf ein Rekordhoch von 2'450 US-Dollar pro Unze. Triebfeder waren zum einen die Notenbankkäufe aus diversen Schwellenländern. Zum anderen ist Gold wegen der chinesischen Immobilienkrise bei vielen Privatanlegern aus Fernost gefragt. Darüber hinaus profitiert es vom geopolitisch unsicheren Marktumfeld.
Zinswende voraus
Weiterhin zur Schwäche neigt indes der Franken. Diesen belastet immer noch die überraschende Zinssenkung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im März. Zudem häufen sich die spekulativen Wetten gegen die helvetische Währung. Infolgedessen schnupperte der Euro in der zweiten Maihälfte mit 0.9930 Franken an der Parität. Ein nachhaltiger Sprung über diese ist allerdings nicht zu erwarten. Denn trotz des jüngsten Inflationsanstieges im Euroraum, von 2,4 Prozent auf 2,6 Prozent, hat die Europäische Zentralbank (EZB) Anfang Juni die Zinswende eingeleitet. Mit der sich in der Folge reduzierenden Zinsdifferenz dürfte der Aufwertungsdrang des Euro abflauen. Die Zinsen frühestens im Herbst senken wird dagegen die US-Notenbank Fed. Zwar stagnierte die Teuerung in den USA, gemessen am PCE-Index der persönlichen Konsumausgaben, im Mai bei 2,7 Prozent, die Währungshüter sehen aber angesichts des robusten Arbeitsmarktes die Gefahr einer zweiten Inflationswelle.
Damit bleibt die Geldpolitik länger gestrafft, was die amerikanische Wirtschaft bremst. Diese legte von Januar bis März annualisiert um 1,3 Prozent zu. Das ist der schwächste Wert seit Frühjahr 2022. Zudem blicken die Unternehmen in Übersee pessimistischer in die Zukunft. Hierzulande sind ebenfalls erste Risse, wenn auch auf hohem Niveau, erkennbar. Denn während auf Gewinnebene noch gut ein Fünftel der Schweizer Unternehmen bei den Erstquartalszahlen die Erwartungen geschlagen hat, gab es beim Umsatz kaum positive Überraschungen. Dazu passt, dass das Sportevent-bereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu Jahresanfang, wie schon im Vorquartal, unterdurchschnittlich um 0,3 Prozent gewachsen ist.
Schweiz ist Trumpf
Nach der starken Entwicklung der Aktienmärkte im bisherigen Jahresverlauf wird die Luft zunehmend dünner. Neben der Geopolitik und der anhaltend schwachen Konjunktur sind mit den jüngsten Avancen auch die Bewertungen gestiegen. So liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des MSCI World Index derzeit klar über seinem langjährigen Mittel. Wir halten deshalb bei Aktien an unserem taktischen Untergewicht fest. Innerhalb der Anlageklasse präferieren wir den Schweizer Markt. Neben seinem defensiven Charakter spricht für ihn die hohe Profitabilität der heimischen Unternehmen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass diese in der zweiten Jahreshälfte durch den günstigeren Franken Rückenwind erhalten werden. Das könnte die Gewinnmargen tendenziell nochmals beflügeln und bei den Gewinnschätzungen für 2024 zu positiven Revisionen führen. Wegen des konjunkturellen Bildes halten wir dagegen das im Konsens erwartete zweistellige Gewinnwachstum in den USA für zu ambitioniert.
Marcel Crameri
Leiter Vermögensberatung Raiffeisenbank Siggenthal-Würenlingen