Mit freudigem Bellen werde ich im NF dogshome in Bad Ragaz begrüsst. Es herrscht reger Betrieb: Hundebesitzer bringen ihre Vierbeiner ins Hundehotel, eine Tierpflegerin führt einen Tierschutzhund spazieren und Nicole Fröhlich kommt gerade von einem Kurs zurück.
«Der Arzt fragte meine Grossmutter einmal, wie sie sich fühle. Sie habe eine neue Krankheit namens GZD. Der Doktor schaute sie verdutzt an. Was das denn sei? Sie meinte: Ich bin Glücklich, Zufrieden und Dankbar.» Diese Geschichte erzählt mir Nicole Fröhlich an diesem Freitagnachmittag. Die Initiantin des NF dogshome erinnert sich gerne an ihre Grosseltern: «Früher war der Umgang mit Tieren ein anderer. Man behandelte einen Hund respektvoll als Familienmitglied, machte aber keinen Firlefanz um ihn herum.»
Schön früh keimte in Nicole Fröhlich der Wunsch, mit Hunden zu arbeiten. Nie fühlte sich ein Beruf für sie so richtig gut an: Den Lehrerjob hängte sie nach kurzem an den Nagel, arbeitete im Fotogeschäft ihres Vaters mit, machte ein Bankpraktikum und war zehn Jahre lang kaufmännische Leiterin in einer Forschungsstation in Davos. Ihre wahre Berufung fand sie aber in der Arbeit mit Hunden: Am 22. April 1998 gründete sie mit NF footstep ein Ausbildungszentrum, wo sie Trainerinnen und Trainer ausbildet, Workshops mit namhaften Referenten aus dem In- und Ausland organisiert und eine eigene Hundeschule betreibt.
Schwieriger Start
Dann, 2016, gründete sie auf dem 5'000 Quadratmeter grossen Gelände des ehemaligen Bad Ragazer Zoos auch das NF dogshome: ein Hundehotel und eine Auffangstation für Tierschutzhunde. Die Finanzierung für den Erwerb und Um- und Neubau gestaltete sich sehr schwierig. Die Self-Made-Frau liess sich nicht entmutigen und sagte sich: Wenn ich es will, dann schaffe ich es auch. Jeden Rappen habe sie zusammengekratzt, ihr Erbe investiert. Zudem durfte sie auf grosszügige private Gönner und Stiftungen zählen, die sie bei ihrem Projekt unterstützten. Für den Umbau fand sich doch noch eine Bank, die einen Kredit sprach. «Es ist hart», erzählt die Unternehmerin. «Letztes Jahr hatten wir richtig zu beissen und standen manchmal vor extremen finanziellen Hürden.» Drei bis vier Jahre wird es sicher noch dauern, um auf gesunden Füssen zu stehen und rentabel zu werden. Ihr Plan scheint aufzugehen: Die Spender-Community im Tierschutz wächst stetig und die Übernachtungszahlen im Hundehotel steigen.
Die Hundehalter in der Region sind dankbar, ihr Tier während den Bürozeiten, über Nacht oder für Ferienabwesenheiten an einem guten Ort zu wissen. Die Tiere werden in 16 hundegerecht eingerichteten Einzel-, Doppel- oder Familienzimmern untergebracht und haben ihren eigenen Auslauf. Tagsüber halten sich die Vierbeiner gerne auf den zehn verschiedenen Freilaufwiesen auf. Wer will, bucht seinem Vierbeiner einen Spaziergang, eine Rundumpflege oder eine Therapiestunde dazu. Eine Nacht mit Kost und Logis kostet bei einer 24-Stunden-Betreuung 55 Franken.
Hunde aus Thailand und dem Libanon
Tür an Tür mit den Pensionshunden wohnen gut ein Dutzend weniger privilegierte Tiere: Tierschutzhunde wie Jharo oder Jack, die ein schwieriges Schicksal tragen. Mit viel Geduld werden die Tiere von Nicole Fröhlich und ihrem Team zurück in die Normalität geführt. Da ist zum Beispiel Jharo, ein junger Thai Ridgeback, der von Thailand eingeflogen wurde, dessen neuer Besitzer aber nicht mit ihm klarkam. Das Tier verhielt sich unberechenbar und musste am Anfang rund um die Uhr einen Maulkorb tragen.
Nur die Trainerin Reny Wicki schaffte es, sich Schritt für Schritt Jharos Vertrauen zu erarbeiten. Stundenlang sass sie einfach nur da und las ihm aus einem Buch vor. Inzwischen fühlt er sich mit seinen Betreuungspersonen richtig wohl und macht Fortschritte. Nebenan wohnt Jack, ein junger Mischling. Er wurde ursprünglich in einem Strassengraben im Libanon gefunden. Sein Körper ist voller Schrotkugeln, vermutlich wurde er für Hundekämpfe missbraucht. Durch die liebevolle Betreuung fasst er langsam wieder Vertrauen zu den Menschen und öffnet sich jeden Tag mehr.
300'000 Franken pro Jahr
Der Einsatz für ihre Hunde bestimmt Nicole Fröhlichs Leben. Tag und Nacht packt sie an, sammelt Spenden, organisiert Führungen und leitet ihr 11-köpfiges Team. «Ein Tierschutzhund kostet uns 3'000 bis 3'500 Franken pro Monat», erklärt sie. «Hypothek, Strom, Wasser, Futter und die Löhne müssen irgendwie finanziert werden.» Zum Glück könne sie auf viele freiwillige Helfer zurückgreifen. Ohne diese würde es nicht gehen.
«Ich muss jedes Jahr 300'000 Franken auftreiben. Das macht mir schon Sorgen, aber dann denke ich wieder: Wenn ich jedes Jahr 800 Menschen finde, die täglich 1 Franken für einen glücklichen Hund spenden, dann habe ich mein Defizit gedeckt.» Mit den Einnahmen der Stiftung, aus Patenschaften, von Stiftungen, Aktionen und Spenden hält sie den Tierschutz-Betrieb aufrecht. Der Pensionsbereich muss mit der Zeit selbsttragend werden.
Nicole Fröhlich arbeitet viel, Freizeit ist ein Fremdwort. Sie kann einfach nicht anders als Gas zu geben, «denn für meine Hunde ist jeder Tag ein neuer Anfang.» Es stimme sie glücklich, wenn ihre Schützlinge Fortschritte machen und sie eine neue Familie für sie findet.
Glückliche Hunde
Und sie freut sich, wenn die Pensionsgäste sich wohlfühlen und beim Einchecken direkt wissen, wo es hingeht. «Ich bin froh, habe ich es mit dem NF dogshome und der Stiftung gewagt», resümiert sie und strahlt übers ganze Gesicht. Und so prangen die Schlagwörter glücklich, zufrieden und dankbar wie ein Mahnmal an der Hauswand, um sich selber und ihr Team jeden Tag daran zu erinnern, warum sie eigentlich hier sind.
Raiffeisen stellt in lockerer Folge «Social Entrepreneurs» vor. Die Unternehmerin Nicole Fröhlich aus Bad Ragaz sucht 800 Menschen, die ein Jahr lang täglich 1 Franken für ihre Tierschutzhunde spenden.