News

  • Medienmitteilung
  • Unternehmertum
05.12.2024

Schweizer Wirtschaft 2025: Langer Weg zum Potenzialwachstum

  • Raiffeisen-Ökonomen rechnen 2025 mit einem geringfügig höheren Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 1,3 Prozent
  • Die Schwäche der europäischen Industrie und die dadurch akzentuierte Frankenstärke verzögern die Erholung des Schweizer Industriesektors weiter
  • Dank eines robusten Beschäftigungswachstums, steigender Reallöhne sowie positiver Effekte weiterer Leitzinssenkungen dürfte sich die Konjunktur dennoch leicht erholen

St.Gallen, 5. Dezember 2024. Das globale Wirtschaftswachstum dürfte 2025 ähnlich schwach ausfallen wie in den vergangenen zwei Jahren, prognostizieren die Raiffeisen-Ökonomen. Die Weltwirtschaft wird dabei gleich von zwei auseinanderlaufenden Entwicklungen geprägt. Zum einen kommt die globale Industrie nicht aus der Stagnation heraus, und der Dienstleistungssektor legt weiter zu, zum andern vertieft die Wahl von Donald Trump zum künftigen US-Präsidenten die konjunkturelle Kluft zwischen den USA und der Eurozone. Die USA bleiben aufgrund der starken Binnenkonjunktur die Wachstumslokomotive unter den Industrieländern. Die Wirtschaft in der Eurozone kommt hingegen kaum vom Fleck. Die Aussicht auf eine deutliche Verschärfung der US-Zollpolitik stellt für die Eurozone, die derzeit besonders anfällig für externe Schocks ist, ein erhebliches Konjunkturrisiko dar. «Solange nicht mehr Klarheit über die künftige Handelspolitik der USA besteht, belastet die grosse Unsicherheit die Unternehmensstimmung weltweit, insbesondere aber in Europa», sagt Fredy Hasenmaile, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz.

 

Wirtschaftswachstum trotz anhaltender Industrieflaute

In der Schweiz bleibt die Industrie die Achillesferse der Konjunktur. In vielen Branchen sind die europäischen Nachbarländer der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt, doch in der Eurozone fällt die Industrienachfrage seit geraumer Zeit besonders schwach aus. Dies gilt allen voran für den wichtigsten Handelspartner Deutschland. Der Gegenwind für die Schweizer Hersteller fällt wegen der erwarteten Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro nochmals stärker aus. Im verarbeitenden Gewerbe sind aufgrund der anhaltenden Nachfrageflaute die Kapazitäten zunehmend weniger gut ausgelastet, wodurch die Margen stärker unter Druck geraten. Bislang deutet sich keine Erholung der Auftragslage an. Damit bleiben die Investitionspläne in der Industrie für das nächste Jahr verhalten oder gar rückläufig. Die Unsicherheit über die US-Handelspolitik dürfte die Investitionszurückhaltung zusätzlich erhöhen, auch wenn die sinkenden Zinsen speziell in der Bauwirtschaft für etwas mehr Impulse sorgen dürften.

Dennoch rechnen die Ökonomen von Raiffeisen für das Jahr 2025 mit einem leicht stärkeren Wachstum des Sportevent-bereinigten Schweizer Bruttoinlandprodukts (BIP). Das BIP soll 2025 um 1,3 Prozent wachsen, nach 1,1 Prozent in diesem Jahr. Fredy Hasenmaile begründet: «Einerseits wird die schwache Exportentwicklung in den konjunktur- und wechselkurssensitiveren Exportbranchen von einer äusserst widerstandsfähigen Dynamik im gewichtigen Chemie- und Pharmasektor kompensiert. Zudem hat sich der Ausblick für den Konsum aufgehellt.»

Trotz vermehrter Pläne für Kurzarbeit oder vereinzelter Stellenstreichungen in der Industrie, lässt der anhaltend steigende Arbeitskräftebedarf im Dienstleistungssektor die Beschäftigung unverändert robust wachsen. Daneben wird die Kaufkraft der Haushalte durch steigende Reallöhne gestärkt – vor allem dank einer tiefen Inflationsprognose von nur 0,5 Prozent im nächsten Jahr. Der geringe Preisdruck ermöglicht der Nationalbank im kommenden Jahr, die Leitzinsen noch weiter Richtung Null zu senken, um mit der Wahrung des Zinsabstands gegenüber der Eurozone den Aufwertungsdruck auf den Franken in Schach zu halten.

 

Strukturwandel zwingt zur Weiterentwicklung

Die Frankenstärke führt dazu, dass der Strukturwandel ein Dauerbegleiter der Schweizer Konjunktur geworden ist. Unternehmen müssen ihre Strukturen, Prozesse und Lieferketten laufend überprüfen oder anpassen. Dieser konstante Anpassungsdruck ist nicht einfach zu bewältigen und führt dazu, dass jedes Jahr einige Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit einstellen. Dies stellt für die Schweiz kein substanzielles Problem dar, solange sich die Schweizer Branchenlandschaft stetig weiterentwickeln kann und die notwendigen Rahmenbedingungen vorhanden sind. Eine Möglichkeit bietet beispielsweise die Raumfahrtindustrie, in der Schweizer Unternehmen eine wichtige Rolle spielen können. Raiffeisen hat dazu im November 2024 eine Branchenanalyse mit den Strukturen, Chancen und Risiken dieses Sektors publiziert.

Im Grundsatz sind die Schweizer Unternehmen dennoch positiv eingestellt – trotz der verhaltenen Aussichten in der Industrie und unklarer globaler Entwicklungen. Eine Umfrage von Raiffeisen im Herbst 2024 zeigte, dass die Unternehmen in wichtigen Themen wie Nachhaltigkeit oder künstlicher Intelligenz mehr Chancen als Risiken sehen. «Dieser unternehmerische Ansatz widerspiegelt die Charakteristik vieler Schweizer Unternehmen und zeigt ihre grosse Resilienz gegenüber schwierigen Marktbedingungen auf. Eine Qualität, die auch 2025 gefragt sein wird», sagt Roger Reist, Leiter Firmenkunden und Treasury & Markets und Mitglied der Geschäftsleitung von Raiffeisen Schweiz. Um sich auf die Chancen am Markt konzentrieren zu können, wünschen sich die Unternehmen vor allem Entlastung bei den regulatorischen Anforderungen.