Warum persönliche Beratung weiterhin gefragt ist
Digital Geld investieren geht schnell, einfach und vor allem selbstständig. Trotzdem stehen Bankberaterinnen und Bankberater hoch im Kurs. Wo die Vorteile persönlicher Beratung liegen und wie sie sich im digitalen Zeitalter wandelt, erklärt Andrea Klein, Leiterin Fachzentrum Finanzplanung von Raiffeisen Schweiz.
Schweizerinnen und Schweizer sind offen für digitale Angebote, möchten auf den zwischenmenschlichen Kontakt aber nicht verzichten. Bei Fragen zu digitalen Vorsorge- und Anlagelösungen suchen sie meistens Hilfe im privaten Umfeld oder bei Bankberatern. Das zeigt die Studie «Digitales Anlegen in der Schweiz» der Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit Raiffeisen Schweiz und Vontobel. Vier von fünf Personen, die ihr Geld an den Finanzmärkten anlegen, wünschen sich eine persönliche Beratung – besonders bei traditionellen Anlageklassen wie Aktien oder Obligationen.
Darum ist persönliche Beratung wichtig
In wenigen Klicks zum Aktienportfolio oder zur Vorsorgelösung – klingt gut. Trotzdem macht nur eine Minderheit in Geldfragen alles auf eigene Faust und ohne Beratung. Warum? Weil der Respekt vor falschen Anlageentscheidungen häufig zu gross ist. Ausserdem kennen sich nicht alle mit Finanzprodukten aus. Andrea Klein, Leiterin Finanzplanung von Raiffeisen Schweiz, bestätigt dies: «Das Anlage- und Vorsorgewissen in der breiten Bevölkerung ist eher tief, unter anderem auch weil Finanzthemen häufig komplex erscheinen und nicht zur Grundausbildung gehören. Daher suchen viele unserer Kundinnen und Kunden Rat, wenn es um Vorsorge- und Anlagelösungen geht.»
Hinzu kommt: Die Tragweite von finanziellen Entscheidungen für die eigene Zukunft ist in der Regel gross. Da ist Vertrauen besonders wichtig – nicht nur in die Bank, sondern auch in die Beraterin oder den Berater. Und dieses entsteht vor allem im persönlichen Kontakt. «Man vertraut eher dem Gegenüber aus Fleisch und Blut als einem anonymen Chatbot», sagt die Expertin.
Selbstständig ist gut, beraten ist besser
Digitale Technologien bieten eine Vielfalt neuer, spannender Beratungsformen. Über Wissensplattformen können Anlegerinnen und Anleger bereits heute wichtige Informationen einholen und mit Tools beispielsweise den eigenen Anlagetyp selbst einschätzen. Zudem zählen Zeitersparnis sowie der 24/7-Zugang zu den Plattformen zu den grossen Vorteilen. Dennoch zeigt die Studie: Auch wer digital investiert, will nicht auf persönliche Beratung verzichten. Deutlich mehr als die Hälfte wünscht sich Unterstützung durch eine Fachperson. Das überrascht Andrea Klein nicht: «Digitale Tools sind eine gute Grundlage, aber qualitativ noch nicht so weit, um auf die persönliche Situation einzugehen. Hinzu kommt die Informationsflut im Internet, die viele verunsichert oder überfordert. Die richtige Einordnung durch eine Vertrauensperson ist daher für viele nach wie vor sehr wichtig – gerade für die individuellen Fragen.»
Beratungsbedarf: von Fall zu Fall verschieden
Die Ansprüche an eine gute Beratung sind klar: Sie soll persönlich sein und jeweils von der gleichen Person der eigenen Bank erfolgen. In Sachen Bedarf zeigen sich laut Studie Unterschiede in Bezug auf Alter und Geschlecht. Überraschenderweise sucht aber auch die digitale Generation der 18- bis 25-Jährigen den Kontakt zu Beraterinnen und Beratern, ebenso wie die älteren Generationen. Für Andrea Klein ist dies jedoch nachvollziehbar: «Bei Finanzlösungen betreten die meisten jungen Erwachsenen Neuland und suchen daher den persönlichen Kontakt.»
Ein höherer Beratungsbedarf zeigt sich zudem bei Frauen. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind laut Andrea Klein kein Zufall: «Frauen setzen sich weniger mit ihren persönlichen Finanzen auseinander und trauen sich folglich weniger zu. Zudem nutzen sie seltener technische Hilfsmittel.»
Keine zusätzlichen Kosten
Der Wunsch nach Beratung ist nicht nur eine Frage des Vertrauens, sondern auch eine des Geldes. Entstehen Kosten, würden gemäss Studie über die Hälfte der Beratungsbefürworter darauf verzichten. Was offensichtlich viele nicht wissen: Nach aktuellem Branchenstandard sind Beratungskosten in Bank- und Produktgebühren bereits inbegriffen – das gilt auch bei Raiffeisen. Wer Vorsorge- und Anlagelösungen nutzt, muss für eine persönliche Beratung also nichts extra bezahlen.
Gut zu wissen
Kundenberatung im Wandel
Früher haben Kundengespräche hauptsächlich physisch in den Räumlichkeiten der Raiffeisenbanken stattgefunden. Heute erfolgt die Beratung über zusätzliche Kanäle wie Telefongespräch, E-Mail-Verkehr und seit der Corona-Pandemie auch über Videokonferenz.
Was gleichgeblieben ist: Die Kundinnen und Kunden haben das Bedürfnis nach einer persönlichen Beraterin oder einem persönlichen Berater, die oder der sie als Vertrauensperson in allen finanziellen Fragestellungen durchs Leben begleitet. Wo und wie sie sich austauschen, ist dabei weniger wichtig, denn Beratungen auf unterschiedlichen Kanälen durchzuführen, ist oft auch für die Kunden deutlich effizienter.
Ob die Beratung digital über Videokonferenz stattfindet oder physisch im Sitzungszimmer, hängt schlussendlich vom Umfang der Fragestellung ab, aber auch davon, wie vertraut die Kunden und Beratenden mit den neuen Kommunikationskanälen sind.
Andrea Klein
Vorsorgeexpertin Raiffeisen Schweiz
Die Vorsorgeexpertin Andrea Klein ist bei Raiffeisen Schweiz für das Fachzentrum Finanzplanung verantwortlich. Sie verfügt über 20 Jahre Erfahrung in den Bereichen Anlage- und Vermögensberatung, Vorsorge-, Pensions- und Nachlassplanung. Für Andrea Klein steht die ganzheitliche Beratung in den verschiedenen Lebensphasen im Mittelpunkt.
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