«Madame la Directrice»
Mit dem Ehrentitel «Madame la Directrice» bezeichnet der Gründer der ersten schweizerischen Raiffeisenkasse, Johann Evangelist Traber, seine Schwester Veronika Traber. Auch die weiteren Männer der ersten Stunde in der Schweizer Raiffeisen-Geschichte drücken ihre Wertschätzung gegenüber Veronika Traber aus.
Porträt von Veronika Traber, der Schwester des Verbandsgründers (S. Obrecht, 2000, S. 31. Bildquelle: Böhi, 1943.)Hochgeschlossenes Sonntagskleid, streng gescheiteltes Haar, der Blick skeptisch: So zeigt das einzige erhaltene Foto Veronika Traber. Sie war die Schwester und Pfarrköchin von Johann Evangelist Traber, Pfarrer und Gründer der ersten schweizerischen Raiffeisenkasse in Bichelsee im Thurgau.
Veronika Traber kümmert sich bei der Raiffeisenkasse Bichelsee und beim Schweizerischen Raiffeisenverband (Raiffeisenverband) um Buchhaltung, Kundenbetreuung und Korrespondenz. In den ersten drei Jahren des Raiffeisenverbands zählt die begabte Rechnerin beinahe 8 Millionen Franken nach. Humorvoll soll sie einmal gesagt haben: «S’git gwüss in dr ganze Schwyz kei Pfarrerschöchi, der so viel Geld dür d’Händ got wie mir, s’isch nur schad, dass’s nit mi isch.»
Mit ihrer Arbeit agiert sie zwar weitgehend im Hintergrund, erfüllt aber eine wichtige Rolle. Eine Rolle, die später die Ehefrauen und Töchter der Kassenverwalter schweizweit übernahmen. Ihr Bruder nennt sie wertschätzend «la Directrice», denn sie korrigiert nicht nur seine Rechenfehler, sondern legt auch als Erste ihre Ersparnisse von 200 Franken in die von ihm neu gegründete Raiffeisenkasse ein.
Bichelsee, 1953, fotografiert von Werner Friedli (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/Stiftung Luftbild Schweiz)Bodenständig und verwurzelt: Veronika und Johann Traber stammen aus einfachen Verhältnissen. Sie und ihre Geschwister sind zwischen 9 und 20 Jahre alt, als sie ihre Eltern verlieren. Um das Studium von Johann zu finanzieren, hilft auch seine Schwester Anna Maria mit ihrem Lohn als Arbeitslehrerin mit. Veronika, zwei Jahre älter als Johann, führt den Pfarrhaushalt, arbeitet im Selbstversorgergarten und bewirtet die Gäste – auch die Männer der ersten Stunde des Raiffeisenverbands.
Sie bleibt ihr Leben lang unverheiratet. Schriftliche Korrespondenzen enthielten deshalb häufig wertschätzende Grüsse an die «Raiffeisenjungfer»
Evakuierung von Wertsachen
Der Zweite Weltkrieg erforderte besondere Schutzmassnahmen. 1939 und 1940 wurden Wertsachen aus grenznahen Raiffeisenkassen nach Melchtal (OW) und Hochdorf (LU) gebracht. Im Ernstfall wollte der Verband Schweizer Darlehenskassen sogar seinen Sitz in die Innerschweiz verlegen.
Es waren angespannte Zeiten: Bereits im Januar 1939 übermittelte der Raiffeisenverband Verhaltensregeln an die Raiffeisenkassen für den Fall einer Mobilmachung. Darin stand: «Wertschriften, Hypothekartitel, Edelmetalle, Faustpfand- und freie Depots sollen in Kuverts und besondere Säcke verpackt werden.»
1. September 1939, bereit für die Evakuierung nach Hochdorf, Kanton Luzern: Wertsachen wie Hypothekartitel und Edelmetall von grenznahen Raiffeisenkassen (S. Obrecht, 2000, S. 67. Bildquelle: Martin Erne, Muolen)Und tatsächlich: Am 1. September 1939 wurde dies für 250 Raiffeisenkassen Wirklichkeit. Der Verband Schweizer Darlehenskassen (Verband) holte die verpackten Wertsachen ab und brachte sie nach Hochdorf im Kanton Luzern. Dort wurden alle Wertsachen in angemietete Tresorräume gebracht.
Im Jahr 1940 plante die Verbandsleitung, ihren Sitz von St.Gallen nach Melchtal im Kanton Obwalden zu verlegen. Sie liess bereits Güter dorthin bringen. Vor Ort wurden sie von einem Angestellten des Verbands bewacht. Er musste sogar im Depot schlafen, erinnerten sich Zeitzeugen. Nachdem sich die Lage entspannt hatte, verlegte der Verband seinen Sitz nicht. Die evakuierten Wertsachen blieben bis Herbst 1940 vor Ort.
1940 war zeitgleich das Gründungsjahr der ersten Raiffeisenkasse in Melchtal, die dank der guten Kontakte in die Innerschweiz entstand.
«Noch 30‘000 Franken, dann bin ich gründlich auf dem Hund»
In der Kasse des jungen Schweizerischen Raiffeisenverbands war das Geld oft knapp. Im Winter 1911/12 herrscht wieder einmal Ebbe. Statt eine gemeinsame Lösung zu finden, kommt es zum Konflikt.
Wenn eine Raiffeisenkasse die Kredite mit ihren Mitteln nicht stemmen konnte, brauchte es Hilfe von aussen. Die Lösung: eine zentrale Stelle aller Raiffeisenkassen, die einen Ausgleich zwischen den einzelnen Raiffeisenkassen schafft. Ab 1906 erfüllt die Schweizerische Genossenschaftsbank mit Sitz in St.Gallen diese Funktion.
Doch schon nach wenigen Jahren treten Schwierigkeiten auf. 1911 eskaliert ein Konflikt zwischen der Schweizerischen Genossenschaftsbank und den zum Schweizerischen Raiffeisenverband (Raiffeisenverband) zusammengeschlossenen Raiffeisenkassen. Der Grund: Die Schweizerische Genossenschaftsbank war traditionell katholisch-konservativ ausgerichtet – der Raiffeisenverband konfessionell neutral.
Die Idee einer eigenen Zentralkasse des Raiffeisenverbands führt zum Höhepunkt des Konflikts. In der Folge treten der Verbandsgründer Johann Traber und der gesamte Vorstand des Raiffeisenverbands am ausserordentlichen Verbandstag am 12. Januar 1912 in Olten geschlossen zurück.
Danach bekamen die Raiffeisenkassen kein Geld mehr von der Schweizerischen Genossenschaftsbank. Traber bemühte sich, in die Bresche zu springen. Er richtete in Bichelsee eine provisorische Zentralkasse ein. Doch das funktionierte nicht.
Pfarrer Traber schreibt in einem Brief 1912 über seine Bemühungen, Geld für die provisorische Zentralkasse aufzutreiben und schliesst mit «… dann bin ich wieder gründlich auf dem [Hund]» (S. Obrecht, 2000, S. 38).Im April 1912 schrieb er an einen Kollegen: «Jetzt habe ich noch 30'000 Franken Wechsel (nur kurzfristig bereitstehendes Kapital) zur Verfügung, und dann bin ich wieder gründlich auf dem Hund.» Damit war klar: Die Zeit war noch nicht reif für eine eigene Zentralkasse von Raiffeisen.
«Spare in der Zeit, so hast du in der Not!»
Für die Raiffeisenkasse war Sparen für schlechte Zeiten ein wichtiges Ziel. Die Geburtsstunde des «Sparkässeli» stand bevor. «Wir Raiffeisenmänner fördern den Sparsinn …» – so tönte es beim Gründer der ersten Raiffeisenkasse der Schweiz, Johann Traber.
Eine ovale Büchse aus Metall – ein begehrtes Objekt um 1900: Das «Sparkässeli» wurde erfunden, damit die Menschen das Sparen nicht aus den Augen verlieren. Das Besondere: Die Heimsparbüchse konnte nur auf der Raiffeisenkasse geöffnet werden. Falls das Bargeld im Haushalt knapp war, konnten die Menschen also nicht einfach etwas aus dem Kässeli nehmen, sondern mussten zur Bank. Das förderte das Sparen.
Heimsparbüchsen, um 1900 bei vielen hoch im Kurs. (S. Obrecht, 2000, S. 49. Bildquelle: «Le Messager Raiffeisen», 1925).In manchen Fällen trieb die Sparförderung vor rund hundert Jahren seltsame Blüten. Die Raiffeisen-Verbandszeitschrift von 1912 schlug vor: «Wie wäre es, wenn in einer Familie Mann und Frau einen Vertrag machen würden: Wenn der Mann einmal ‹übersitzt›, legt er am nächsten Sonntag 1 oder 2 Fr. in die Kassette und bleibt zu Hause, und für jedes Fluch- oder Scheltwort einen Fünfer, desgleichen die Frau für jede Ungeduld ca. einen Fünfer von ihrem Taschengeld.»
Raiffeisen und der «Rütligeist»
Mitten im Zweiten Weltkrieg treffen sich die Delegierten der Raiffeisenkassen auf der Rütliwiese und ziehen Parallelen vom «Rütligeist» zum Raiffeisenbund. Wichtige Worte im Krisensommer 1941.
Es sind angespannte Zeiten: Am 25. Juli 1940 teilt General Guisan auf dem Rütli seinen Kommandanten den Entschluss mit, das grosse Alpen-Réduit zu bilden – ein geheimes Militärbunker-Netzwerk.
Bereits im November 1938 hatte der Bundesrat eine Botschaft zur «geistigen Landesverteidigung» veröffentlicht. Darin wurden die Menschen auf ihr damals bedrohtes Land eingeschworen und dabei die traditionellen Schweizer Werte betont: die Zugehörigkeit zu drei europäischen Kulturräumen, kulturelle Vielfalt, Demokratie und Freiheit.
Delegiertenversammlung 1942 im Kino «Palace» in Basel, mit grossem Schweizerkreuz an der Wand (S. Obrecht, 2000, S. 69. Bildquelle: Lothar Jeck, Basel).Der «Rütligeist» beschwört einen historischen Willen der «Urschweizer» zur Selbstbestimmung. Im «Raiffeisengeist» findet er viel Gleichklang: Solidarität und Selbstverwaltung sowie Verankerung in verschiedenen Regionen der Schweiz.
18. Mai 1941, Versammlung von rund 1300 Raiffeisen Delegierten auf dem Rütli, am Rand des Vierwaldstättersees (S. Obrecht, 2000, S. 68).Rund ein Jahr nach dem Rütlirapport von General Guisan versammeln sich Raiffeisen-Delegierte im Rahmen des Verbandstags auf der historisch bedeutsamen Wiese am Vierwaldstättersee. Das Treffen von rund 1300 Mitgliedern demonstriert Verbundenheit mit der Eidgenossenschaft und wurde in der Verbandszeitschrift als «Raiffeisenlandsgemeinde» bezeichnet.
Friedrich Wilhelm Raiffeisen – der Pionier in Deutschland
Die Krise der Landwirtschaft war mitten in Deutschland besonders spürbar. Friedrich Wilhelm Raiffeisen war Politiker und Beamter auf dem Land. Er wollte die Not der Menschen lindern – und hatte eine zündende Idee.
Porträt von Friedrich Wilhelm Raiffeisen (Copyright: Fredi Eggmann)Erinnerungsblatt des «Vereins für Selbstbeschaffung von Brod und Früchten» von 1846 / 1847: Es zeigt die Anlieferung der Ware über den Rhein. Ein Mann, vermutlich Friedrich Wilhelm Raiffeisen, bezahlt das Mehl (S. Obrecht, 2000, S. 15. Bildquelle: Deutscher Raiffeisenverband Bonn).Die Lösung: Bei den Selbsthilfe-Kreditgenossenschaften (Darlehenskassen) haften die Genossenschaftsmitglieder gemeinsam für diese Kredite ganz nach dem Motto: «Einer für alle, alle für einen.» Die Mitglieder verwalten die Kasse auch gleich selbst, um Kosten zu sparen. So konnten den Sparerinnen und Sparern gute Zinsen bezahlt werden.
Der «Weyerbuscher Brod-Verein» von 1846, der «Flammersfelder Hülfsverein» von 1849 und der «Heddesdorfer Wohltätigkeitsverein», später «Darlehenskassenverein» von 1854, waren die ersten Zusammenschlüsse dieser Art im deutschsprachigen Raum. Zeitgleich, 1849, gründet Hermann Schultze-Delitzsch eine Handwerkergenossenschaft. Damit wird die Genossenschaft zu einer unternehmerischen Rechtsform.
Die erste Raiffeisenkasse der Schweiz
21. Dezember 1899: Ein Pfarrer, ein Lehrer und ein Sticker rufen die erste Raiffeisenkasse in Bichelsee im Kanton Thurgau ins Leben. Am 01. Januar 1900 nimmt sie die Geschäftstätigkeit auf.
Porträt von Pfarrer Johann Evangelist Traber aus Bichelsee/ Kanton Thurgau (S. Obrecht, 2000, S. 20).Pfarrer Traber, mit Meerschaumpfeife, zu Besuch an seinem Studienort Einsiedeln (Obrecht, S. 40. Bildquelle: Ottilia Rupper, Bichelsee).Pfarrer Johann Evangelist Traber ist die treibende Kraft hinter der ersten Schweizer Raiffeisenkasse. Er wächst als Sohn eines Bauern auf. Zuerst erlernt er den Schreinerberuf – später studiert er Theologie.
Als Pfarrer von Bichelsee gründet Traber zahlreiche Vereine auf christlicher Basis und engagiert sich stark für die damals drängenden sozialen Fragen. Er setzt sich für die Bauern ein – und dafür, ihre Kreditnot zu lösen.
Pfarrer Traber sitzend links und die von ihm angeregte Turnsektion des katholischen Jünglingsvereins (S. Obrecht, 2000, S. 25. Bildquelle: Heinz Auer, Bichelsee).Paritätische Kirche Bichelsee, um 1920, während 40 Jahren Wirkungsort Pfarrer Trabers (Histor. Raiffeisenarchiv).Im Jahr 1899 verfasst Traber die Statuten für die Spar- und Darlehenskasse Raiffeisen in Bichelsee im Thurgau. Sie basieren auf dem damals bereits bekannten Modell Raiffeisen – ursprünglich entwickelt im Jahr 1846 von Friedrich Wilhelm Raiffeisen im Westerwald, Deutschland. So bringt Pfarrer Traber das Raiffeisen-Modell dauerhaft in die Schweiz.
Das Modell Raiffeisen, 1975 dargestellt im filmischen Unternehmensporträt «Einer für alle - alle für Einen (Die drei Musketiere)» (Histor. Raiffeisenarchiv).
«Wir Raiffeisenmänner fördern den Sparsinn, leihen Geld zur Förderung der Landwirtschaft, der Klein- und Mittelbetriebe», sagte Traber damals. Das ganze Dorf profitierte von der Raiffeisenkasse, denn die Gewinne flossen wieder dahin zurück, wo sie erwirtschaftet wurden.
Erfolgreiche Gründung einer ersten Raiffeisenbank in der Schweiz, 1975 dargestellt im filmischen Unternehmensporträt «Einer für alle - alle für Einen (Die drei Musketiere)» (Histor. Raiffeisenarchiv).
Am 21. Dezember 1899 wird die erste Raiffeisenkasse der Schweiz im Schulhaus Bichelsee statutarisch gegründet – mit 30 Mitgliedern. In der neuen Genossenschaft übernimmt Pfarrer Johann Traber die Funktionen als Präsident und Aktuar des Vorstands. Lehrer Simon Knecht wird Präsident des Aufsichtsrats. Sticker Johann Köchli übernimmt als Kassier. Am 01. Januar 1900 nimmt die neu gegründete Kasse die Geschäftstätigkeit auf.
Die Kasse selbst ist eine typische «Stubenbank» im Privathaus des Kassiers. Obwohl die ersten Jahre schwer und von Geldnot geprägt sind, gelingt das Projekt. Der Grundstein für die Raiffeisenbanken ist gelegt.
Gemeinsam stark – Verbandsgründung mit 21 Raiffeisenkassen
Die ersten Raiffeisenkassen entstehen rasch nacheinander. Verstärkt zusammenarbeiten und sich gegenseitig unterstützen: Johann Traber, Gründer der ersten Schweizer Raiffeisenkasse, sieht das Potenzial von Genossenschaften und gründet den Schweizer Raiffeisenverband.
Am 25. September 1902 gründet der katholische Pfarrer Traber mit weiteren Männern den Schweizerischen Raiffeisenverband (Raiffeisenverband) – nur drei Jahre nachdem die erste Raiffeisenkasse in Bichelsee im Thurgau entstanden ist.
Raiffeisen-Verbandspräsident Johann Traber inmitten seiner Mitstreiter, u.a. Mitverfasser der Verbandsstatuten Georg Beck, zweiter von links (S. Obrecht, 2000, S. 34).21 Kassen aus den Kantonen Baselland, Solothurn, Schwyz, St.Gallen und Thurgau sind in Zürich bei der Verbandsgründung anwesend. Zehn davon treten dem Verband sofort bei – und beweisen gleich, dass sie konfessionell neutral sind: Bereits bei der zweiten Verbandsversammlung spricht der evangelische Pfarrer Edmund von Steiger aus Bern. Er hatte Friedrich Wilhelm Raiffeisen noch persönlich kennengelernt. Das zeigt: Ob katholisch oder evangelisch, ist nicht wichtig. Auch später spielte die Konfessionalität bei der Raiffeisen Gruppe keine Rolle.
Pfarrer Johann Traber (links) und Georg Beck (rechts) in den 1920er Jahren, nun nicht mehr Funktionäre des Schweizerischen Raiffeisenverbands (S. Obrecht, 2000, S. 124).Die Statuten des neuen Raiffeisenverbands entwirft Johann Traber gemeinsam mit Georg Beck, Jurist aus Sempach im Kanton Luzern. Das Ziel: Sie wollen alle Kräfte nach aussen bündeln und dafür sorgen, dass sich die Raiffeisenkassen untereinander unterstützen. Ganz im Sinne des Solidaritätsgedankens. Eine Zentralkasse soll bei Bedarf den einzelnen Kassen mit Geld aushelfen. Sie wird zentral überprüft: Das schafft gegenseitiges Vertrauen in eine gute Geschäftsführung der einzelnen Raiffeisenkassen.
Bald schliessen sich auch Darlehenskassen aus dem Kanton Waadt dem neuen Raiffeisenverband an. Etliche zögerten zu Beginn noch, kamen aber später doch dazu.
Eine Verbandszeitung verbindet
Der Raiffeisenverband kommunizierte mit den einzelnen Genossenschaften und ihren Mitgliedern über eine eigene Zeitschrift, die in drei Landessprachen (Deutsch, Französisch und Italienisch) erscheint.
Im Jahr 1912 gründet Pfarrer Johann Evangelist Traber (1854‒1930) die Verbandszeitschrift, den «Schweizerischen Raiffeisenboten». Ihr Zweck sei, «… den Geist Raiffeisens, der in der Schweiz fast gar nicht vorhanden ist, wirksam zu pflanzen» und «Rat und Auskunft zu erteilen», schrieb ihr Gründer damals.
«Der schweizerische Raiffeisenbote», die Verbandszeitschrift, Ausgabe Februar 1912 (S. Obrecht, 2000, S. 106).Schon in den 1890er-Jahren hatte er als Dorfpfarrer eifrig diskutiert, geschrieben und gepredigt. Dabei war er voll in seinem Element: In Referaten und mit der Schreibfeder warb er für die Raiffeisen-Werte «Solidarität, Selbsthilfe und Selbstverwaltung».
Die Verbandszeitschrift bot ihm eine gute Bühne. Gleich im ersten Jahr veröffentlichte er darin Parolen für eine eigene Zentralkasse: «Der Kapitalismus schwillt immer mehr an, und der Mittelstand leidet an Schwindsucht», schrieb Traber mit plakativen Worten.
Zeitschrift «Panorama», erschienen 1988-2016, hier Nr. 11/12 1999 (Histor. Raiffeisenarchiv).Zeitschrift «SAVOIR FAIRE», erschienen 2017-2021 mit Fokus auf KMU-Themen, hier Magazin Nr. 3/2021 (https://www.raiffeisen.ch/rch/de/firmenkunden/unternehmerthemen/archiv-savoir-faire.html, Stand: 31.10.2023).Im Jahr 1916 erschien mit «Le Messager Raiffeisen» auch eine französische Version – fünfzig Jahre später folgte die italienische Ausgabe mit dem Titel «Messagero Raiffeisen». Ab 1982 hiess die Zeitschrift kurz und knapp «Raiffeisen». 1988 wurde sie in «Panorama» umbenannt. Unter dem Titel «SAVOIR FAIRE» sprach sie 2017–2021 mit ihren Themen bevorzugt kleine und mittlere Unternehmen an. Ab 2022 wird auf eine Verbandszeitschrift verzichtet. Die Kommunikation in der Raiffeisen Gruppe hat neue Wege gefunden.
Josef Stadelmann – vom ersten Mitarbeiter zum Direktor
Zehn Jahre lang wird das Büro des Schweizerischen Raiffeisenverbands in Teilzeit geführt. 1912 ist es so weit: Josef Stadelmann wird als erster «vollamtlicher Mitarbeiter» eingestellt. Ein Glücksgriff, wie sich schnell herausstellt.
Josef Stadelmann, von 1912 bis 1953 Direktor der Zentralkasse des Schweizerischen Raiffeisenverbands (S. Obrecht, 2000, S. 61).Die Zahl der Raiffeisenkassen nimmt zu und auch der Schweizerische Raiffeisenverband (Raiffeisenverband) wächst: Im Jahr 1903 zählt er bereits 25 Mitglieder – nur zwei Jahre später sind es bereits rund 50. Es braucht mehr Personal. Und vor allem mehr Platz. Das Verbandsbüro zieht deshalb 1912 vom kleinen thurgauischen Dorf Bichelsee nach St.Gallen: in das Privathaus des neuen Verbandssekretärs.
Erster Verbandssitz im Privathaus des Josef Stadelmann, 1912-1918 (Histor. Raiffeisenarchiv).Denn es gibt noch eine entscheidende Neuerung: Der St.Galler Josef Stadelmann wird als erster hauptberuflicher Sekretär des Raiffeisenverbands angestellt. Zuvor hatte er für die Schweizerische Genossenschaftsbank gearbeitet und dabei bereits die Raiffeisenkassen und den Raiffeisenverband betreut. Das Besondere: Unter seiner Leitung wird 1915 die eigene Raiffeisen-Zentralkasse Wirklichkeit. Eine Idee, die Verbandsgründer Johann Traber bereits 1912 vorgeschlagen hatte – damals noch erfolglos.
Mit der Zeit beschäftigt der Raiffeisenverband viele weitere Mitarbeitende. In der Stadt St.Gallen findet er eigene Büroräumlichkeiten – bis heute. In all diesen Jahren sorgt eine Person für Kontinuität: Direktor Josef Stadelmann. Von 1912 bis 1953 ist er die prägende Person des Raiffeisen-Verbandsbüros.
Streit um Finanzen: Gründer tritt zurück
Das Geld ist knapp beim jungen Schweizerischen Raiffeisenverband – und ein Streit mit der Schweizerischen Genossenschaftsbank in St.Gallen eskaliert. Am Ende tritt der Gründer und Präsident des Raiffeisenverbandes, Johann Traber, zurück. Wie konnte es so weit kommen?
Geld für Kredite war in den ersten Jahren bei den einzelnen Raiffeisenkassen knapp. Mit einer Zentralkasse wollten die einzelnen Raiffeisenkassen in der Schweiz deshalb untereinander für einen Finanzausgleich sorgen. Doch leichter gesagt als getan.
Der Grund: Zwischen wohlhabenden und notleidenden Kassen mangelte es an Solidarität. Die Raiffeisenkassen gaben einander keine Kredite. Auch die solidarische Haftung aller Raiffeisenkassen für die erteilten Kredite half nicht. Die Situation war so prekär, dass der Vorstand des Schweizerischen Raiffeisenverbands sogar den deutschen Raiffeisenverband um Unterstützung bitten wollte.
Der Gründer und Präsident des Schweizerischen Raiffeisenverbandes (Raiffeisenverband) Johann Traber ging mehr als einmal auf «Betteltour» zu wohlhabenden Privaten und verpfändete Hypotheken aus Bichelsee. Es herrsche ein «Wechselbad von kleiner Flut und grosser Ebbe» bei den einzelnen Raiffeisenkassen, heisst es im ersten Jahresbericht des Raiffeisenverbands.
Die Schweizerische Genossenschaftsbank führte ab 1906 den Geldausgleich und die Buchhaltung des Schweizerischen Raiffeisenverbandes durch (S. Obrecht, 2000, S. 32. Bildquelle: Führer durch die christlichsoziale Bewegung 1925, S. 32).Erleichterung brachte ab 1906 die Zusammenarbeit des Raiffeisenverbandes mit der Schweizerischen Genossenschaftsbank in St.Gallen. Sie besorgte im Auftragsverhältnis den Geldausgleich und die Buchführung des Raiffeisenverbands. Aber auch neue Herausforderungen gab es: Im Jahr 1912 wollten Johann Traber und seine Vorstandskollegen eine eigene Zentralkasse gründen. Das Vorhaben scheiterte, der Gründer und seine Vorstandskollegen traten zurück. Traber war so verbittert, dass er mehr als ein Jahrzehnt keinen Kontakt zur neuen Raiffeisenverbandsspitze hatte. Erst 1925 kam es zur Versöhnung und Traber wurde als Gründer des Raiffeisenverbands geehrt.
«Späte Versöhnung», Gruppenbild von Pfarrer Traber vorne in der Mitte sitzend mit der Verbandsspitze: inks von ihm Verbandspräsident Josef Liner, rechts von ihm Aufsichtsratspräsident Viktor Schwaller, 1925 (S. Obrecht, 2000, S. 41).Seine Idee von einer Raiffeisen-Zentralkasse hatte zwischenzeitlich ein anderer im Jahr 1915 realisiert: Josef Stadelmann – erster «vollamtlicher Mitarbeiter» und späterer Direktor im Raiffeisen-Verbandsbüro in St.Gallen.
Raiffeisenverband: von Bichelsee in die Stadt St.Gallen
Ab 1902 hat der Schweizerische Raiffeisenverband seinen Sitz in Bichelsee im Thurgau. Exakt dort, wo auch die erste Raiffeisenkasse der Schweiz gegründet wurde. Doch der Raiffeisenverband wird grösser – und findet in der Stadt St.Gallen seinen neuen Sitz.
Vom Dorf in die Stadt: Anfänglich noch von Gründer Johann Traber und seiner Schwester Veronika Traber verwaltet, wird der Schweizerische Raiffeisenverband (Raiffeisenverband) immer grösser. Die Arbeit nimmt zu, es braucht mehr Personal und mehr Platz.
St.Gallen 1910 – diese Stadt wurde als Standort des Raiffeisenverbands gewählt (S. Obrecht, 2000, S. 37. Bildquelle: Eidg. Amt für Denkmalpflege, Bern).Im Jahr 1912 ist es so weit: Der Sitz des Raiffeisenverbands wird vom kleinen Ort Bichelsee in die Stadt St.Gallen verlegt. Dort gab es gute Kontakte, da der Raiffeisenverband bereits seit 1906 mit der in St. Gallen ansässigen Schweizerischen Genossenschaftsbank zusammenarbeitete. Diese besorgt im Auftragsverhältnis den Geldausgleich und die Buchführung für den Raiffeisenverband.
In der quirligen Stadt findet der Raiffeisenverband schnell kompetentes Personal und stellt seinen ersten hauptberuflichen Sekretär ein: Josef Stadelmann.
Verbandspersonal 1917: eine Buchhalterin, zwei Lehrlinge, ein Angestellter und ganz rechts der erste Vollzeitangestellte Josef Stadelmann (S. Obrecht, 2000, S. 39).Das Büro des Raiffeisenverbands befand sich an verschiedenen Orten in der Stadt: von 1912 bis 1918 in der Langgasse 66, in den privaten Räumen des Sekretärs. Anschliessend ging es für zwei Jahre in die Poststrasse 14. Bis 1931 lautete die Adresse des Verbands: Oberer Graben 6 – später belegte der Raiffeisenverband dort auch die benachbarte Hausnummer 4. In diesem Gebäude blieb der Raiffeisenverband bis 1973 – damals bekannt als «Brettauerhaus».
Anschliessend ging es weiter in die Vadianstrasse 17: Hier empfängt Raiffeisen ihre Kundinnen und Kunden – bis heute.
Der lange Weg zum Namen «Raiffeisen Schweiz»
Der Schweizerische Raiffeisenverband hat in seinen mehr als 100 Jahren schon einige Namensänderungen gesehen. Heute ist der Name kurz und prägnant.
Anfänglich trug der Schweizerische Raiffeisenverband selbstverständlich «Raiffeisen» in seinem Namen – dies in Anlehnung an Friedrich Wilhelm Raiffeisen, den Raiffeisen-Gründer in Deutschland. So war es in den ersten Statuten des Schweizerischen Raiffeisenverbandes vom 12. Juni 1902 festgelegt.
Genauso wie das Ziel der «Förderung der Volkswohlfahrt in wirtschaftlicher und sittlicher Hinsicht auf christlicher Grundlage».
Zudem legten die ersten Statuten als Verbandszweck fest, die interne Zusammenarbeit zu fördern und sich gemeinsam nach aussen zu vertreten. Ganz nach dem Motto: «Einer für alle, alle für einen.»
Im Laufe der Zeit wurden die Statuten stets den neuen Verhältnissen angepasst – und damit auch der Name: 1920 wurde er auf «Verband der schweizerischen Darlehenskassen» geändert. Dadurch kam der Verbandsname in den folgenden Jahrzehnten ohne «Raiffeisen» aus. Das änderte sich später wieder: Mit einer Statutenänderung 1973 wird er in «Schweizer Verband der Raiffeisenkassen» und 1990 zum «Schweizer Verband der Raiffeisenbanken» umbenannt. 2006 folgt die bislang letzte Namensänderung in «Raiffeisen Schweiz Genossenschaft» – kurz «Raiffeisen Schweiz».
Die Bürgschaftsgenossenschaft entsteht
Für andere zu bürgen und ihre Geldschulden zu bezahlen, war damals üblich. Mit fatalen Folgen: Der Bürge geriet dadurch oft selbst in Not.
Illustrierte schweizerische Handwerker-Zeitung vom 7. August 1886, mit Artikel «Bürgen tut würgen». (ETH Zürich, www.e-periodica.ch)«Bürgen tut würgen» im Sinne von «wehtun» heisst es in dem alten Sprichwort. Im Jahr 1941 wird in der Schweiz das Bürgschaftsrecht revidiert und der Bürge dadurch stärker geschützt: Seine Haftung wird gemildert und es ist schwieriger, eine Bürgschaft über 2000 Franken einzugehen. Dass Menschen trotzdem füreinander einstehen können, ist den Raiffeisenkassen und dem Verband schweizerischer Darlehenskassen wichtig.
Die Lösung war das Genossenschaftsmodell: 1942 gründeten die Raiffeisenkassen gemeinsam mit dem Verband schweizerischer Darlehenskassen eine eigene Bürgschaftsgenossenschaft – sie ist selbst im Jahr 2000 immer noch die grösste dieser Art in der Schweiz. Sie sichert Kredite ab, denn die Raiffeisenbanken durften damals keine Kredite ohne Sicherheiten vergeben.
2008 fusionieren die Raiffeisen Schweiz Genossenschaft (Raiffeisen Schweiz, früher Verband schweizerischer Darlehenskassen) und die Bürgschaftsgenossenschaft. Damit wird das Bürgschaftsgeschäft neu direkt von Raiffeisen Schweiz betrieben.
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte
Sicherheit, Fleiss, Wohlergehen: Das ist die Symbolik hinter dem allerersten Raiffeisen-Logo mit Ähren, Schlüssel und der Form einer Bienenwabe. In der Vergangenheit wurde sein Aussehen immer wieder verändert. Was bleibt, ist die starke Botschaft.
Das erste Logo 1942 wurde von einem St. Galler Stickereizeichner entworfen und bis 1952 unverändert verwendet. (S. Obrecht, 2000, S. 120).Ähren, ein Schlüssel und die Form einer Bienenwabe: Das erste Raiffeisen-Logo in der Schweiz wird 1942 von einem Stickereizeichner entworfen. Die Symbole vermitteln eine klare Aussage: Ähren stehen für Brot und Nahrung. Die Bienenwabe bezieht sich auf die sprichwörtlich fleissigen Bienen, denn die Menschen sollten zum fleissigen Sparen animiert werden. Der Schlüssel symbolisiert Sicherheit.
Fünf Beispiele, wie sich das Logo in den 1950er bis 70er Jahren entwickelte.Die vier Ähren symbolisieren die vier Sprachregionen in der Schweiz, aber auch die vier Berufsstände: Landwirtschaft, Handwerker-, Gewerbe- und Beamtenstand. Denn dieser ländliche Mittelstand zog gemeinsam in die gleiche Richtung. Für die Zusammenarbeit auf nationaler Ebene stand ein zeitweise dargestelltes Band. Mit der Zeit wurde dieses alte Logo immer wieder leicht verändert. So wurden beispielsweise in den 50er- und 60er-Jahren aus vier Ähren drei.
1973 erstrahlte das Logo in den drei Farben Rot, Blau und Gelb. Und zu den Bildelementen im Logo gesellte sich später ein Band in den drei Farben und der Schriftzug «Raiffeisen».
2006 wurde das Logo auf den Schriftzug «Raiffeisen» und die Farbe Rot reduziert.Seit dem 1. März 2006 sind vom ursprünglichen Logo nur noch der Schriftzug «Raiffeisen» und die Farbe Rot übriggeblieben. An der starken Botschaft hat sich nichts geändert: Raiffeisen verbindet traditionelle Werte mit einer modernen, dynamischen Bank.
Raiffeisen in allen Sprachregionen der Schweiz
Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch: Die erste Raiffeisenkasse wurde in der Deutschschweiz gegründet – Raiffeisenkassen etablierten sich aber schnell in allen vier Sprachregionen der Schweiz.
Thurgau, St.Gallen, Solothurn, Fribourg, Baselland, Schwyz und Luzern: Die ersten Raiffeisenkassen entstanden vor allem in katholischen Bezirken, in kleinen Dörfern, in denen katholische und reformierte Glaubensgemeinschaften nebeneinander lebten. Häufig waren es Geistliche, die Raiffeisenkassen gründeten. Dennoch spielten Konfessionsgrenzen in der Entwicklung des Schweizerischen Raiffeisenverbandes (Raiffeisenverband) keine Rolle.
Das galt auch für die Sprachgrenzen. 1906 – vier Jahre nach der Gründung des Raiffeisenverbands – schloss sich die erste Raiffeisenkasse in der Westschweiz an: die von Valeyres-sous-Rances, einem Dorf unweit von Yverdon im Kanton Waadt. In der Waadt und im Wallis breitete sich das Raiffeisen-Gedankengut rasch aus.
Das Raiffeisen-Gedankengut mit seinen Werten «Selbsthilfe, Solidarität und Selbstverwaltung» verbreitet sich schnell: im Kanton Bern ab 1910, im Jura ab 1920. Im Kanton Genf wurden die Raiffeisenkassen sogar vom Kanton gefördert. Es folgen Gründungen im Kanton Neuenburg, in der Zentralschweiz, im Berner Oberland und in der italienischsprechenden Schweiz.
1923 wird eine erste Darlehenskasse in Sonvico im Tessin gegründet. Mit den Jahren entstehen mehr Raiffeisenkassen im Tessin und auch in Graubünden, in Dörfern mit rätoromanischer Sprache.
1923 wird eine erste Raiffeisenkasse in Sonvico im Tessin gegründet, das Strassenschild erinnert an den Gründer. (S. Obrecht, 2000, S. 105)Überall waren es dörfliche Initiativen, die zur Selbsthilfe im Kreditwesen führten. Bis zum Jahr 1930 haben sich 516 Kassen aus allen Landesteilen dem Raiffeisenverband angeschlossen. Und heute? Die Raiffeisen Gruppe ist nach wie vor in allen Sprachregionen der Schweiz präsent.
Regional vernetzt – gemeinsam stark
Einer für alle – alle für einen: Einzelne Raiffeisenkassen schliessen sich von 1907 bis 1988 zu regionalen Verbänden zusammen.
Gemeinsam stark und geschlossen nach aussen auftreten: Der erste Regionalverband wird bereits 1907 in Oensingen im Kanton Solothurn gegründet. Bis zum Jahr 1988 folgen noch 21 weitere. Die Aufgabe der Verbände: Sie koordinieren die Werbung der angeschlossenen Raiffeisenkassen und pflegen Kontakte zu den regionalen Interessengruppen sowie Behörden.
Die Ostschweizer Raiffeisenkassen präsentieren sich an der ersten OLMA 1947 noch ohne Logo (Staatsarchiv St.Gallen, OLMA-Bildarchiv).Ab Anfang der 1990er-Jahre werden in den Regionalverbänden Delegierte für die gesamtschweizerischen Versammlungen gewählt. Grund dafür: Die Delegiertenversammlungen, an die jede Raiffeisenbank eigene Vertreter entsandte, waren für eine direkte Mitsprache zu gross geworden.
Kontakte zu pflegen war lange Zeit auch eine persönliche Aufgabe der Revisoren, neben ihrer eigentlichen Kontrollarbeit. Später finden die Regionalverbände neue Wege, sich regional zu vernetzen: 1980/81 werden Kreisinspektorate in Bellinzona, Lausanne und Olten geschaffen. Sie organisieren jährlich sogenannte «Instruktionstage». Dort wird das Personal geschult, miteinander gesprochen und einander gegenseitig zugehört. Ganz nach dem Motto: Gemeinsam stark.
Regionalverbände von 1907 bis 1988:
«Sich wehren und tüchtig sparen …»
Mit diesen Worten beginnt der Spruch, mit dem Kinder und Jugendliche zum Sparen ermuntert wurden. Weiter geht es wie folgt: «Sich wehren und tüchtig sparen bringt Ehren in späteren Jahren.»
Der Spruch stand auf einer Sparkarte. Sie listete wie ein Sparbuch das Ersparte plus Zins auf. In Zeiten, «als sich grosse Tugenden noch auf einen kurzen Nenner bringen liessen», war Ehre wichtiger als heute. Und deshalb ein erstrebenswertes Ziel.
Aus Oberehrendingen im Aargau: In diesem dicken, schwarzen Buch wurden die Einzahlungen der Kinder in die Schulsparkasse vermerkt (S. Obrecht, 2000, S. 50).Damit Kinder und Jugendliche das Sparen praktisch üben konnten, gab es also die Schulsparkassen. Die Behälter meist aus Metall hatten mehrere Fächer – je eines für jede kleine Sparerin und jeden kleinen Sparer. In einem grossen schwarzen Rechnungsbuch führte die Lehrkraft Listen über die gesparten Zwanzigrappenstücke oder Einfränkler. Von Zeit zu Zeit brachte sie das Geld zur dörflichen Raiffeisenkasse. Am Ende der Schulzeit übertrug die Bank den gesamten gesparten Betrag auf die jeweiligen Sparkonten der Schulabgänger – oder bezahlte sie bar aus.
«Juhui! Jetzt macht uns das Sparen viel mehr Freude!», Broschüre zum Jugendsparen, zirka 1968 (Histor. Raiffeisenarchiv).Es gibt viele Gründe, warum die Menschen damals gespart haben: Neben der Ehre ist das Geld ein wichtiger Notgroschen für schwierige Zeiten. Oder es macht grössere Projekte und Investitionen möglich. Ging es dem Einzelnen finanziell gut, hatte das auch für die Gemeinschaft etwas Gutes: Dadurch erhielten die Darlehenskassen das Geld, mit dem sie ihrerseits Kredite vergeben konnten.
Schulterschluss mit dem Schweizerischen Bauernverband
Die soziale Lage von Bauern und Arbeitern verbessern: Mit diesem Ziel gründeten meist Pfarrer in den Jahrzehnten nach 1899 viele Darlehenskassen in der Schweiz – basierend auf dem «Modell Raiffeisen» («Raiffeisenkassen»). Doch die Bauern auf dem Lande und ihre Bauernorganisationen mussten erst noch davon überzeugt werden.
Ende des 19. Jahrhunderts schlossen sich die Schweizer Landwirte zu Interessengemeinschaften und Vereinen zusammen. Im Jahr 1897 gründeten sie den Schweizerischen Bauernverband (SBV). Ihr Ziel: Sie wollten den bäuerlichen Betrieb rentabler machen. Dafür setzten sie auf zwei Stützpfeiler: Bauern unternehmerisch ausbilden und Schutzzölle für die Einfuhr landwirtschaftliche Erzeugnisse aus dem Ausland erheben.
Die Vereinigten Molkereien St. Gallen präsentieren sich an der St. Gallischen Ausstellung, 1927 (Kantonsbibliothek Vadiana St.Gallen, VSRG 72908).Erst in den krisenhaften 1920er Jahren wandte sich der Blick der Bauern auf die Raiffeisenkassen und wie diese ihren Betrieb stärken können. Ab 1923 förderte das von Bund und SBV unterstützte Schweizerische Bauernsekretariat das ländliche Kreditwesen und empfahl die Zusammenarbeit mit und die Neugründung von Raiffeisenkassen.
Das machte sich bemerkbar: Von 1915 bis 1945 stieg die Anzahl Geschäftsstellen von rund 180 auf 800 und die der Genossenschafter von 33'000 auf 78'000. So konnten sich die Raiffeisenkassen als unabhängige sowie auf das Inland konzentrierte Kassen profilieren.
Und es kam zu einem noch engeren Schulterschluss: 1916 wurde der Schweizerische Raiffeisenverband (Raiffeisenverband) Mitglied im SBV. 1921 traten die Vertreter des SBV dem Verwaltungs- und Aufsichtsrat von Raiffeisen als Mitglieder bei.
Starker Befürworter der ersten Stunde: Ein besonderer Förderer der Raiffeisenkassen war Ernst Laur, Geschäftsführer des SBV und Professor für landwirtschaftliche Betriebslehre an der Eidgenössischen Technische Hochschule (ETH). «So wird die Landwirtschaft krisenfester!» – mit diesem Argument warben er und andere für die Angebote der ländlichen Raiffeisenkassen.
Zudem setzte sich Ernst Laur im Jahr 1937 für die Wahl von Johann Heuberger, Vertreter des Raiffeisenverbands, in den Bankrat der Schweizerischen Nationalbank ein. Damit war die Bedeutung der Raiffeisenkasse anerkannt. Und die Präsentation einer typischen dörflichen Raiffeisenkasse an der Landesausstellung 1939 Ausdruck des neu gewonnenen Selbstbewusstseins.
Europaweit gefeiert: Der Gotthardbahntunnel wird eröffnet
Durch den Gotthardbahntunnel rücken das Tessin und die Deutschschweiz enger zusammen. Eine noch heute wichtige Verbindung zwischen Norden und Süden entsteht.
Mit dem Bau der Eisenbahnen wird die Welt vernetzter. Dafür sorgt auch der Tunnel durch das Gotthardmassiv, eröffnet im Jahr 1882: Mit 15 Kilometern war er damals der längste Tunnel der Welt – und wurde europaweit als Meisterleistung der damaligen Ingenieurs- und Vermessungstechnik gefeiert.
Schnellzug, Dampflokomotive Gotthardbahn A 3/5, zirka 1910 (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/ Fotograf unbekannt).Es ist die Zeit der industriellen Revolution, heute noch bekannt als die Zeit der Erfinder und Pioniere. Eisenbahnen treiben die Industrialisierung voran. Ihr Bau kostet viel Geld, doch ihre Wirkung ist hoch – für die Gesellschaft und die Wirtschaft.
Schneller Reichtum und bittere Armut stehen in dieser Zeit in krassem Gegensatz: Die Landwirtschaft und die Landbevölkerung geraten unter Zugzwang. Das Problem: Kredite für betriebliche Verbesserungen auf dem Land sind schwer zu bekommen, denn die Industrie und die neue Eisenbahn versprechen weit grössere Gewinne. Hilfe zur Selbsthilfe ist deshalb wichtiger denn je – die Geburtsstunde für die Darlehenskassen Modell Raiffeisen steht bevor.
Aller Anfang ist schwer: Das Modell Raiffeisen scheitert in Bern
Das Modell Raiffeisen mit seinen Vorteilen überzeugte über Deutschland hinaus. Erste Gehversuche von Schweizer Kreditgenossenschaften fanden in Bern statt – vorerst erfolglos.
Das blieb auch in der Schweiz nicht unbemerkt: Gottfried Flückiger (1861‒1908), Lehrer in Oberburg bei Burgdorf/BE, und Edmund von Steiger (1836‒1908), reformierter Pfarrer und Regierungsrat in Bern, studierten das Modell Raiffeisen. Von Steiger und ein Regierungsratskollege machten sogar eine Studienreise nach Deutschland. Im Jahr 1885 lernten sie am Vereinstag ländlicher Genossenschaften in Mainz Friedrich Wilhelm Raiffeisen persönlich kennen.
Arme Berner Familie bei der Kartoffelernte, auf einer Postkarte mit Neujahrswünschen um 1900 (S. Obrecht, 2000, S. 9. Bildquelle: Staatsarchiv Bern).«Mach‘s nach!»: Diesen Spruch am Berner Münster soll Edmund von Steiger danach zitiert haben – und er wird aktiv. Mit Vorträgen, der Ausarbeitung von Statuten und einem Preisausschreiben versucht er, die Gründung von Kreditgenossenschaften nach dem Modell Raiffeisen in der Schweiz anzuregen. Und tatsächlich: Das gelingt ihm in Schosshalde und in Zimmerwald bei Bern sowie in Gurzelen im Gürbetal, zwischen Bern und Thun westlich der Aare.
Doch der Erfolg bleibt aus: Alle drei genossenschaftlichen Kassen bestehen nicht lange. Im Jahr 1893 scheitert ein weiterer Versuch im Aargau, eine Darlehenskasse nach dem Modell Raiffeisen zu gründen. Die Zeit war noch nicht reif für Raiffeisen in der Schweiz.
Genossenschaftliche Tradition in der Schweiz, 1975 festgehalten im filmischen Unternehmensporträt «Einer für alle - alle für Einen (Die drei Musketiere)» (Histor. Raiffeisenarchiv).
Black Friday: der Börsencrash 1929
Am Donnerstag, dem 24. Oktober 1929, stürzen die Kurse an der New Yorker Börse dramatisch ab: der Beginn der Weltwirtschaftskrise. Die Finanzwelt versinkt im Chaos – doch Raiffeisen in der Schweiz nicht.
Erst grosse Panik, dann der totale Zusammenbruch: Am «Schwarzen Donnerstag», dem 24. Oktober 1929, stürzte der Aktienindex Down Jones in der amerikanischen Wallstreet drastisch ab. Einen Tag später kamen die dramatischen Kursverluste in Europa an – heute bekannt als «Black Friday».
1.Mai-Umzug in Zürich, 1935 (Sozialarchiv Zürich, Bestand Gewerkschaft Bau und Holz, Sektion Zürich)Es ist der Auftakt für die schlimmste Wirtschaftskrise des 20. Jahrhunderts. Der Welthandel bricht ein. In der Schweiz sind davon erst die Exportwirtschaft betroffen, dann die Binnenwirtschaft. Banken, deren Kredite im Ausland nicht mehr zurückgezahlt werden konnten, taumelten. Sechs Schweizer Banken mussten vom Staat unterstützt werden.
Die Schweizer Raiffeisenkassen hingegen trifft die Krise nicht. Der Grund: Sie waren nur im Inland tätig. Während die Finanzbranche weltweit im Chaos versinkt, wächst Raiffeisen in der Schweiz weiter – wenn auch etwas langsamer. Und ihre Bedeutung steigt: Ein Vertreter des Raiffeisenverbands wurde 1937 erstmals in den Bankrat der Schweizerischen Nationalbank berufen.
Raiffeisen neu im Bankrat der Schweizerischen Nationalbank
Im Jahr 1937 stellt Raiffeisen erstmals ein Mitglied des Bankrats der Schweizerischen Nationalbank. Eine wichtige und ehrenvolle Aufgabe.
Johann Heuberger (links) im Gespräch mit einem Besucher der Delegiertenversammlung, um 1950 (S. Obrecht, 2000, S. 124).Der Bankrat der Schweizerischen Nationalbank (SNB) hat eine wichtige Aufsichtsfunktion: Die 32 Mitglieder kontrollieren die Geschäftsführung. Im Jahr 1937 stellt auch der Verband schweizerischer Darlehenskassen (Raiffeisenverband) erstmals ein Mitglied: Johann Heuberger. Der Sohn eines Kleinbauern aus St.Gallen arbeitete seit 1917 als Sekretär des Raiffeisenverbands. 1934 wurde er zum ersten Direktor der neuen Revisionsabteilung befördert, die er bis zu seinem Tod 1950 führte.
Heuberger war engagiert, denn eine wichtige Aufgabe in den Kriegsjahren ist, die Schweiz mit Lebensmitteln zu versorgen. Die Kredite der Raiffeisenkassen finanzierten die Bodenverbesserung und halfen dadurch, die Ackerbauflächen auszudehnen. Damit unterstützten sie die vom Bund propagierte «Anbauschlacht Wahlen» zur verbesserten Eigenversorgung.
Maschinen für den Ackerbau um 1940: Der Traktor wurde wegen Treibstoffmangel mit einem Holzvergaser angetrieben.(S. Obrecht, 2000, S. 63. Bildquelle: Lothar Jeck, Basel)In den 1930er-Jahren bemühte Heuberger sich darum, dass die Schuldner bei den Raiffeisenkassen ihre Kredite zielstrebig abzahlten. Das sollte das Eigenkapitalpolster der Banken verbessern ─ ganz im Sinne der Schweizerischen Nationalbank.
Denn das war dringend nötig: Ab 1929 hatte der Börsencrash an der Wallstreet die Weltwirtschaftskrise ausgelöst. Schweizer Banken mit grossen Auslandsaktivitäten waren in Schwierigkeiten: Kredite konnten nicht zurückgezahlt werden.
Für Raiffeisen galt das nicht, da die genossenschaftlichen Darlehenskassen nur im Inland tätig waren. Deshalb genossen sie besonderes Vertrauen und gewannen zusätzliche Kundinnen und Kunden.
Raiffeisen an der legendären «Landi 39»
Eine Seilbahn über den Zürichsee und das populäre «Landidörfli»: Damit wurde die Schweizer Landesausstellung von 1939 bekannt. Die «Landi 39» fand statt, während in Europa der Zweite Weltkrieg begann.
Die Landesausstellung 1939 zelebrierte eine traditionelle Idylle und zeigte zugleich modernste Errungenschaften (S. Obrecht, 2000, S. 58. Bildquelle: Lothar Jeck, Basel).Wehrhaftigkeit und Eigenständigkeit: Eröffnet am 9. Mai 1939, propagierte die Schweizer Landesausstellung die «geistige Landesverteidigung». Mit dieser Botschaft spiegelte sie den damaligen Zeitgeist und die angespannte Lage in Europa wider.
Neben zukunftsträchtiger Innovation standen das traditionelle bäuerliche Leben und die inländische Lebensmittelproduktion im Mittelpunkt der Landesausstellung. Gefeiert wurden kulturelle Vielfalt und Föderalismus.
Landesausstellung 1939, Ausschnitt aus dem Film von Hans Jakob Schönwetter (1906-1997) (Landesarchiv Glarus, Erhalt des Films mit Unterstützung von Memoriav).
Das aufgebaute «Landidörfli» vereinigte Traditionelles aus verschiedenen Landesteilen. Im Gemeindehaus des «Landidörfli» gab es eine Raiffeisenkasse, typisch für diese Zeit: in der guten Stube des dörflichen Verwalters. Bodenständig, lokal verankert und gleichzeitig offen für Neues.
Die legendäre Landesausstellung, genannt «Landi 39», dauerte sechs Monate. Sie zog über zehn Millionen Besucher an – und erwirtschaftete einen Gewinn von mehr als sechs Millionen Franken.
«Die wohl schönste Darlehenskasse der Schweiz!»
Willkommen in der damals typischen Raiffeisenkasse – eingerichtet wie eine gemütliche Stube. Sie war geöffnet, wenn der Kassenverwalter zu Hause war. Auch sonntags.
Regional verankert und offen für Neues: Das war typisch für eine Raiffeisenkasse. Begeistert schrieb die Verbandszeitschrift damals: «In dieser gemeinsamen Raiffeisenstube konnte man so richtig fühlen, wie in der ganzen Schweiz der gleiche gute verstehende und helfende Raiffeisengeist heimisch ist.»
Die Stubenbank befand sich im «Landidörfli» Helvetikon am Zürichhorn, in einem Fachwerkhaus. Sie war eine typische dörfliche Raiffeisenkasse – untergebracht in den Privaträumen des Kassenverwalters. Die Bank war geöffnet, wenn jemand zu Hause war. Auch sonntags, wenn die Menschen nach der Sonntagsmesse ihre Geldangelegenheiten regeln wollten.
Stubenbank an der Landesausstellung 1939 (S. Obrecht, 2000, S. 57.)Innen war die Bank mit Schweizer Erzeugnissen ausgestattet, Lärchentäfer und Kirschbaummöbel. Sie hatte Vorhänge, gefertigt vom Schweizerischen Heimatwerk. An der Wand hing eine prächtige Neuenburger Uhr – ein Zeichen von Pünktlichkeit und Verlässlichkeit. Auf dem Tisch stand eine solide Schreibmaschine, selbstverständlich Schweizer Fabrikat. Ansonsten gab es noch einen Kassenschrank und Verwaltungsunterlagen – das war’s.
Unter einem anderen Blickwinkel: nochmals die Stubenbank an der Landesausstellung 1939 (S. Obrecht, 2000, S. 59.)In der Gemeinde verwurzelt, hilft sie den Menschen, sich mit Geld zu versorgen, zu sparen – und in ihr Dorf zu investieren. Ganz nach der Devise: «Das Geld des Dorfes – dem Dorfe!» Mit ihren Werten «Selbsthilfe», «Selbstverwaltung» und «Solidarität» war die schweizerische Raiffeisenbewegung ein wichtiger Pfeiler der Dorfgemeinschaft.
Doch nicht nur das: Sie verkörperte die Ideale der «geistigen Landesverteidigung». Damit strahlte sie landesweit den viel zitierten «Landigeist» aus – eine patriotische Haltung anlässlich des von Kriegsängsten gebeutelten gesellschaftlichen und politischen Umfelds der späten 1930er-Jahre.
Dresscode: «mit Hut»
Elegant und herausgeputzt: Verbandstage oder Delegiertenversammlungen des Verbandes schweizerischer Darlehenskassen entwickeln sich ab 1940 zu Grossanlässen. Mit Dresscode für die Delegierten.
Vertreter des Schweizerischen Raiffeisenverbands zu Besuch bei der Raiffeisenkasse Allschwil-Schönenbuch, bei Basel, 1952 (S. Obrecht, 2000, S. 75. Bildquelle: Lothar Jeck, Basel).Im Anzug, mit Krawatte und Hut: So erschienen die Repräsentanten der Raiffeisenkassen bei ihren Treffen. Auch die Frauen trugen Hüte, elegante Kostüme, feine Schuhe und Handtaschen.
Begrüssungsszene vor dem Hotel «Les trois Rois» - aus dem Film über den Verbandstag in Basel 1952 (Histor. Raiffeisenarchiv).
Vor allem bei Verbandstagen oder Delegiertenversammlungen machten sich die Mitglieder in ihrer besten Sonntagskleidung schick. Aber auch in den Raiffeisenkassen war der Dresscode elegant. Da erstaunt es nicht, dass auch die Lehrlinge aufgefordert wurden, einen Hut zu tragen – so geschehen bei der Zentralkasse 1948.
Der Revisor als Geburtshelfer
Revisoren hatten bereits im Verband schweizerischer Darlehenskassen eine wichtige Kontrollfunktion. Aber in dieser Anekdote hatte das Leben für Revisor Josef Wick eine Zusatzfunktion vorgesehen.
Die Revisoren des Verbands schweizerischer Darlehenskassen hatten klare und wichtige Aufgaben: Sie kontrollierten die Buchführung und Geschäftstätigkeit – und waren dank ihrer Erfahrung wichtige Ansprechpartner für die einzelnen Raiffeisenkassen.
Josef Wick (vermutlich rechts) ist einer der drei Revisoren aus drei Sprachgebieten, fotografiert beim Verbandstag 1954 (S. Obrecht, 2000, S. 77).Doch manchmal waren die Revisoren noch vieles mehr, wie die Geschichte von Revisor Josef Wick erzählt: Bei einer Revision einer Raiffeisenkasse gibt deren Kassenverwalter – ein Bauer – unerwartet folgende Worte von sich: «Ja, das geht aber jetzt gar nicht gut.» Er legt rasch die dicken schwarzen Geschäftsbücher und die Bilanzunterlagen auf den Tisch und eilt davon. Beim Hinausgehen sagt er zum Revisor noch: «Ich kriege eine Kalberkuh.» Der Revisor bleibt allein zurück.
Bergbauernkinder freuen sich an einem jungen Kalb im Stall, 1975 (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/ Fotograf: Bramaz, Hans Ruedi).Nach einer Stunde kommt der Bauer in die Stubenbank zurück und bittet: «Sie, Herr Wick, Sie sollten kommen und ziehen helfen. Das Kalb kommt jetzt gleich.» Der Revisor hat keine Scheu. Er geht mit in den Stall und hilft, das Kalb auf die Welt zu bringen. Ein wirklich zupackender Revisor!
Eine «heiss umkämpfte» Additionsmaschine
Von 1945 bis 1970 erobern einfache, elektrisch angetriebene Maschinen Werkstatt, Haushalt und Büro. Auch beim Verband schweizerischer Darlehenskassen. Doch zu gewissen Zeiten waren Rechenmaschinen Mangelware, wie ein ehemaliger Mitarbeiter erzählt.
«Recht eng»: Mit diesen Worten beschreibt der Zeitzeuge die Büros des Verbands schweizerischer Darlehenskassen um 1970. Und auch die Büroausstattung ist zu dieser Zeit noch sehr einfach. Denn «die Direktion zeigte sich bei der Anschaffung neuer Maschinen immer noch zurückhaltend».
Rechenmaschine, um 1950-1960 (Histor. Raiffeisenarchiv).Rechenmaschinen sind in den Büros eine «heiss umkämpfte Mangelware». Die mechanische Additionsmaschine mit dem doppelten Zählwerk, die Zahlen addierte und subtrahierte, wurde von so vielen gebraucht, dass es nur möglich war, sie zu bestimmten Zeiten zu bekommen.
Und dann passierte auch noch folgendes Missgeschick: «… dann haben wir, in Eile und Unvorsichtigkeit, mit dem Kabel das Tintengeschirrchen vom Stehpult runtergeholt, das sich ausgerechnet über das handgeschriebene Umsatzbuch ergoss. Ungefähr zehn nummerierte Seiten waren kaputt. Wir sind zum Buchbinder gegangen, der musste neue Seiten einsetzen, worauf wir an einem Samstagnachmittag das Umsatzbuch nachschreiben mussten.»
Eine Bürogeschichte, wie sie nur das Leben schreibt!
Genossenschafter hafteten gemeinsam
«Solidarhaftung» und «Nachschusspflicht»: Ob eine Raiffeisenkasse zahlungsfähig war, hing lange Zeit von der Finanzkraft ihrer einzelnen Mitglieder ab.
Der Verband schweizerischer Darlehenskassen im Rechtskleid einer Genossenschaft hat zahlreiche, juristisch unabhängige Genossenschaften, die Raiffeisenkassen, die vertraglich miteinander verbunden sind. Die Raiffeisenkassen haben ihrerseits zahlreiche Genossenschaftsmitglieder, die gesetzlich miteinander verbunden sind. Ganz nach dem Motto «Einer für alle – alle für einen» hafteten die Genossenschaftsmitglieder gemeinsam. Und damit der Einzelne für das gesamte Genossenschaftsvermögen (sogenannte «Solidarhaftung»).
In den 1930er-Jahren wurde die «Nachschusspflicht» zum wichtigen Thema, verpflichtete diese doch die Genossenschaftsmitglieder dazu, das Gesellschaftskapital der Bank anteilsmässig unbeschränkt zu erhöhen, um Verluste der Bank zu decken.
Während der Weltwirtschaftskrise waren Schweizer Banken mit grossen Auslandsaktivitäten teilweise in Schwierigkeiten geraten. Dies galt nicht für die inlandorientierte Raiffeisen in der Schweiz. 1934 wurde das erste schweizerische Bankengesetz erlassen. Es enthielt klare Bestimmungen über das erforderliche Eigenkapital der Banken – streng kontrolliert von der neu gebildeten Eidgenössischen Bankenkommission (EBK), der Vorläuferin der heutigen Finanzmarktaufsicht (FINMA).
Zwischen der EBK und dem Verband schweizerischer Darlehenskassen wurde kontrovers über die Solidarhaftung der Genossenschaftsmitglieder einer Raiffeisenkasse diskutiert. Es dauerte noch einige Jahre, aber 1989 wurde die Solidarhaftung der Genossenschaftsmitglieder einer Raiffeisenkasse abgeschafft. Die Nachschusspflicht wurde 1948 für jedes Genossenschaftsmitglied einer Raiffeisenkasse summenmässig begrenzt und 2014 wurde sie komplett abgeschafft.
Weiterhin bestehen bleibt die Nachschusspflicht der Raiffeisenbanken (früher Raiffeisenkassen). Sie haben zur Deckung von Verlusten der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft (früher Verband schweizerischer Darlehenskassen) mit ihren eigenen Mitteln Nachschüsse zu leisten.
«Raiffeisenbanken» statt «Raiffeisenkassen» und ein neuer Verbandsname
«Raiffeisenkassen» werden zu «Raiffeisenbanken» und der «Verband schweizerischer Darlehenskassen» zur «Raiffeisen Schweiz Genossenschaft». Was steckt hinter den Änderungen?
Im Jahr 1973 erfolgte eine Totalrevision der Statuten, um mit dem wirtschaftlichen Wandel mithalten zu können. Raiffeisenkassen, deren Bilanzsumme 20 Millionen Franken übersteigt, dürfen sich «Raiffeisenbank» nennen. Auch der Verband wird umbenannt ─ der «Verband schweizerischer Darlehenskassen» erhält neu den Namen «Schweizer Verband der Raiffeisenkassen».
Das nächste Mal werden die Statuten des Raiffeisenverbands im Jahr 1990 revidiert. Das Wort «Raiffeisenkassen» im Verbandsnamen scheint nicht mehr zeitgemäss – und wird auf «Raiffeisenbanken» geändert.
Und heute? Seit 2006 kennen Sie den Verband als «Raiffeisen Schweiz Genossenschaft». Kurz und prägnant.
Elektronische Buchhaltung: «Century 200» macht‘s möglich
Der technologische Fortschritt nach 1945 ermöglichte die immer raschere Bewältigung der umfangreicheren Aufgaben im Büro. Daten erfassen und verarbeiten – und das nicht mehr von Hand: Mechanische Maschinen und elektronische Anlagen erleichtern ab 1960 die Buchhaltung. Ein Quantensprung für Raiffeisen in der Schweiz.
Finger, die über die Tastatur sausen – Kontodaten auf einem Magnetstreifen: Ende der 1960er-Jahre schafft der Raiffeisenverband erste elektrische Schreibmaschinen an. Zudem nutzen die Mitarbeitenden Buchungsmaschinen mit Magnetstreifen, um Daten zu speichern – zu dieser Zeit eine revolutionäre Speichertechnik. Sie bereitet den Weg für Chipkarten und elektronische Zahlungsterminals. Bildschirme hatte der Verband der Schweizer Raiffeisenkassen (Raiffeisenverband) damals übrigens noch nicht: Sie waren mit Kosten von 50‘000 Franken pro Stück unfassbar teuer.
Die einfache Büroausstattung um 1970 (S. Obrecht, 2000, S. 90).1973 sorgt «Century 200» für einen Quantensprung in puncto Buchhaltung – die erste elektronische Datenverarbeitungsanlage beim Raiffeisenverband. Er richtet sie in seinen neuen Büros an der Vadianstrasse 17 in St.Gallen ein.
Ein einziger Informatiker betreut die Anlage. Raiffeisenkassen und -banken von überall in der Schweiz lassen damit ihre Belege verarbeiten. Dafür schicken sie diese wöchentlich oder monatlich nach St.Gallen. Dort erfassen sie Datatypistinnen für die Datenverarbeitungsanlage. Nach ein paar Tagen erhalten die Kassen und Banken ihre Buchhaltungsunterlagen in Papier per Post zurück. Ziemlich kompliziert, weshalb anfangs nur wenige Raiffeisenkassen und -banken den Dienst in Anspruch nehmen.
In den nächsten Jahren erleichtert und beschleunigt der Fortschritt der Büro- und Kommunikationstechnik die Buchhaltungs- und Verwaltungsarbeit der Raiffeisen in der Schweiz.
«Möglichst am schönsten Platz im Dorf!»: Eigene Bankgebäude entstehen
Wo der Raiffeisenverwalter wohnt, wussten lange Zeit fast nur die Dorfbewohner. Und damit, wo die örtliche Raiffeisenkasse ist, denn sie war in seinen Privaträumen untergebracht. Das änderte sich in den 60er-Jahren.
Bis Raiffeisenkassen in eigene Bankgebäude zogen, dauerte es viele Jahre: Tatsächlich empfahl der Raiffeisenverband seinen Mitgliedern sogar noch in den 1950er-Jahren, die Raiffeisenkasse im Haus des Kassenverwalters zu führen. Die Raiffeisenkasse wurde deshalb auch «Stubenbank» genannt.
Der Kassenverwalter zeigt der Verbandsleitung die Kundensafes in den neu errichteten Kassenräumlichkeiten in Allschwil-Schönenbuch, bei Basel (S. Obrecht, 2000, S. 75. Bildquelle: Lothar Jeck, Basel).Erst in den 1960er-Jahren sollten mittlere und grössere Raiffeisenkassen selbst ein Grundstück erwerben und darauf neu bauen. Doch das dauerte, denn 1961 besassen erst 77 von rund 1000 Raiffeisenkassen ein eigenes Gebäude. Rund 25 Jahre später waren es immerhin 400 von etwa 1230 Raiffeisenkassen.
Bürobesichtigung in den neu errichteten Kassenräumlichkeiten in Allschwil-Schönenbuch, bei Basel (S. Obrecht, 2000, S. 75. Bildquelle: Lothar Jeck, Basel).Und so sahen die ersten eigentlichen Kassenräumlichkeiten aus: Sie hatten einen Vorraum und dahinter den Bankschalterraum. Ab den 1970er-Jahren verschwand diese Trennwand. Das Bedürfnis nach diskreter Abwicklung der Bankgeschäfte hat abgenommen.
Eine Schalteranlage, wie sie noch bis 1966 im st. gallischen Dorf Muolen bestand (S. Obrecht, 2000, S. 89. Bildquelle: Martin Erne, Muolen/ St.Gallen).Raiffeisenkassen stellten hohe Ansprüche an ihre Standorte: Die Lage musste mindestens zentral sein und womöglich auch gut sichtbar mit dem Raiffeisen-Logo an der Gebäudefassade. Ein leitender Angestellter des Verbands schweizerischer Darlehenskassen erinnerte sich: «Ich habe die Meinung vertreten, dass die Raiffeisenkasse möglichst an den schönsten Platz im Dorfe kommen sollte.» Grössere Kassen mit einer Bilanzsumme über 20 Millionen Franken durften sich gemäss den neuen Statuten von 1973 «Raiffeisenbank» nennen.
Die neuen Räumlichkeiten der Raiffeisenkassen brachten auch organisatorische Veränderungen: Wurde ein neues Gebäude eingeweiht, wurde meist auch ein vollamtlicher Verwalter oder Kassenleiter angestellt.
Raiffeisen am Küchentisch
Finanzangelegenheiten am Küchentisch: Bis in die 1970er-Jahre waren viele kleine Raiffeisenkassen im Privathaus des Kassenverwalters untergebracht.
Lehrer, Wirte oder Garagisten: Unterschiedliche Personen führten im Nebenamt auch die Raiffeisenkasse des Dorfes. Die Bank war in ihren Privaträumen untergebracht – quasi mitten in der guten Stube.
Anton Rehmann aus Kaisten im Aargau: von 1920 bis 1959 führte er in seinem Haus die Raiffeisenkasse (S. Obrecht, 2000, S. 87).Die Prüfer des Verbands schweizerischer Darlehenskassen, sogenannte Revisoren, erzählten von manchen «Stubenbanken» besondere Geschichten. So konnte es vorkommen, dass der Revisor die Bücher der Kasse am Küchentisch der Familie prüfte. Und wenn es Mittagessen gab, musste er selbstverständlich seinen Platz räumen.
Eine Bäuerin widmet sich der Buchhaltung (S. Obrecht, 2000, S. 66).Oft half die ganze Familie bei der Kassentätigkeit mit. Da war es praktisch, wenn das Kassenbüro direkt neben der Küche lag. So konnten auch noch schnell die Kassenkunden bedient werden.
Das war nicht jedermanns Sache. Deshalb war es manchmal schwierig, einen Nachfolger für den Kassenverwalter zu finden. Häufig traten aber auch die Kinder in die Fussstapfen ihrer Eltern. Schliesslich waren sie die Tätigkeit als Verwalter von klein an gewohnt.
Für die Kundinnen und Kunden hatte die «Stubenbank» im Zuhause der Kassierer einen grossen Vorteil: Im Dorf, wo jeder jeden kannte, benötigte man keine Identitätskarte, um Bankgeschäfte zu erledigen. Andererseits konnte das auch unangenehm sein – vor allem, wenn es schlecht um die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse stand.
Soziale Vorsorge: Die erste AHV wird ausbezahlt
Finanzielle Sicherheit für alle: 1948 wird in der Schweiz die Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV) eingeführt. Eine grosse soziale Errungenschaft.
Früher lebten viele Menschen im Alter von Kapitalerträgen und Erspartem. Reichte das Geld nicht, unterstützten lokale Hilfskassen, Kirchen, Private oder Angehörige die Menschen. Eine obligatorische Altersversicherung fehlte weitgehend. Häufig gerieten Menschen deshalb in finanzielle Notlagen – erlebten Existenzängste und Altersarmut.
Das ändert sich im Jahr 1948: Am 1. Januar tritt das 1946 beschlossene Gesetz zur Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV) in Kraft. Als Modell dient die 1939 eingeführte Lohnersatzordnung für Wehrmänner (später Erwerbsersatzordnung), finanziert mit Lohnprozenten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie einem Bundesbeitrag.
Der Postbote bringt die AHV, 1981 (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/ Fotograf: Lanz, Christian).Die AHV ist ein bedeutender Pfeiler der sozialen Vorsorge in der Schweiz – basierend auf der Solidarität zwischen den Generationen. In den vergangenen Jahrzehnten wurde sie mit zahlreichen Revisionen an wechselnde Rahmenbedingungen und Anforderungen angepasst. Menschen im Alter finanziell abzusichern, bleibt angesichts der aktuellen demografischen Entwicklung eine grosse Herausforderung.
Übrigens: Bis in die 1970er-Jahre brachte der Postbote den AHV-Bezügern monatlich ihre Rente in bar. Seitdem viele Menschen ein privates Bankkonto haben, wird die AHV dorthin überwiesen.
Von der «Bauernkasse» zur Bank für alle
Die Mehrheit der Genossenschaftsmitglieder von Raiffeisenkassen lebte von der Landwirtschaft. Deshalb wurden die Raiffeisenkassen auf dem Lande oftmals als «Bauernkassen» bezeichnet. Das änderte sich nach 1945.
Restaurant zur Post in Bichelsee: In diesem Gebäude eröffnete 1918 die erste Raiffeisenkasse ihren Schalter zusammen mit der Post (Archiv Raiffeisenbank am Bichelsee, um 1910)Im Jahr 1939 waren die meisten Genossenschaftsmitglieder der Raiffeisenkassen Bauern. Das entsprach dem allgemeinen gesellschaftlichen Abbild. 1930 arbeiteten 21,3 Prozent der Menschen als Bauern. 1970 waren es nur noch 6,7 Prozent, denn die Bevölkerungsstruktur hatte sich nach dem Kriegsende 1945 rasant verändert. Im Jahr 1976 waren die meisten Genossenschaftsmitglieder der Raiffeisenkassen Arbeitende und Angestellte.
Und damit war auch die «Bauernkasse» Geschichte. Der Anteil der landwirtschaftlichen Pfandobjekte sank zwischen 1952 und 1962 von 53 auf 38 Prozent. Im Gegensatz dazu stieg der Anteil der Wohnbauten von 45 auf 60 Prozent.
Wie man 1975 Bargeld bezieht im Dorf, aus dem filmischen Unternehmensporträt «Einer für Alle - Alle für Einen (Die drei Musketiere)» (Histor. Raiffeisenarchiv).
Das verändert auch die Raiffeisenkasse: Sie finanziert neben Landwirten auch vermehrt Vereine, kleine und mittelgrosse Unternehmen, Gemeinden und öffentliche Einrichtungen. Raiffeisen – eine Bank für alle!
Wettlauf zum Mond
Die zivile Raumfahrt startete in den 1950er-Jahren durch. In den USA wurde die Bundesbehörde für Raumfahrt (NASA) gegründet. Mission «Apollo 11»: Am 16. Juli 1969 schiesst die Rakete in den Himmel. Fünf Tage später hält die Welt den Atem an – und der erste Mensch betritt den Boden des Monds.
Mondlandung 21. Juli 1969, aus einem Film von Unbekannt mit Live-Kommentar von Rolf Käser von 2013 (Stadtmuseum Aarau, Sammlung Kern & Co. AG Aarau).
«Ein kleiner Schritt für den Menschen, ein riesiger Sprung für die Menschheit»: Mit diesen Worten von Neil Armstrong betritt am 21. Juli 1969 der erste Mensch den Mond. Weltweit fiebern 500 Millionen Menschen vor dem TV mit und verfolgten die Mondlandung gespannt am Bildschirm.
Astronautenanzug, ausgestellt an der OLMA 1966 (Staatsarchiv St.Gallen, OLMA-Bildarchiv).Der Verband schweizerischer Darlehenskassen wird in diesen Jahren Mitglied der Internationalen Raiffeisen-Union (1968). Innerhalb der Schweiz erscheint die Verbandszeitschrift im Jahr 1966 als «Messagero Raiffeisen» erstmals in Italienisch.
Internationale Raiffeisen-Union: Blick über die Grenze
Mitglieder aus der ganzen Welt: Am 30. März 1968 wird die Internationale Raiffeisen-Union gegründet – zum 150. Geburtstag von Friedrich Wilhelm Raiffeisen.
Logo der Internationalen Raiffeisen-Union.Im Jahr 1818 wurde Friedrich Wilhelm Raiffeisen geboren, der Begründer der Genossenschaftsbewegung. Zu seiner Zeit hätte sich der Pionier wohl nie träumen lassen, wie gross die weltweite genossenschaftliche Bewegung einmal werden würde.
An seinem 150. Geburtstag, dem 30. März 1968, gründen nationale genossenschaftliche Organisationen Europas, deren Arbeit und Ideen auf den Grundsätzen Friedrich Wilhelm Raiffeisens beruhen, eine Union. Dazu gehören vor allem genossenschaftliche Banken, aber auch landwirtschaftliche Warengenossenschaften. Die offizielle Gründungsversammlung findet im deutschen Neuwied statt, der wichtigsten Wirkungsstätte Friedrich Wilhelm Raiffeisens.
Die Union hat den Zweck, Raiffeisens Ideen zu pflegen, sie offen zu verbreiten und vor allem den Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedsorganisationen zu fördern.
Von 1970 bis 1981 ist der Schweizer Arnold Edelmann Präsident der Internationalen Raiffeisen-Union. Zu dieser Zeit arbeitet der Verband schweizerischer Darlehenskassen (später: Schweizer Verband der Raiffeisenkassen) zusammen mit der Entwicklungshilfe des Bundes daran, ein genossenschaftliches Geld- und Kreditwesen in Ruanda in Zentralafrika zu begründen. Damit verwirklicht er eines der Ziele der neuen Union: den Genossenschaftsgedanken durch Entwicklungszusammenarbeit weltweit bekannter zu machen.
Von den 1970er- bis in die 1990er-Jahre werden weltweit Raiffeisen-Informationszentren gegründet: in Bombay und Bangalore in Indien, nahe Quebec in Kanada sowie in Panama.
Voneinander lernen, zuhören, sich vernetzen: Bei der Internationalen Raiffeisen-Union treffen heute Mitglieder aus Europa und anderen Kontinenten zusammen. Aktuell gehören der Union zirka 50 Vertreter aus rund 30 Ländern an. Alle drei bis vier Jahre finden Mitgliedertreffen statt:
• 1972 in Rom
• 1975 in Strassburg
• 1978 in Wiesbaden
• 1981 in Brüssel
• 1984 in Montreal
• 1988 in Frankfurt
• 1992 in Leuven/Belgien
• 1996 in Budapest
• 2000 in Wien
• 2004 in Berlin
• 2010 in Paris
• 2016 in Luzern
• 2018 in Koblenz
• und 2023 in Bonn
VW-Käfer: Symbol des Wirtschaftswunders
Wohlstand für alle: Nach Kriegsende 1945 boomt die Wirtschaft. Der Welthandel nimmt zu, die Einkünfte der Menschen steigen – und ein kleines Auto erobert die Herzen.
Laut, eng und heiss geliebt: Das Auto wird zum Massenprodukt – und der VW Käfer zum meistproduzierten Auto der Welt. Der Nachkriegsboom sorgt für wirtschaftlichen Aufschwung, für (Wieder-)Aufbau und neue Lust am Konsum.
VW-Käfer am Genfer Autosalon, 1954 (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/ Fotograf: Comet Photo AG Zürich).Viele Wohnhäuser – bis dato oft ohne Zentralheizung und Badezimmer – werden rasch modernisiert. Die Gemeinden bauen die Infrastruktur aus: Schulhäuser, Kanalisation und Strassen. Der Nachholbedarf ist gewaltig: Immer mehr Menschen leben in modernen Wohnungen, machen Sport oder fahren in die Ferien. Ein neues Lebensgefühl!
Die Raiffeisenkassen ziehen mit: Sie unterstützen Private und die Gemeinden mit den nötigen Wohnbau-, Betriebs- und Konsumkrediten. Der Schweizer Verband der Raiffeisenkassen modernisiert Gebäude und Bürobetrieb.
Alles neu an der Vadianstrasse in St.Gallen
Willkommen an der Vadianstrasse 17 in St.Gallen: Hier begrüsst Raiffeisen seit 1973 ihre Kundinnen und Kunden – bis heute. Seit den 70ern hat sich in puncto Design und Architektur allerdings einiges verändert.
Einladend und modern: Im Jahr 1973 sind die Büroräumlichkeiten am Unionplatz zu klein geworden – und der Schweizer Verband der Raiffeisenkassen ist bereit für Neues. Er zieht an die Vadianstrasse 17. Der neue Verbandssitz soll nicht zu nüchtern wirken. Deshalb gibt es in den Büros «Holz, das Wärme ausstrahlt», wie es Architekt Canisius Burkhard ausdrückt.
Das neue Verbandsgebäude in St.Gallen, 1975 präsentiert im filmischen Unternehmensporträt «Einer für Alle - Alle für Einen (Die drei Musketiere)» (Histor. Raiffeisenarchiv).
Im 5. Stock des Gebäudes wird eine kleine Rechenzentrale eingerichtet. Denn ab sofort wird die Sparkassenbuchhaltung maschinell erledigt. Dafür sorgt die Datenverarbeitungsanlage mit dem Namen «Century 200». Die elektronische Buchhaltung erleichtert den Raiffeisenkassen und -banken ihre Arbeit. Ein weiterer Meilenstein.
Im Jahr 1999 wird nach vielen Neu- und Umbauten sowie 12-jähriger Vorbereitung das neue Raiffeisenzentrum eingeweiht. Hier finden 400 Mitarbeitende einen Arbeitsplatz.
Modell der neuen Verbandszentrale an der Vadianstrasse 17, 1973 (S. Obrecht, 2000, S. 91).Rund 20 Jahre später ist es wieder Zeit für eine Auffrischung der Bauten: 2016 wird ein umfassendes, neues räumliches Konzept erstellt und das Raiffeisenzentrum inkl. des Gebäudes an der Vadianstrasse 17 umgebaut. Es bietet seither Platz für etwa 1'600 Mitarbeitende.
Ein Fünfliber Zins
«Klingende Münze, grosses Spektakel!»: So wurden die Generalversammlungen der Raiffeisenbanken charakterisiert. Der Grund: Jeder erhielt den Zins für seinen Anteilschein in bar!
Generalversammlung der Raiffeisenbank der Region Delémont, ca. 1990 (S. Obrecht, 2000, S. 115).Die Versammelten stimmen ab, sie essen, schunkeln – und «der Abend pendelt zwischen Entschlussfreude und Bodenständigkeit, zwischen staubigen Protokollen der letztjährigen Versammlung und den pathetischen Liedern des Chansonniers Philippe Decourroux»: So beschreibt ein Beobachter die Generalversammlung der Raiffeisenbank Région Delémont in den späten 1990er-Jahren.
Ein Fünfliber bar auf die Hand! (S. Obrecht, 2000, S. 114).Aber nicht nur deshalb – zumindest früher. Denn so erzählt man: Sie wurden zusätzlich mit klingender Münze animiert. Im wahrsten Sinne des Wortes. An der Versammlung bekamen sie den Zins für ihren Anteilschein ausbezahlt: «Ein Fünfliber bar auf die Hand!»
Frauen – sichtbarer dank gesellschaftlichem Wandel
In den frühen Raiffeisenkassen gibt es viele «stille Helferinnen»: Sie führen die Kassenbücher und bedienen die Kundschaft. Im Jahr 1909 werden sie am 7. Verbandstag ausführlich gelobt. Doch erst mit dem gesellschaftlichen Wandel werden die Frauen auch in der Raiffeisen Gruppe sichtbarer.
Frauen stärken, sichtbar machen: 1971 wird in der Schweiz auf Bundesebene das Frauenstimmrecht (eidg. Stimm- und Wahlrecht) eingeführt. Seitdem nehmen vermehrt Frauen in Bankbehörden und Regionalverbänden Einsitz. Und sie werden auch als Mitarbeiterinnen und Kundinnen zunehmend willkommen geheissen.
Lucienne Joliat aus Courrendlin, Kanton Jura, wird als eine der ersten «Raiffeisenfrauen» 1973 zur Aufsichtsratspräsidentin gewählt (S. Obrecht, 2000, S. 81).Ende des 20. Jahrhunderts nimmt der Frauenanteil unter den Mitarbeitenden in den Raiffeisenbanken markant zu: Umgerechnet auf Vollzeitstellen sind 55% von ihnen Frauen Ende der 1990er-Jahre. Das ist damals der höchste Anteil unter den Schweizer Banken.
1998 wird eine erste Frau in den Verwaltungsrat des Schweizer Verbandes der Raiffeisenbanken gewählt. Neun Jahre später wird eine Frau Mitglied in der Geschäftsleitung der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft (Raiffeisen Schweiz).
Der Strukturwandel braucht Zeit: Massnahmen wie Kaderförderungsprogramme für Frauen, flexible Arbeitszeitmodelle für Führungskräfte sowie gleiche Weiterbildungsmöglichkeiten ab einem Arbeitspensum von 60% schaffen die Voraussetzungen dazu. 2021 ergibt die Lohngleichheitsanalyse: Raiffeisen Schweiz und alle Raiffeisenbanken mit mehr als 100 Mitarbeitenden halten die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern ein.
Verschiedene Partnerschaften und Initiativen fördern Frauen nachhaltig. Im Jahr 2022 sind in der Raiffeisen Gruppe 29,3% Frauen in Kaderpositionen tätig.
Dank Kreisinspektoraten näher bei den Raiffeisenkassen und -banken
Ende der 1970er-Jahre stellt sich heraus: Die einzelnen Raiffeisenkassen und -banken brauchen mehr Unterstützung durch den Schweizer Verband der Raiffeisenkassen. Und was liegt da näher als Dezentralisierung?
Die einzelnen Raiffeisenkassen und -banken (Raiffeisenkassen) mit Rat und Tat unterstützen und den Geldausgleich zwischen den einzelnen Raiffeisenkassen sichern: Das ist die Aufgabe des Schweizer Verbands der Raiffeisenkassen (Raiffeisenverband). Dabei erhielt er auch Kontrollaufgaben – zur Sicherheit für alle.
Bis 1986 entstanden 1229 selbstständige Raiffeisenkassen. Eine beeindruckende Zahl: So viele gab es davor und auch danach nicht. Die Gesamtbilanzsumme aller wuchs 1975 bis 1980 von rund 8 Milliarden Franken auf 13 Milliarden Franken. Und damit wuchsen auch die Aufgaben des Verbands.
Am 2. Mai 1980 wurde das Kreisinspektorat in Bellinzona eröffnet (Raiffeisenbote 1980, S. 194).Verantwortung gerecht verteilen: Nahe bei den Raiffeisenkassen werden die sogenannten Kreisinspektorate eingerichtet. Sie übernehmen die Aufgaben des Raiffeisenverbands dezentral. In jeder Sprachregion: in Olten, Lausanne und Bellinzona.
Der erste «automatische Bankbeamte»
Zugegeben: Alles erledigte der Bancomat nicht – der erste «automatische Bankbeamte». Doch bei der Barzahlung war die Geldspuckmaschine unschlagbar: Dank ihr konnten Kundinnen und Kunden rund um die Uhr Bargeld beziehen.
Geld zu jeder Tages- und Nachtzeit beziehen – und das unabhängig von den Öffnungszeiten der Bankschalter: Der Bancomat als automatischer Geldausgabeautomat kam sehr gelegen.
Geldscheine quasi aus einer Wand ziehen – eine technische Revolution: Der erste Bancomat auf dem europäischen Kontinent stand 1967 bei der Schweizerischen Bankgesellschaft (später UBS) an der Zürcher Bahnhofstrasse. Und wie funktionierte dieser Automat? Am Anfang noch ziemlich kompliziert: Zur Geldausgabe brauchte man eine Art Lochstreifen – bald danach eine Art Ausweiskarte. Damit konnte man einmalig einen fixen Geldbetrag abheben.
Bancomat, 1980er Jahre (S. Obrecht, 2000, S. 92).Die ersten Bancomaten waren noch nicht mit der Bank in Echtzeit verbunden: Sie zeichneten die Geldbezüge auf Lochstreifen auf. Diese mussten von Bankangestellten täglich oder wöchentlich entnommen werden. Bei grösseren Raiffeisenbanken war der Geldbezug am Bancomaten ab Mitte der 1970er-Jahre möglich. Erst Ende der 1970er-Jahre waren die Bancomaten über eine Telefonleitung mit der Datenverarbeitungsanlage der Bank verbunden.
Richtig bekannt und viel genutzt wurden Bancomaten mit der Verbreitung der EC-Karte ab Mitte der 1980er-Jahre.
Aber seitdem immer mehr Menschen bargeldlos bezahlen, verliert der Bancomat zunehmend an Bedeutung. Daraus resultiert seit 2020 eine geringfügige Abnahme der Bancomat-Standorte.
«Raiffeisen 2000»: Ein grosser Schritt Richtung Modernisierung
Ab 1965 steigt die Bilanzsumme der Raiffeisenkassen jährlich um rund 50% oder mehr. Bis 1985 entstehen 1229 selbstständige Raiffeisenkassen und -banken, so viele wie nie zuvor. Es wird klar: Die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Verband der Raiffeisenkassen muss neu organisiert werden. Aber wie?
Titelblatt der Zeitschrift «Panorama» 1990 (Histor. Raiffeisenarchiv).«Raiffeisen 2000»: Unter diesem Titel diskutieren die Verantwortlichen von 1987 bis 1990 intensiv über die Zukunftsvorstellungen im hart umkämpften Bankenmarkt, die genossenschaftlichen Grundsätze und strukturelle Themen. Denn je mehr die Geschäftstätigkeiten zunehmen, desto lauter wird der Ruf danach, die Struktur des Schweizer Verbandes der Raiffeisenkassen anzupassen. Unter anderem geht es um die Frage: Wie kann die Versammlung der Delegierten aller Schweizer Raiffeisenkassen und -banken effizienter gestaltet werden – an der mittlerweile 2000 Personen teilnehmen?
Gleichzeitig geht es aber auch um grundlegende Fragen des Modells Raiffeisen, wie es im 19. Jahrhundert entstanden war: Wie sollen die Raiffeisenkassen und -banken der aktuellen Stagnation der Sparbucheinlagen, der kleiner werdenden Zinsmarge und dem grösseren Bedarf an Blankokrediten begegnen? Und wie sollen die Raiffeisenkassen und -banken neue Mitglieder gewinnen – in Zeiten, in denen immer weniger Menschen bereit sind, mit ihrem eigenen Vermögen solidarisch zu haften?
Antworten werden gefunden und die notwendige Modernisierung gelingt: 1989 wird in einer Urabstimmung die Solidarhaftung der Genossenschaftsmitglieder von Raiffeisenkassen und -banken abgeschafft.
1990 stimmen die Delegierten am Verbandstag über die Gewährung von Blankokrediten ab und über die Abschaffung des Verbandstags in seiner bisherigen Durchführungsform. Beides wird angenommen. Die Mehrheit der Teilnehmenden vertraut darauf, dass sie ihre Interessen auch in einer Delegiertenversammlung mit rund 160 Personen anstelle des Verbandstages wahren können.
Ab 1990 nennt sich der «Schweizer Verband der Raiffeisenkassen» neu «Schweizer Verband der Raiffeisenbanken».
Investieren mit den Raiffeisen-Anlagefonds
Mit «Anlagefonds» investieren: Das wird in der Schweiz in den 1990er-Jahren intensiv diskutiert und durch eine entsprechende Gesetzgebung (Anlagefondsgesetz, AFG) neu geregelt. Auch dabei geht die Raiffeisen Gruppe neue Wege.
Die Idee hinter einem Anlagefonds ist einfach: Viele Anlegende geben ihr Geld in einen Topf (Fonds), der von Fachleuten, sog. Fondsmanagern, verwaltet wird. Dadurch ist es für alle Anlegenden möglich, einfach, breit diversifiziert und bereits mit geringen Beträgen in die weltweiten Finanzmärkte zu investieren – wie Grossanlegende.
«Wie ein Anlagefonds funktioniert», erklärt in der Zeitschrift «Panorama» 2016 (Histor. Raiffeisenarchiv).1994 lanciert die Raiffeisen Gruppe in Zusammenarbeit mit Vontobel die ersten Raiffeisen-Anlagefonds. In den Folgejahren baut die Raiffeisen Gruppe die Fondspalette laufend aus – und führt bereits 2001 die ersten nachhaltigen «Futura-Anlagefonds» ein. Damit die Vorsorgegelder nicht nur passiv auf dem Konto herumliegen und die Kundinnen und Kunden weltweit in Aktien und Obligationen investieren können, werden 2009 zwei Raiffeisen-Vorsorgefonds bereitgestellt.
Im Jahr 2011 lanciert die Raiffeisen Gruppe einen «Gold ETF» (Exchange Traded Fonds oder börsengehandelter Fonds), bei dem auch physisch Goldunzen hinterlegt werden, und schlägt damit zwei Fliegen auf einen Streich: Bereits ab einer Unze kann nun Gold physisch geliefert werden. Gleichzeitig stärkt es die Rolle der Raiffeisen Gruppe als führende Anbieterin von Produkten und Dienstleistungen im Edelmetallhandel.
Auch 2012 macht die Raiffeisen Gruppe den Weg frei für neue Möglichkeiten und lanciert als erste Anbieterin einen Vorsorgefonds mit einer höheren Aktienquote: den «Raiffeisen-Index-Fonds – Pension Growth».
Einfach und kostengünstig investieren: Diese Möglichkeit schafft die Raiffeisen Gruppe im Jahr 2014 mit dem «Futura-Immo-Fonds» für ihre Anlegenden. Dieser investiert in nachhaltige Liegenschaften und Projekte in der ganzen Schweiz.
2019 komplettiert die Raiffeisen Gruppe die Palette an Vorsorgefonds mit einem reinen Aktienfonds und stellt gleichzeitig komplett auf Nachhaltigkeit gemäss dem «Futura-Konzept» um. Ein Meilenstein auf dem Weg zum nachhaltigen Anlegen bei der Raiffeisen Gruppe.
2022 ist fast die gesamte Fondspalette der Raiffeisen Gruppe nachhaltig. Und folgt damit der starken Überzeugung: Nur wenn Nachhaltigkeit systematisch berücksichtigt wird, schafft das langfristig Mehrwert für die Anlegenden.
Im selben Jahr ergänzt die Raiffeisen Gruppe ihre Palette durch eine zusätzliche Fondslinie: indexnahe Raiffeisen-Fonds, die teilweise auch für gebundene Vorsorge (Altersvorsorge) eingesetzt werden können.
Datenverarbeitung: Eine einheitliche Software für alle
1973 startet die elektronische Datenverarbeitung bei Raiffeisen mit einem zentralen Grossrechner. Bald stehen die Rechner auch in den einzelnen Raiffeisenbanken. Diese setzen dabei auf unterschiedliche Software. Keine gute Idee, wie sich schnell zeigt.
Als Personalcomputer noch etwas Neues waren, Raiffeisenbank Möhlin, zirka 1998 (S. Obrecht, 2000, S. 98).Für ihre elektronische Datenverarbeitung (EDV) setzen die Raiffeisenbanken anfangs je noch auf die Software, die ihnen am besten erscheint. Bald wird klar: Es macht Sinn, sich verbandsweit auf eine Lösung zu konzentrieren. 1994 ist es so weit: Die Software «Dialba2000» wird bei den ersten Raiffeisenbanken eingeführt – und bis zur Jahrtausendwende stellen alle Raiffeisenbanken auf diese Lösung um.
Wo die neue elektronische Datenverarbeitungs-Software «Dialba2000» zum Einsatz kommt, erklärt in der Zeitschrift «Panorama» 1996 (Histor. Raiffeisenarchiv).Die Vorteile dieser einheitlichen Lösung: Zusammenarbeit und Datenaustausch unter den Raiffeisenbanken werden einfacher und dank internem Betrieb und Weiterentwicklung kostengünstiger und besser auf die Bedürfnisse der einzelnen Raiffeisenbanken zugeschnitten.
Mehr als 20 Jahre bleibt «Dialba2000» die Standardlösung. Zwischen 2015 und 2019 wird sie durch das neue Kernbankensystem ACS abgelöst, welches heute noch im Einsatz ist.
Raiffeisen im Dorf – und nun auch vermehrt in der Stadt
Raiffeisen in der Schweiz hat ihre Wurzeln in Dörfern. Doch 1995 eröffnet eine erste «Stadtbank» in Winterthur – rund 100 Jahre, nachdem die erste «Dorfbank» in der Schweiz gegründet wurde.
In den 1990er-Jahren werden einige Geschäftsstellen in Agglomerationen und Städten errichtet, die bis dahin noch keine Raiffeisenbank haben: Lausanne, Chur, Schaffhausen und Freiburg und 20 weitere Zentrumsorte.
Vielfalt und weite Verbreitung der Raiffeisenbanken, 1975 festgehalten im filmischen Unternehmensporträt «Einer für Alle - Alle für Einen (Die drei Musketiere)» (Histor. Raiffeisenarchiv)
Kundennähe und bedürfnisorientierte Dienstleistungen zählen zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren der Raiffeisenbanken. So heisst es im Geschäftsbericht 2001 der Raiffeisen Gruppe: «Der Vorstoss in die Städte und Agglomerationen als Teil der vor vier Jahren beschlossenen Grundstrategie ist deshalb konsequent und gleichzeitig ein Ausdruck der Öffnung.»
Damit fasst die Raiffeisen-Idee zum Beispiel auch in den Städten Basel, Aarau, Luzern und Yverdon Fuss. Ab Juni 2002 ist Raiffeisen zudem in der Stadt Zürich präsent.
Gesamtpaket aus Versicherung, Vorsorge und Finanzieren
Geballte Kompetenz: Neben dem klassischen Sparen, Kreditaufnehmen, Bezahlen und Geldanlegen bietet Raiffeisen nun auch Versicherungen an
1995 gründet der Schweizer Verband der Raiffeisenbanken zusammen mit der Familia Leben die Raiffeisen Versicherungen AG.
In der Zeitschrift «Panorama» wird die Raiffeisen Lebensversicherung vorgestellt, 1996 (Histor. Raiffeisenarchiv).Vier Jahre später kooperiert der Schweizer Verband der Raiffeisenbanken (später Raiffeisen Schweiz Genossenschaft) mit einer grossen Versicherungsgesellschaft: der Helvetia Versicherungen AG.
2021 geht die Raiffeisen Schweiz Genossenschaft eine Partnerschaft mit der Schweizerischen Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG ein.
In besten Händen: Kundinnen und Kunden profitieren damit von geballter Kompetenz rund um Versicherung, Vorsorge und Finanzieren.
Solidaritätsfonds schafft Sicherheit
Solidarität ist eine gute Grundlage für Sicherheit. Doch was ist der neue Solidaritätsfonds der Raiffeisen in der Schweiz?
«Einer für alle – alle für einen»: Der Schweizer Verband der Raiffeisenbanken (Raiffeisenverband) hat in seinen Statuten ein ausgewogenes Sicherheitsnetz verankert, das finanzielle Schäden abdeckt. Seit 1995 garantiert der Raiffeisenverband die Verbindlichkeiten der Raiffeisenbanken.
Zwei Jahre später kommt 1997 der Solidaritätsfonds dazu: Er deckt Schadensfälle oder Verluste ab, die über die Kraft einzelner Raiffeisenbanken hinausgeht. Der Fonds wird von Raiffeisenbanken und dem Raiffeisenverband gespiesen.
Solidarität schafft Sicherheit: Raiffeisen bildet eine Gemeinschaft, die zusammenhält.
Neuer Markenauftritt: «Wir machen den Weg frei»
Das grosse Wachstum und der digitale Wandel in den 1990er-Jahren zeigen sich auch in einem neuen Raiffeisen-Markenauftritt.
Bild der Werbekampagne «Wir machen den Weg frei», 2001 (Histor. Raiffeisenarchiv).1999 erfolgt die erste Raiffeisen-Fernsehwerbung. Ein einprägsamer Satz steht dabei im Mittelpunkt. Er zeigt die Nähe zu den Menschen, das Füreinander-da-Sein: «Wir machen den Weg frei.»
Werbespot im Jahr 2000: «Wir machen den Weg frei!» (Histor. Raiffeisenarchiv).
Neuer Slogan – bewährte genossenschaftliche Werte: Der Satz spiegelt wider, was Raiffeisen im Kern ausmacht. Denn was einer nicht schafft, das schaffen viele. So waren es zu Beginn der Geschichte von Raiffeisen in der Schweiz vor allem Betriebskredite für die Bauern und Gewerbetreibenden, die den Weg in die Zukunft freigemacht haben. Im 20. Jahrhundert sind es die verschiedensten Geldanlage-, Zahlungs-, Finanzierungs- und Versicherungsmöglichkeiten, angepasst an die Bedürfnisse und Wünsche der Kundinnen und Kunden.
Früher wie heute: Raiffeisen macht den Weg frei – und ermöglicht Kundinnen und Kunden, ihre Projekte zu realisieren.
Das Raiffeisenzentrum in St.Gallen entsteht
Grosse Veränderungen im Jahr 1999: Nach fast 100-jährigem Bestehen wird von Grund auf neu gebaut und das neue Raiffeisenzentrum in St.Gallen eingeweiht.
Vom Dorf in die Stadt: 1912 entscheidet die Verbandsleitung, vom thurgauischen Bichelsee – dem Ort der ersten Raiffeisenkasse der Schweiz – nach St.Gallen umzuziehen. In St.Gallen wird der Standort mehrfach gewechselt. Im Jahr 1973 zieht der damalige Schweizer Verband der Raiffeisenkassen (Raiffeisenverband) in neue und moderne Büroräume an der Vadianstrasse 17.
Doch der Platz reicht schon bald nicht mehr aus: Ende der 1980er-Jahre sind die Räumlichkeiten des Raiffeisenverbands an 13 Standorten in der Stadt verteilt. Deshalb wird ein neuer Standort geplant: an der Stelle der Schlatter’schen Fabrik an der Wassergasse und ein Gebäude an der Gartenstrasse.
Vorher: Zwischen Wassergasse und Gartenstrasse in St.Gallen (Histor. Raiffeisenarchiv).Nachher: Zwischen Wassergasse und Gartenstrasse in St.Gallen (Histor. Raiffeisenarchiv)Nach zwölf Jahren Planung und Bau wird 1999 das Raiffeisenzentrum eingeweiht – mit fünf markanten Bauten an der Wassergasse, der Gartenstrasse und der Schochengasse. Hier gehen zu dieser Zeit rund 600 Mitarbeitende täglich ein und aus.
Das Raiffeisenzentrum wird mit weiteren Bauten 2002 und 2004 an der Schreinerstrasse 4 und 6 (später Raiffeisenplatz 2 und 4) sowie 2011 am Raiffeisenplatz 8 erweitert. Die Umgebung des Raiffeisenzentrums entwickelt sich zur Stadtlounge und zum Treffpunkt in St.Gallen.
Blick auf den Raiffeisenplatz in St.Gallen. Davor die Stadtlounge, kreiert als öffentliches Wohnzimmer von Architekt Carlos Martinez und der Künstlerin Pippilotti Rist.Rund 20 Jahre später werden die Bauten aufgefrischt: Das neue räumliche Konzept von 2016 erfüllt die Ansprüche des Standards «nachhaltiges Bauen Schweiz» und des Labels «Minergie-ECO».
Plastikgeld: Kreditkarten und EC-Karten
Alles auf eine Karte setzen: Seit den 1980er Jahren bezahlen immer mehr Leute bargeldlos. Mit Debitkarten (EC-Karten) und Kreditkarten. Ab 2000 wird es laufend sogar noch komfortabler.
Seit immer mehr online eingekauft wird, wird die Kreditkarte immer wichtiger.
Ab 2006 kann eine Prepaid-Mastercard-Karte mit dem gewünschten Geldbetrag aufgeladen werden. Und ab 2009 ist kontaktloses Bezahlen mit der Kreditkarte möglich.
Wer mit einer Kreditkarte einkauft, erhält monatlich die Abrechnung seiner Einkäufe. Kreditkarten belasten das Bankkonto also nicht sofort, Debitkarten schon.
Auch Debitkarten (EC-Karten) werden aber ab dem Jahr 2000 komfortabler: Nun kann mit der EC-Karte Geld beim Bancomaten bezogen werden. Mit der Funktion «Maestro» wird sie 2001 zu einem international einsetzbaren Zahlungsmittel. Und 2019 erhält sie die Kontaktlos-Bezahlfunktion.
Die neue Generation der Debitkarten «VISA-Debit» und «Debit-Mastercard» löst 2022 die Maestro-Karte ab. Mit dieser können nun auch Einkäufe im Internet bezahlt werden.
Zum Jubiläum eine Stiftung
Sie ist Geschenk und Dank an die Schweizer Bevölkerung: Anlässlich ihres 100-Jahr-Jubiläums gründet Raiffeisen in der Schweiz die Jubiläumsstiftung. Sie erhält 5 Millionen Franken Startkapital. Wozu?
Das Ziel der Stiftung: Sie soll gemeinnützige Projekte zugunsten der Schweizer Bevölkerung fördern – ganz im Sinne des Genossenschaftsgedankens.
Konkret engagiert sich die Stiftung für die Förderung von Ethik in der Wirtschaft, leistet Hilfe zur Selbsthilfe und unterstützt kulturelle Projekte von nationaler und regionaler Bedeutung.
Dazu gehören beispielsweise im Jahr 2000 die Unterstützung des Instituts für spirituelle Bewusstseinsbildung in Politik und Wirtschaft, das in Projekten Führungskräften nahelegt, Rücksicht auf die Mit-, Um- und Nachwelt zu nehmen, oder 2010 die Verleihung des Preises an die Stiftung Theodora, die mit ihren Clowns kranke Kinder zum Lachen bringt.
Den guten Zweck fördern, Zukunft gestalten: In den letzten Jahren hat die Stiftung mit rund 230‘000 Franken pro Jahr gemeinnützige Projekte unterstützt und leistet damit einen gesellschaftlichen Mehrwert.
Mit dem Museumspass kostenlos Museen besuchen
Zu ihrem 100. Geburtstag im Jahr 2000 hat die Raiffeisen Gruppe eine Idee: Sie möchte ihren Mitgliedern einen besonderen Vorteil bieten. Doch welchen?
Eine grosse Schweizer Museumsvielfalt steht allen Personen mit einem Museumspass kostenfrei offen (Switzerland Tourism/Ivo Scholz).Die zündende Idee ist der Museumspass: Er bietet freien Eintritt in zahlreiche Schweizer Museen – für alle, die eine Raiffeisen-EC-Karte, -EUROCARD/-MasterCard oder -VISA-Card haben. Auch bis zu drei Kinder bis 16 Jahre kommen gratis mit.
Werbespot zum Museumspass im Jahr 2000: «Wir machen den Weg frei!» (Histor. Raiffeisenarchiv).
Der Museumspass kommt an: Bereits im Jahr seiner Einführung nutzen ihn 170‘000 Menschen. Auch die Zahl der daran teilnehmenden Museen wächst rasch – im Jahr 2000 waren es erst 260.
2021 gibt es bereits mehr als eine Million kostenlose Eintritte in die über 500 teilnehmenden Museen. Erlebnis und Wissen dank Museumspass!
Das Internet revolutioniert unseren Alltag
Die Schweiz als Geburtsort des Internets: Auf einem Computer am europäischen Nuklearforschungszentrum CERN in Genf wird am 20. Dezember 1990 die erste Website der Welt online gestellt. Es ist die Geburtsstunde des World Wide Web, das sich ab 1993 rasant weltweit verbreitet.
Eine Domain verändert die Welt: Am 20. Dezember 1990 stellt Berners-Lee die erste Website der Welt online – unter der Adresse: http://info.cern.ch/hypertext/WWW/TheProject.html. Damit will der Forscher am europäischen Nuklearforschungszentrum CERN die verschiedenen Abteilungen in Frankreich und der Schweiz miteinander verbinden. Das Netzwerk sollte den Austausch vereinfachen. Es ist die Geburtsstunde des World Wide Web.
CERN, rekonstruierte erste Website der Welt (http://info.cern.ch/hypertext/WWW/TheProject.html, 30.10.2023).Drei Jahre später – am 30. April 1993 – wird das WWW öffentlich. Seither erleben wir eine Revolution von Wissen, das jederzeit und für alle im Internet verfügbar ist.
Im Jahr 1996 veröffentlicht der Schweizer Verband der Raiffeisenbanken (Raiffeisenverband) seine erste Homepage mit einfachen Informationen. Das Internet revolutioniert die Kommunikationskanäle der Raiffeisenbanken und des Raiffeisenverbands.
Die erste Raiffeisen-Website ist online!
Miteinander vernetzt: Das Internet schafft dafür neue Möglichkeiten. Ab 1996 verbindet die erste eigene Webseite die Raiffeisen mit ihren Kundinnen und Kunden.
1996 geht die erste Raiffeisen-Webseite online, auf der sich Interessierte, vor allem aber Bankkundinnen und Bankkunden jederzeit und überall informieren können.
Raiffeisen-Website, 30. Dezember 1996 (https://web.archive.org, 30.10.2023).Vom Internet profitiert auch die interne Zusammenarbeit: Die ersten Daten zwischen den Raiffeisenbanken und dem Schweizer Verband der Raiffeisenbanken (Raiffeisenverband) wurden noch per Diskette und per Post an den Grossrechner beim Raiffeisenverband übermittelt. Oder später vom Personalcomputer in den einzelnen Raiffeisenbanken per Modem über die Telefonleitung. Doch 1999 ist damit Schluss!
Das Intranet verknüpft die Raiffeisenbanken und den Raiffeisenverband sowie zahlreiche Geschäftsstellen. Dank Internet können immer mehr Informationen immer schneller ausgetauscht werden.
Die Schweiz sagt «Nein» zum EWR
Seit 1993 regeln die im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) vereinigten Staaten Europas ihre Beziehungen zur Europäischen Union (EU) gemeinsam. Doch das Schweizer Stimmvolk sagt «Nein» zum EWR-Beitritt. Seitdem arbeitet die Schweiz mit der EU über bilaterale Verträge zusammen.
Nein-Plakat im Abstimmungskampf, 1992 (Sozialarchiv Zürich/Werbeagentur Goal)20 Jahre lang hatte die Schweiz als Mitglied der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) von deren Freihandelsabkommen mit der Gemeinschaft europäischer Staaten profitiert – damals noch Europäische Gemeinschaft (EG) genannt.
Ab 1993 tritt an die Stelle der EFTA der Europäische Wirtschaftsraum (EWR). Das Schweizer Stimmvolk entscheidet sich 1992 mit einer knappen Mehrheit von 50,3% gegen einen Beitritt zum EWR.
Danach schliesst die Schweiz eigene bilaterale Verträge mit der EU ab, um die Zusammenarbeit zu stärken.
Auszug aus der Fernsehsendung 10vor10, anlässlich des Schweizer Nein zum EWR (Copyright: 1974-1988 SRF, lizenziert durch Telepool GmbH Zürich)
Ab 1993 erreicht die Zusammenarbeit eine neue Dimension. Grund dafür ist die neu beschlossene Fusionsstrategie: Danach reduziert sich die Zahl der Raiffeisenbanken, jedoch nicht deren Einzugsgebiet.
Einfacher zusammenarbeiten dank Fusion?
«Ich war ursprünglich ein vehementer Gegner von Fusionen, weil mich die Bank im Dorf als kleine Einheit faszinierte»: Das sagte Alfred Wermelinger, Bankleiter von Erlinsbach im Kanton Aargau. Doch er und viele andere änderten ihre Meinung. Warum?
Beitrag von Radiotelevisiun Svizra Rumantscha zur Fusion der Raiffeisenbanken Engadin und Münstertal (Copyright: 1974-1988 SRF, lizenziert durch Telepool GmbH Zürich)
Zunehmende Kosten und notwendige technische Modernisierungen in den Raiffeisenbanken: Um diese Herausforderungen stemmen zu können, schlossen sich kleinere Raiffeisenbanken zusammen. So sah es das Strukturkonzept 1993 vor. Nach diesen Fusionen ist klar: «Jedem Dorf seine Bank» gilt nicht mehr für die einzelnen fusionierten Raiffeisenbanken.
Die Zahl der selbstständigen Raiffeisenbanken nimmt deshalb innerhalb weniger Jahre deutlich ab: von mehr als 1000 auf 724 im Jahr 1998. Was sich nicht ändert: Immer nah an den Kunden zu sein. Denn die Zahl der Geschäftsstellen steigt gleichzeitig auf 1319.
Beitrag von «Schweiz aktuell» zum Zusammenschluss der Raiffeisenbanken Horrwil und Subingen (Copyright: 1974-1988 SRF, lizenziert durch Telepool GmbH Zürich)
Alfred Wermelinger äussert sich dazu im Jahr 1998 so: «Auch so fällt es nicht leicht, genügend kompetente Leute für ein Amt zu finden, das für eine stark gestiegene Verantwortung nur eine kleine Pauschale oder ein Sitzungsgeld einträgt.»
E-Banking: Wenn die Bankgeschäfte online gehen
1996 geht die erste Raiffeisen-Website online. Bankgeschäfte online zu tätigen, ist damals noch nicht möglich. Doch fünf Jahre später ist es so weit: 2001 lanciert Raiffeisen das E-Banking – und ein Sturm von Registrierungen setzt ein.
Das Werbebild zum E-Banking in der Zeitschrift«Panorama» 2001 (Histor. Raiffeisenarchiv).Die Nachfrage übertrifft alle Erwartungen: Rund 70‘000 Kundinnen und Kunden aus der ganzen Schweiz unterzeichnen bis Ende des Jahres 2001 den RAIFFEISENdirect-Vertrag. Nun können sie sich «in den eigenen vier Wänden und weltweit rund um die Uhr einen direkten Zugang zu ihrer Raiffeisenbank einrichten und die Bankgeschäfte unabhängig, bequem und kostengünstig erledigen!» Mit diesen Worten wurde das E-Banking damals angepriesen!
Und weiter: «E-Banking-Nutzer können den gesamten Zahlungsverkehr in eigener Regie am Computer abwickeln, Informationen über ihr Konto und ihr Wertschriftendepot abrufen sowie ab dem dritten Quartal 2001 elektronisch mit der Schweizer Börse SWX handeln.»
Die Bildschirmansicht des ersten E-Bankings.Von 2008 bis 2015 wird das Smartphone zum bevorzugten Gerät für die Nutzung von E-Banking und es unterstützt gleichzeitig in puncto Sicherheit: Ab 2008 gibt es die Sicherheitscodes per SMS (mTAN) oder Nutzende können den sog. PhotoTAN scannen. Es folgen das Mobile-Banking, welches seit 2013 mit der Scan&Pay-Funktion erweitert wurde, um Einzahlungsscheine einzuscannen und somit Rechnungen bequem zu bezahlen. 2015 überarbeitet die Raiffeisen Gruppe ihr E-Banking und macht es noch intuitiver, sprich: einfacher.
Die E-Banking-Nutzerzahlen explodieren und überraschen alle: 2002 sind es 130‘000, im Jahr 2010 bereits 775‘000 Personen. 2011 erledigen Kundinnen und Kunden zwei Drittel aller Zahlungen elektronisch via E-Banking. 2021 nutzen rund 1,65 Millionen Menschen das E-Banking – davon mehr als die Hälfte auf ihrem Smartphone. Im Jahr 2023 sind es 1,85 Millionen Menschen und 65 Prozent der Zugriffe erfolgen über ein Smartphone.
Nahtlose Erlebnisse auf allen Kanälen: Im Jahr 2023 startet die Raiffeisen Gruppe mit dem «Kundenerlebnisportal». Es integriert in den nächsten Jahren alle elektronischen Kanäle in ein einziges Portal, auf das Kundinnen und Kunden per App oder im Browser zugreifen.
Und weiter: «E-Banking-Nutzer können den gesamten Zahlungsverkehr in eigener Regie am Computer abwickeln, Informationen über ihr Konto und ihr Wertschriftendepot abrufen sowie ab dem dritten Quartal 2001 elektronisch mit der Schweizer Börse SWX handeln.»
Konzentriert auf das Wesentliche: das neue Raiffeisen-Logo
Schlichte Buchstaben auf einfarbigem Grund: 2006 wird das Branding der Raiffeisen Gruppe erneuert. Das Logo erhält ein frisches Gesicht – und auch der Name ist neu.
Der Schriftzug «RAIFFEISEN» besticht durch seine Einfachheit und fällt auf durch die leuchtend rote Farbe.Einfach und klar: Seit 2006 heisst der «Schweizer Verband der Raiffeisenbanken» neu «Raiffeisen Schweiz Genossenschaft» (Raiffeisen Schweiz). Und so zeigt sich auch die Raiffeisen Gruppe am 1. März desselben Jahres erstmals im neuen Erscheinungsbild. Das neue Logo konzentriert sich auf das Wesentliche: mit der schlichten, in Rot gehaltenen Wortmarke «RAIFFEISEN».
Die neuen Logo-Buchstaben werden mit LED beleuchtet. Sie verbrauchen nur halb so viel Strom wie herkömmliche Neonröhren, haben eine dreimal höhere Lebensdauer und sind frei von Schadstoffen wie Quecksilber.
Innerhalb kürzester Zeit erhalten sämtliche 1500 Standorte (Banken, Geschäftsstellen, Bancomaten) eine neue Aussenbeschriftung. Wann immer möglich werden dafür lokale Handwerksbetriebe eingesetzt. Das Ziel: den ökologischen Fussabdruck möglichst gering zu halten.
Die alten Anlagen werden getrennt entsorgt und recycelt: Acryl wird zu Granulat verarbeitet, Glas wird eingeschmolzen und Quecksilber zurückgewonnen. Dabei fallen 28 Tonnen Aluminium, mehr als 8 Tonnen Acrylglas, über 13‘000 Leuchtstofflampen und rund 12‘000 Neonsysteme an.
Parallel werden 662 Kleidungsstücke mit dem alten Logo eingesammelt. Das Rote Kreuz verteilt sie an Bedürftige. Zudem lässt die Raiffeisen Gruppe 3350 Tischfolien mit einem Gesamtgewicht von 32,2 Tonnen ökologisch einschmelzen – so können sie wiederverwendet werden.
Sowohl national als auch lokal: Raiffeisen und die Liebe zum Sport
Sport tut gut und macht Spass. Talente werden häufig in regionalen Vereinen gefördert – unterstützt von den lokalen Raiffeisenbanken. Auch auf nationaler Ebene unterstützt die Raiffeisen Gruppe den Sport mit grosser Leidenschaft und stärkt den Nachwuchs.
Ob im Sport, in Kultur oder in sozialen Projekten: Das breite Engagement der Raiffeisenbanken für die Gesellschaft ist tief lokal verankert.
Raiffeisen unterstützt den Schweizer Schneesport seit 2005, hier in Adelboden 2011.Das nationale Sponsoring von Swiss Ski unterstützt die elf Wintersportarten Ski alpin, Skispringen, Snowboard, Langlauf, Nordische Kombination, Skicross, Freeski, Aerial, Moguls, Biathlon und Telemark. Durch Engagements bei den Ski-Regionalverbänden und den drei Nationalen Leistungszentren werden zusätzlich 20‘000 junge Schneesportlerinnen und Schneesportler gefördert.
2010 lanciert die Raiffeisen Gruppe als grösster Nachwuchssponsor im Schweizer Schneesport eine Nachwuchsspendenaktion mit dem Verkauf von Mützen. Seither wurden mehr als 500‘000 Mützen verkauft und damit 2,5 Millionen Franken eingenommen, die direkt in Nachwuchsprojekte geflossen sind.
Verkauf von Fanartikeln zum Schweizer Schneesport in Adelboden 2011.2012 weitet die Raiffeisen Gruppe das nationale Sponsoring aus und wird Hauptsponsorin der Swiss Football League sowie Titelsponsorin der Super League. Mehr als 100 Raiffeisen Football Camps pro Jahr, der Mitgliedervorteil von 50% auf alle Sonntagsspiele der Raiffeisen Super League oder die Super League Family Days ermöglichen Kindern und Familien grossen Spass am Fussball. 2021 endet das nationale Engagement – auf lokaler Ebene wird der Fussball jedoch weiterhin durch die Raiffeisenbanken unterstützt und gefördert.
Mittlerweile umfasst das gesamte Sponsoring-Engagement der Raiffeisen Gruppe rund 23 Millionen Franken pro Jahr. Die vielfältige und langjährige nationale Unterstützung des Schneesports sowie die grosse Anzahl an lokalen Engagements in verschiedensten Sportarten zeigen: Raiffeisen hat ein grosses Herz für den Sport.
MemberPlus: Mehr für Mitglieder von Raiffeisenbanken
Das Bonusprogramm MemberPlus mit speziellen Vorteilen für Mitglieder von Raiffeisenbanken stellt deren Bedürfnisse in den Fokus.
Mit ihrem Bonusprogramm MemberPlus engagieren sich die Raiffeisenbanken für eine starke lokale Wirtschaft – und fördern die Wertschöpfung. Das kommt an: Bereits im Einführungsjahr 2011 besuchen 50‘000 MemberPlus-Konzerte und -Events zu vergünstigten Preisen, knapp 154‘000 Skipässe werden zum halben Preis bezogen. 124‘000-mal wird das Ausflugsangebot Berner Oberland genutzt und die Hotels der Region verbuchen 62‘500 Logiernächte durch MemberPlus.
MemberPlus-Mitglieder von Raiffeisen besuchen seit 2011 Konzerte und Events zu vergünstigten Preisen (Copyright: Marcel Stark Eisenhut).Das MemberPlus-Portal ist seit 2011 die zentrale Webplattform des Bonusprogramms. Auf dieser Webseite können sich die Mitglieder über die aktuellen Angebote informieren und sogleich bei den angeschlossenen Partnern ihre Bestellungen aufgeben. Bereits zwei Jahre nach der Lancierung haben sich mehr als 50‘000 Mitglieder auf dem Portal registriert und mehr als 5 Millionen Franken Umsatz generiert.
Seit 2014 gibt es für alle bis zum 26. Geburtstag das Programm YoungMemberPlus mit Vorzugskonditionen auf Bankprodukte und Ermässigungen bei Freizeitangeboten.
Systemrelevanz: Die Raiffeisen Gruppe erfüllt die Anforderungen
Als systemrelevante Bankengruppe eingestuft zu werden, hat ein wichtiges Ziel: die Gewährleistung und Aufrechterhaltung derjenigen Dienstleistungen und Funktionen im Krisenfall, die für die schweizerische Volkswirtschaft unverzichtbar und nicht kurzfristig substituierbar sind. Diese sind mit Bezug auf die Raiffeisen Gruppe: das inländische Einlagen- und Kreditgeschäft sowie der Zahlungsverkehr.
Am 16. Juni 2014 wurde die Raiffeisen Gruppe von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) als inlandorientierte systemrelevante Bank eingestuft. Dafür sorgen ihre Grösse, Vernetztheit und mangelnde Substituierbarkeit der angebotenen Produkte und Dienstleistungen, welche im Krisenfall eine signifikante Erschütterung des Finanzsystems und der Realwirtschaft auslösen könnten. Das macht deutlich, wie wichtig die Raiffeisen Gruppe für die schweizerische Volkswirtschaft ist.
Als systemrelevant eingestuft zu werden, bringt besondere Anforderungen mit sich: Vorgaben in Bezug auf Eigenmittel, Liquidität und Risikoverteilung einzuhalten, Abläufe in einer schwerwiegenden Krise respektive bei drohender Insolvenz in einer Notfallplanung zu konkretisieren sowie Voraussetzungen dafür zu schaffen, wenn Notfallliquidität (ELA) aufgenommen werden müsste.
Im Rahmen der Notfallplanung ist die Raiffeisen Gruppe jedes Jahr verpflichtet, bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) ihren Stabilisierungsplan sowie ihren Notfallplan einzureichen. Der Stabilisierungsplan zeigt, wie sich die Raiffeisen Gruppe in einer schwerwiegenden finanziellen Krise aus eigener Kraft, d.h. ohne staatliche Unterstützung, stabilisieren und damit ihre Geschäftstätigkeit ordentlich fortführen kann. Der Notfallplan konkretisiert, wie die systemrelevanten Funktionen der Raiffeisen Gruppe im Falle einer drohenden Insolvenz unterbruchfrei weitergeführt werden können.
Zudem muss die Raiffeisen Gruppe als systemrelevante Bankengruppe erhöhte Kapitalpuffer einhalten. Mit einer risikogewichteten Total-Loss-Absorbing-Capacity-Quote (TLAC-Quote, eine bankenaufsichtsrechtliche Kennziffer zur Verlustabsorptionsfähigkeit einer Bank) per 31. Dezember 2022 von 24,9% ist die Raiffeisen Gruppe ausgezeichnet kapitalisiert. Auch die Liquiditätssituation der Gruppe ist äusserst robust. Die kurzfristige Liquiditätsquote liegt mit 168% deutlich über dem regulatorischen Minimum von 100%. Damit ist sichergestellt, dass die Raiffeisen Gruppe über ausreichend liquide Mittel verfügt, um den Liquiditätsbedarf in einem Stressszenario für mindestens 30 Tage zu decken. Als systemrelevante Bankengruppe muss die Raiffeisen Gruppe ab 2024 zusätzlich besondere Liquiditätsanforderungen erfüllen, um Liquiditätsschocks besser zu absorbieren als nicht systemrelevante Banken und dadurch ihre Zahlungsverpflichtungen auch in einer aussergewöhnlichen Belastungssituation jederzeit zu erfüllen.
Mit den hohen regulatorischen Anforderungen wird die Stabilität der Raiffeisen Genossenschaftsbankengruppe zusätzlich zementiert.
Anlagegeschäft wird weiter ausgebaut und gestärkt
Raiffeisen entscheidet sich dafür, auch Bankdienstleistungen für Organisationen und Personen mit grösseren Vermögen anzubieten. Doch wie sieht dieser Weg aus?
Kompetenzen im Private Banking und Asset Management (Vermögensverwaltung) ausbauen: Aus diesem Grund erwirbt die Raiffeisen Schweiz Genossenschaft im Jahr 2012 Teile der St.Galler Bank Wegelin & Co., die neu unter dem Namen Notenstein Privatbank AG auftritt.
Aus dem Geschäftsbericht: 2012 erwarb Raiffeisen die St.Galler Notenstein Privatbank AG (Histor. Raiffeisenarchiv)2015 schliessen sich die Notenstein und die Bank La Roche & Co AG zur Notenstein La Roche Privatbank AG zusammen. Das stärkt das Private Banking weiter – und damit die Betreuung vermögender Privatkundschaft.
Im selben Jahr gliedert Raiffeisen die Betreuung institutioneller Anlegender sowie die Vermögensverwaltung von kollektiven Kapitalanlagen in die Vescore AG aus, eine Tochtergesellschaft der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft. Die Vescore AG wird 2016 an die Vontobel verkauft und die Zusammenarbeit mit Vontobel auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt.
Und 2018 entscheidet sich die Raiffeisen, auch die Notenstein La Roche Privatbank AG an Vontobel zu verkaufen und ihr eigenes Anlagegeschäft weiter auszubauen. Dieses gelingt mit Erfolg: In den Folgejahren kann Raiffeisen ihren Erfolg im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft markant steigern.
Raiffeisen gibt erstes eigenes strukturiertes Produkt heraus
Die Raiffeisen Gruppe lanciert das erste eigene strukturierte Produkt über ihre Tochtergesellschaft Notenstein Privatbank und in Kooperation mit der EFG Financial Products AG (heute: Leonteq AG).
Im Jahr 2013 lanciert die Notenstein Privatbank AG neu eine breite Palette von strukturierten Anlageprodukten. Strukturierte Produkte sind innovative Anlageinstrumente für erfahrene Anlegerinnen und Anleger und decken die verschiedensten Bedürfnisse ab: Sie kombinieren klassische Produkte wie Aktien und festverzinsliche Anlagen mit derivativen Finanzinstrumenten.
Mit der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft als Garantin und EFG Financial Products AG als Dienstleisterin entwickelt die Notenstein Privatbank AG ein neues Geschäftsmodell für strukturierte Anlageprodukte im Heimmarkt Schweiz. Es steht für ein Maximum an Expertise, Sicherheit und Servicequalität.
Mit der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft als Garantin und EFG Financial Products AG als Dienstleisterin entwickelt die Notenstein Privatbank AG ein neues Geschäftsmodell für strukturierte Anlageprodukte im Heimmarkt Schweiz. Es steht für ein Maximum an Expertise, Sicherheit und Servicequalität.
Die neue Grundstrategie: ein gelebter Dialog
Sich selbst auf den Prüfstand stellen und daran wachsen: Unternehmenswerte müssen regelmässig kritisch überprüft werden. 2015 wurde bestätigt: Es sind Glaubwürdigkeit, Nachhaltigkeit, Nähe und Unternehmertum, erarbeitet im gemeinsamen Dialog.
«Raiffeisen-Dialog 2012» bildet den Startschuss für die Überarbeitung der Grundstrategie. In einem offenen Dialog diskutieren rund 1500 Führungskräfte von Raiffeisenbanken und der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft (Raiffeisen Schweiz) strategische Elemente.
In den folgenden zwei Jahren wird die erarbeitete Grundstrategie in den einzelnen Raiffeisenbanken vertieft.
Raiffeisen-Dialog 2015: alle Mitarbeitenden der Schweiz an einem Ort, filmisch festgehalten (Histor. Raiffeisenarchiv).
Am 26. September 2015 treffen sich schliesslich alle Mitarbeitenden der Raiffeisenbanken und Raiffeisen Schweiz in Basel – zum ersten Mal in der Geschichte der Raiffeisen Gruppe. Rund 10‘000 Raiffeisen-Mitarbeitende beschäftigen sich vor Ort mit der neuen Grundstrategie, den Raiffeisen-Werten, der Zukunft der Raiffeisen Gruppe und der Kundschaft von morgen.
Rund 10'000 Mitarbeitende treffen sich am 26. September 2015 zum «DialogPlus» in Basel.Die neue Grundstrategie fusst auf der Vision «Wir sind die führende Schweizer Retailbank» und der Mission «Wir kennen unsere Kunden und stellen sie in den Mittelpunkt unserer Geschäftstätigkeit. Wir begleiten und unterstützen sie in allen Lebensphasen mit sinnvollen Lösungen für ihre finanziellen Fragestellungen.»
Die Unternehmenswerte: Glaubwürdigkeit, Nachhaltigkeit, Nähe und Unternehmertum vervollständigen das Zukunftsbild der Raiffeisen Gruppe.
Gestärkt in die Zukunft: Das Zusammenspiel aus Vision, Mission und Unternehmenswerten bestimmt den Alltag und den Erfolg der kommenden Jahre.
Raiffeisen stark fürs Wohneigentum
Kompetente Partnerin für das eigene Zuhause: Die Raiffeisen Gruppe begleitet ihre Kundschaft bei allen Fragen rund ums Wohneigentum und baut ihr Leistungsangebot kontinuierlich aus.
Hypotheken für Wohneigentum ergänzt Raiffeisen mit zahlreichen zusätzlichen Leistungen im Bereich «Wohnen» (Getty, Didier Marti, 2020)Energetische Immobilienbewertung in der Wohneigentumsberatung: Als erste Bank in der Schweiz verankert die Raiffeisen Gruppe bereits im Jahr 2015 die energetische Immobilienbewertung systematisch in der Wohneigentumsberatung und legt damit den Fokus auf die energetische Erneuerung von Immobilien.
Eintritt ins Maklergeschäft mit RaiffeisenCasa und der Raiffeisen Immo AG: 2017 gründet die Raiffeisen Gruppe die Raiffeisen Immo AG. Sie bietet unter dem Namen RaiffeisenCasa Maklerdienstleistungen an und unterstützt Kundinnen und Kunden zusammen mit der Kompetenz der Raiffeisenbanken darin, Immobilien zu verkaufen.
Neue Wohneigentumsberatungen: 2022 überarbeitet die Raiffeisen Gruppe ihre Beratungsdienstleistungen. Bei den neuen Wohneigentumsberatungen stehen alle Bedürfnisse rund ums Wohneigentum im Fokus. Dazu gehören:
Stark fürs Wohnen aufgestellt: Die neuen Beratungen werden zusammen mit der Such- und Kaufberatung, Neubauberatung, Finanzierungsberatung, Modernisierungsberatung und dem Verkaufs-Check angeboten.
lokalhelden.ch: eine Erfolgsgeschichte für lokales Engagement
Eine Crowdfunding-Plattform für gemeinnützige Projekte: Auf lokalhelden.ch kann jeder projektbasiert unkompliziert und kostenlos Geld, Material oder Helfereinsätze erhalten (sammeln) oder zur Verfügung stellen (spenden).
Hier werden lokale Helden geboren: Seit 2016 können Vereine, Institutionen und Privatpersonen in der ganzen Schweiz auf der kostenlosen Crowdfounding-Plattform lokalhelden.ch Spenden für gemeinnützige Projekte sammeln. Einfach und effizient.
«Lokalhelden.ch» ist die schweizweit einzige gebührenfreie Crowdfunding-Plattform. Sie wurde 2016 von Raiffeisen ins Leben gerufen. (Copyright: Shining Film AG).Seit Lancierung wurden über 40 Millionen Franken gesammelt und damit schweizweit mehr als 2200 gemeinnützige Projekte in den Bereichen Kultur, Sport und Soziales realisiert. Mit einer Sammelsumme von mehr als 600‘000 Franken war «LIBER» das summenmässig grösste Projekt im Jahr 2021. Es unterstützt Autorinnen und Autoren sowie Verlage in der Schweiz.
Im Jahr 2020, während Corona, öffnet die Raiffeisen Gruppe die Plattform auch für Schweizer KMU: So können mehr als 400 Unternehmen mit gut 3,8 Millionen Franken schnell und unkompliziert unterstützt werden.
Die vielen Erfolgsgeschichten zeigen eindrucksvoll, wie gross die Solidarität innerhalb der Schweizer Bevölkerung ist. lokalhelden.ch ist eine moderne Form des Raiffeisen-Grundgedankens «Hilfe zur Selbsthilfe bieten».
Der US-Steuerstreit ist beigelegt
Jahrelang streiten die USA und die Schweiz um US-Schwarzgeld-Milliarden auf Schweizer Banken. Im Rahmen des schweizerischen Übereinkommens mit den USA hat auch die Raiffeisen Gruppe Informationen zu erheben und an die US-Behörden zu übergeben. Aufwendige Recherchen brachten keine Versäumnisse der Raiffeisen Gruppe zutage. Und 2016 erhielt Raiffeisen die formelle Bestätigung.
Im Jahr 2008 beginnt der US-Steuerstreit mit der Schweiz. Auslöser ist ein Amtshilfegesuch, mit dem die USA von der Schweiz Kundendaten von US-Staatsbürgern verlangt, die in der Schweiz leben. Der Vorwurf der USA: Schweizer Banken werden der Beihilfe zur Steuerhinterziehung verdächtigt. Es folgt ein jahrelanges Tauziehen.
Am 29. August 2013 legen die Schweiz und die USA ihren Streit bei und schliessen in Washington eine Vereinbarung ab. Sie definiert den Rahmen, inwieweit die Schweizer Banken mit den amerikanischen Behörden kooperieren.
Die Schweizer Banken werden in vier Kategorien eingeteilt: Die Raiffeisen Gruppe deklariert sich in der Kategorie 3. In dieser Gruppe muss sie beweisen, dass sie keine schwerwiegenden Verstösse gegen US-Gesetze begangen habe – also US-Kunden nicht systematisch und aktiv bei Steuerhinterziehung unterstützt habe. Es folgen aufwendige Recherchen: 2015 reicht die Raiffeisen Gruppe dazu einen ausführlichen Bericht beim US-Justizdepartement ein.
Mit positivem Fazit: 2016 wird das Verfahren ohne Bussenforderung für die Raiffeisen Gruppe durch die US-amerikanischen Behörden abgeschlossen.
TWINT – die digitale Geldbörse der Schweiz
Mit dem Smartphone bezahlen, einkassieren und mehr: Seit dem 30. Mai 2017 können Inhaber von Raiffeisenkonten in der Schweiz die TWINT-App nutzen. Mittlerweile «twinten» mehr als vier Millionen Menschen.
Seit dem 30. Mai 2017 können Inhaberinnen und Inhaber von Raiffeisenkonten Geld via TWINT per Smartphone transferieren.Dank Smartphone das digitale Bargeld immer dabei: 2016 führt die Raiffeisen Gruppe unter dem Namen Raiffeisen Paymit die erste Bezahllösung für das Smartphone ein. Bis Ende des Jahres registrieren sich dafür bereits 17‘000 Personen.
Doch dabei soll es nicht bleiben: Im nächsten Jahr schliessen sich Paymit und TWINT zu einer plattformunabhängigen Schweizer Bezahllösung zusammen.
TWINT – die Bezahl-App der Schweiz – schlägt ein wie eine Bombe: Mit diesem «digitalen Portemonnaie» können die Nutzer bargeldlos bezahlen, unter Freunden rasch Geld senden und anfordern, bequem online einkaufen oder von attraktiven Rabatten profitieren.
Innerhalb kürzester Zeit registrieren sich 100‘000 Kunden. 2021 sind es bereits vier Millionen – davon bei der Raiffeisen Gruppe 900‘000. Tendenz steigend, denn immer mehr Menschen «twinten».
Allein 2020 gab es 150‘000 TWINT-Akzeptanzstellen. Gerne wird so an der Kasse im Supermarkt bezahlt, in Hofläden eingekauft, nach Hause bestellte Lebensmittel bezahlt, Parkgebühren beglichen sowie digitale Gutscheine gekauft oder Spenden ausgerichtet.
Raiffeisen modernisiert Gruppen-Governance und verabschiedet Eignerstrategie
Jede Stimme zählt: Die Raiffeisen Schweiz Genossenschaft gehört den Raiffeisenbanken und erbringt für diese zentrale Dienstleistungen. In einem Reformprozess wird eine neue Gruppen-Governance eingeführt und zum ersten Mal in ihrer Geschichte hat die Raiffeisen Gruppe eine Eignerstrategie verabschiedet. Damit haben die Raiffeisenbanken und Raiffeisen Schweiz die neue Grundlage für die Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe geschaffen.
Die «Reform 21» soll die Mitwirkungsmöglichkeiten der Raiffeisenbanken als Eigentümer der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft (Raiffeisen Schweiz) innerhalb der Gruppe stärken. Dazu treffen sich gewählte Vertreterinnen und Vertreter aller Raiffeisenbanken 2019 an einer Eignerversammlung: Dort legen sie die Erwartungen der Eigner an Raiffeisen Schweiz fest und verabschieden diese – in der ersten Eignerstrategie in der 120-jährigen Geschichte von Raiffeisen!
Anlässlich der ausserordentlichen Delegiertenversammlung vom 16. November 2019 wurden folgende wichtige Ergebnisse mit einer überwältigenden Mehrheit erzielt und statutarisch festgelegt:
Die Raiffeisen Gruppe hat eine einzigartige Gruppen-Governance geschaffen, die den Bedürfnissen und der Funktionsweise der Raiffeisen Gruppe entspricht. Damit werden die Zusammenarbeit und Austauschmöglichkeiten der Raiffeisenbanken mit Raiffeisen Schweiz neu ausgerichtet.
Sich austauschen und gemeinsam eine Meinung bilden ist ein wichtiger Pfeiler von Raiffeisen – und ganz im Sinne der genossenschaftlichen Tradition.
Vermögensverwaltung in professionellen Händen
Vermögen von Fachleuten verwalten lassen, ohne dabei die Zügel aus der Hand zu geben: Dafür bietet die Raiffeisen Gruppe ein eigenes Vermögensverwaltungsmandat an.
2018 will die Raiffeisen Gruppe ihre Kompetenzen im Anlagebereich weiter ausbauen. Deshalb übernimmt sie die bisher vom Partner Vontobel verwalteten Mandate selbst. Um noch besser auf die Bedürfnisse der Kundschaft einzugehen, wird die gesamte Palette an Mandaten überarbeitet. Beispielsweise schafft die Raiffeisen Gruppe ein Swissness-Mandat mit Fokus auf den Heimmarkt, ein nachhaltiges Futura-Mandat mit Fokus auf nachhaltige Anlagen oder ein Global-Mandat mit Fokus auf die weltweiten Finanzmärkte.
24/7 investieren per App: Mit Raiffeisen RIO steigt die Raiffeisen Gruppe 2020 in die Welt der digitalen Vermögensverwaltung ein. In der Raiffeisen-RIO-App können Kundinnen und Kunden das für sie passende Mandat auswählen – mit wenigen Klicks und bereits ab 5’000 Franken. Die Möglichkeit, Fokusthemen auszuwählen, gibt dem Portfolio zusätzlich eine persönliche Note.
Raiffeisen Rio ermöglicht seit 2020, per App Geld und Anlagen digital zu verwalten.Im Jahr 2022 setzt die Raiffeisen Gruppe die neue Nachhaltigkeitsstrategie um. Dabei richtet sie auch die bestehenden klassischen Vermögensverwaltungsmandate auf Nachhaltigkeit aus – und lanciert als erste Retailbank ein Impact-Vermögensverwaltungsmandat. Gleichzeitig wird das bisherige Mindestvolumen dieser Mandate von 100’000 auf 50’000 Franken reduziert. Dies ermöglicht es, dass ein erweiterter Kundenkreis sein Vermögen professionell durch die Raiffeisen-Expertinnen und -Experten verwalten lassen kann.
Raiffeisen eröffnet regionale Firmenkundenzentren
Die Raiffeisen Schweiz Genossenschaft eröffnet regionale Firmenkundenzentren. Sie unterstützen die einzelnen Raiffeisenbanken dabei, ihre Firmenkundschaft gezielt zu betreuen und das Firmenkundengeschäft langfristig als weiteren wichtigen Geschäftszweig auszubauen.
Die Raiffeisen Gruppe baut das Firmenkundengeschäft weiter aus. Um den regional verankerten Raiffeisenbanken direkten Zugang zu Produkt- und segmentspezifischen Lösungen zu bieten, eröffnet die Raiffeisen Schweiz Genossenschaft (Raiffeisen Schweiz) 2009 die ersten regionalen Firmenkundenzentren in St.Gallen, Zürich, Bern und Luzern. Innert kurzer Zeit wurde die Zahl dieser Kompetenzzentren mit Basel, Lausanne und Bellinzona erweitert.
Expertise trifft auf Kundenbetreuung: Nach einer Einarbeitungszeit zwischen den regionalen Raiffeisenbanken und den Mitarbeitenden der sieben regionalen Zentren wurde ein wichtiger Dienstleistungskatalog für die weitere Entwicklung festgelegt.
Die Raiffeisenbanken haben die Möglichkeit, jederzeit Fachspezialistinnen und -spezialisten eines Firmenkundenzentrums für die Kundenbetreuung einzubeziehen. Die Mitarbeitenden der regionalen Firmenkundenzentren stellen sowohl für die Raiffeisenbanken als auch für die ortsansässigen KMU einen Mehrwert dar. Die Kundenbetreuung bleibt weiterhin lokal bei der Raiffeisenbank.
Die regionalen Firmenkundenzentren unterstützen dadurch gezielt die Diversifikation der Raiffeisen Gruppe durch eine weitere Fokussierung auf das Firmenkundensegment. Gemeinsam mit den Expertinnen und Experten der Firmenkundenzentren erschliessen die Raiffeisenbanken die Bedürfnisse von Firmenkunden, stellen diesen umfassende Lösungen zur Verfügung und treiben dadurch das Wachstum in diesem strategisch wichtigen Kundensegment weiter voran.
Die Firmenkundschaft profitiert vom kombinierten Know-how der Raiffeisenbank und der Firmenkundenzentren, was eine umfassende Betreuung in Finanzfragen ermöglicht.
Massgeschneidertes Leistungsangebot für Firmenkundschaft
Die Raiffeisen Gruppe baut das Leistungsangebot für die Firmenkundschaft gezielt aus und stellt sich in diesem Bereich organisatorisch neu auf. Das 2015 neu geschaffene Departement Firmenkunden treibt die Entwicklung von Firmenkundenleistungen und -produkten voran und erweitert damit die strategische Diversifikation der Raiffeisen Gruppe.
Wichtige Ansprechpartnerin für Unternehmen: Mit einer neuen Führungsstruktur richtet sich die Raiffeisen Gruppe noch stärker auf ihre Kundinnen und Kunden aus und spricht die Firmenkundschaft gezielt mit massgeschneiderten Leistungsangeboten an. 2015 werden alle Aktivitäten rund um das Firmenkundengeschäft in einem eigenen Departement der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft (Raiffeisen Schweiz) organisatorisch gebündelt und noch stärker an den Firmenkundenbedürfnissen ausgerichtet. Neben der Weiterentwicklung der Produktepalette wird kontinuierlich zusätzliches spezifisches Fachwissen im Firmenkundenbereich (wie bspw. in Bezug auf Garantien, Leasing und Zahlungsverkehr) ausgebaut.
Aufgrund des wachsenden Kundenbedürfnisses werden grössere und komplexere Kundenpositionen auch direkt von Raiffeisen Schweiz betreut.
Die einzigartige Struktur mit lokaler Firmenkundenkompetenz der Raiffeisenbanken, regionaler Präsenz in den Firmenkundenzentren und nationaler Kompetenz im Bereich von Grosskundinnen und -kunden ermöglicht eine kundenorientierte und segmentspezifische Betreuung in sämtlichen unternehmensrelevanten Fragen. Mit dem RUZ (Raiffeisen-Unternehmerzentrum) stellt Raiffeisen der Firmenkundschaft zudem Handlungskompetenzen ausserhalb klassischer Bankthemen wie Produkte & Finanzierungen zur Verfügung.
Dies erlaubt der Raiffeisen Gruppe, auch für komplexe unternehmerische Herausforderungen Lösungen anzubieten, sei es im Bereich strukturierter Finanzierung, im Leasinggeschäft oder im Corporate-Finance-Bereich.
Gemeinsam erreichen die Raiffeisenbanken und Raiffeisen Schweiz 2022 erstmals über 220’000 Firmenkundinnnen und -kunden und verfolgen weiterhin eine nachhaltige Wachstumsstrategie.
Die Finanzkrise 2008 trifft die Schweiz
2008 bricht die viertgrösste US-amerikanische Geschäftsbank Lehman Brothers zusammen. Damit beginnt eine folgenschwere Finanz- und Wirtschaftskrise weltweit.
15. September 2008, ein Mitarbeiter verlässt das Gebäude der insolventen Bank Lehman Brothers in New York (KEYSTONE/AP Photo/ Louis Lanzano)Die Weltfinanzkrise 2008 trifft auch die Schweiz hart: Hier erwirtschaften die Banken 10% des Bruttoinlandsprodukts. Am stärksten betroffen sind die beiden Schweizer Grossbanken UBS Group AG (UBS) und Credit Suisse Group AG.
Die Schweizer Regierung und die Schweizer Nationalbank springen ein: Sie retten mit 6 Milliarden Franken bzw. mit 54 Milliarden Dollar die UBS. Diese steckt aufgrund wertlos gewordener Finanzmarktpapiere in grossen Schwierigkeiten.
Neben den Banken spürt auch die Exportwirtschaft die Krise in den Ländern ihrer wichtigsten Geschäftspartner, vor allem in den Vereinigten Staaten und in der Europäischen Union (EU).
Und die Raiffeisen Gruppe? Als Inlandbank ist sie von der Finanzkrise nicht direkt betroffen. Sie steht wie ein Fels in der Brandung und konzentriert sich auf das, was sie im Kern stark macht, nämlich die Grundwerte der Genossenschaft: die Tradition der Selbsthilfevereinigung, das Ziel, neben materiellen Werten auch immaterielle zu schaffen, die Subsidiarität (Selbstbestimmung und Eigenverantwortung), die Demokratie und das Milizsystem.
Raiffeisen-Grundstrategie: ein wegweisender Pfeiler
2004 wird die Raiffeisen-Grundstrategie verabschiedet. Sie setzt die Werte der Genossenschaft ins Zentrum: Selbsthilfe und Selbstverwaltung zum Nutzen der Genossenschaftsmitglieder. Das zahlt sich aus, wie sich in der Finanzkrise 2008 herausstellt.
Die drei wichtigsten strategischen Zielsetzungen der neuen Raiffeisen-Grundstrategie sind:
- Raiffeisen als führende Schweizer Retailbank positionieren
Mit der neu verabschiedeten Raiffeisen-Grundstrategie bekennt man sich auch zu den Grundwerten der Genossenschaft: der Tradition der Selbsthilfevereinigung, dem Ziel, neben materiellen Werten auch immaterielle zu schaffen, der Subsidiarität (Selbstbestimmung und Eigenverantwortung), der Demokratie und dem Milizsystem.
Zudem legt Raiffeisen die neue Grundstrategie fest:
Das Sprichwort «Was hoch wachsen will, muss tief wurzeln» verdeutlicht die Grundwerte. Und in der Tat: Die Raiffeisen Gruppe kann gerade in der Finanzkrise 2008 und den Jahren danach auf eine gewachsene Kultur bauen, die im Unternehmen und bei den Mitarbeitenden fest verankert ist und die sich in einer starken Kundenbindung manifestiert. Sie wurde über die Jahrzehnte gepflegt und wird von Kundinnen und Kunden, Mitgliedern sowie Partnern wahrgenommen und geschätzt.
Die Schweiz ratifiziert das Pariser Klimaabkommen
Starkes Zeichen für den globalen Klimaschutz: 195 Staaten und die Europäische Union vereinbaren auf der UN-Klimakonferenz in Paris im Dezember 2015, die Erderwärmung zu begrenzen: auf deutlich unter 2 Grad Celsius, bestenfalls auf unter 1,5 Grad.
5. Dezember 2015, Laurent Fabius, Präsident der Weltklimakonferenz in Paris, hält das Abschlussdokument hoch (KEYSTONE/Agence VU/Paolo Verzone/Agence VU)Das Pariser Klimaabkommen ist ein historisches Ereignis in den globalen Klimaschutzverhandlungen: Nie zuvor sind so viele Teilnehmer so starke Verpflichtungen eingegangen. Damit sollen Umweltfolgen wie Naturkatastrophen, Dürren und ein Anstieg der Meeresspiegel begrenzt werden können.
Die Schweiz ratifiziert das internationale Klimaabkommen von Paris am 6. Oktober 2017. Das Ziel: Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20% zu senken – im Vergleich zum Stand von 1990.
Die Raiffeisen Gruppe unterstützt das Pariser Klimaziel und war bereits 2008 bei der Gründung der Klimastiftung Schweiz engagiert. Nach 2015 hat sie ihr Klimaengagement ausgebaut. Heute legt die Raiffeisen Gruppe in einem separaten Anhang zum Geschäftsbericht ihre CO2-Emissionen, durch den Klimawandel verursachte Risiken und Chancen sowie Klimamassnahmen transparent offen.
Nachhaltigkeitsbericht: Transparent informieren
Im 21. Jahrhundert wird von Unternehmen zunehmend erwartet, dass sie ihre soziale Verantwortung wahrnehmen und darüber berichten. Anfangs stehen bei Raiffeisen Umweltthemen im Fokus – am Ende geht es um transparente, umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung. Sozial, ökologisch und ökonomisch.
Soziale Verantwortung übernehmen – nachhaltig handeln: Bereits 2002 zeigen ein erster und 2005 ein zweiter Umweltbericht auf, wo Raiffeisen was für die Umwelt tut. Damals ging es um ökologische Gebäude und Energieverbrauch («Energiesparmassnahmen»), Produktbeschaffung sowie Abfallentsorgung. Ab 2006 berichtet die Gruppe im Geschäftsbericht jährlich unter einem separaten Kapitel über ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen.
Seit 2011 ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung am internationalen Standard der GRI (Global Reporting Initiative) ausgerichtet. Seit 2018 berichtet Raiffeisen transparent und umfassend nach diesem Standard.
Ab 2020 werden auch die Offenlegungsempfehlungen der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) sowie die Principles for Responsible Banking berücksichtigt. Dazu kommen zunehmend rechtliche und regulatorische Anforderungen.
Nachhaltigkeit wird durch langfristiges Denken bestimmt. Dieser Wert hat bei Raiffeisen eine lange Tradition und ist tief verwurzelt, ökologisch genauso wie ökonomisch und sozial. Für das Unternehmen Raiffeisen heisst das: sorgfältig mit Ressourcen und Klimaschutz umgehen, vorsichtige Unternehmenspolitik, Wertschätzung und vernünftige Löhne, langfristige und faire Kundenbeziehungen.
Und für die Menschen: kurze Entscheidungswege durch dezentrale Strukturen im dichtesten Bankstellennetz der Schweiz. Konkret: nachhaltige Bankprodukte, Chancengleichheit und gute Aus- und Weiterbildung als nachhaltige Ziele beim Personal.
Dichtestes Geschäftsstellennetz der Schweiz
Bis zum Jahr 1995 wächst die Zahl der Raiffeisenbanken bzw. Geschäftsstellen stetig. Danach nimmt sie kontinuierlich ab. Dennoch ist die Raiffeisenbank ihren Kundinnen und Kunden so nah wie nie zuvor.
In frühen Jahren entstehen die Raiffeisenbanken vor allem auf dem Land – in kleineren und grösseren Dörfern. Kleine und wenig frequentierte Geschäftsstellen werden ab den 1990er-Jahren geschlossen. Doch gleichzeitig eröffnen neue Geschäftsstellen in städtischen Räumen.
So hat die Raiffeisen Gruppe auch heute noch das dichteste Geschäftsstellennetz aller Schweizer Banken, und das trotz fortschreitender Digitalisierung.
Alle Raiffeisen-Standorte in der Schweiz (Hauptsitze und Geschäftstellen, Stand: Juni 2023)Zugänglich, nah, da: Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung erreichen eine Raiffeisenbank innerhalb von nur zehn Autofahrminuten (Stand: 2022). So ist die Raiffeisen Gruppe mit mehr als 3,6 Millionen Personen und rund 220‘000 Unternehmen in der Schweiz eng verbunden.
Neue Gruppen-Governance von Raiffeisen
Ein Unternehmen verantwortungsvoll zu führen: Dafür gelten klare Regeln, bezeichnet als «Corporate Governance», welche bei der Raiffeisen Gruppe regelmässig überprüft werden.
Die eigene Unternehmensführung kritisch auf den Prüfstand stellen: Ein Impuls dazu kommt von aussen. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) eröffnet ein «Enforcement-Verfahren» gegen Raiffeisen Schweiz Genossenschaft (Raiffeisen Schweiz) zu Corporate-Governance-Themen. Mit der Medienmitteilung vom 14. Juni 2018 gibt die FINMA die Mängel bei der Corporate Governance bekannt und verfügt entsprechende Massnahmen. Darunter auch die Prüfung einer möglichen Umwandlung der Raiffeisen Schweiz in eine Aktiengesellschaft.
Raiffeisen Schweiz reagiert – und gibt eine unabhängige Untersuchung bei Prof. Dr. Bruno Gehrig in Auftrag. Der sogenannte Gehrig-Bericht wird von Raiffeisen Schweiz am 22. Januar 2019 veröffentlicht. Er bestätigt im Wesentlichen das Ergebnis der aufsichtsrechtlichen Beurteilung. Die Umwandlung der Raiffeisen Schweiz in eine Aktiengesellschaft wird hingegen nach sorgfältiger Prüfung für nicht zielführend oder erforderlich erachtet.
Raiffeisen Schweiz zieht daraus die Konsequenzen und beschliesst basierend auf dem Abschlussbericht der FINMA und dem Gehrig-Bericht ein umfassendes Massnahmenpaket, welches fristgerecht erfolgreich umgesetzt wird. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung erkennen die Corporate Governance als wichtigen Erfolgsfaktor dafür an, wie sich die Gruppe zukünftig entwickelt.
Eine transparente Governance-Struktur, effektivere und effizientere Prozesse in Verbindung mit optimierten Führungsinstrumenten sowie gestärkte Kontroll- und Aufsichtsstrukturen geben den Rahmen für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung vor.
Die zentralen Grundsätze und Regeln der Corporate Governance sind heute in den Statuten, den Organisations- und Geschäftsreglementen sowie in verschiedenen Anleitungen und Weisungen von Raiffeisen Schweiz festgehalten.
In den Folgejahren führen reglementarische und organisatorische Anpassungen bei den Raiffeisenbanken zu einer Modernisierung der Corporate Governance der gesamten Raiffeisen Gruppe.
Niederlassungen von Raiffeisen Schweiz werden verselbstständigt
Genossenschaft wird gelebt ‒ konsequent. 2022 und 2023 werden deshalb aus den Niederlassungen der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft eigenständige Genossenschaftsbanken. Damit stärkt die Raiffeisen Gruppe ihr Genossenschaftsmodell weiter.
In den Diskussionen um die Eignerstrategie 2019 wird deutlich: Es gibt einen grossen Wunsch, die Niederlassungen von Raiffeisen Schweiz Genossenschaft (Raiffeisen Schweiz) zu verselbstständigen – ganz im Sinne des genossenschaftlichen Prinzips. Mit einem klaren «Ja» von 98% aller Teilnehmenden beschliesst die Generalversammlung von Raiffeisen Schweiz im Juni 2021, ihre sechs Niederlassungen in urbanen Gebieten in eigenständige Genossenschaftsbanken umzuwandeln.
Im Januar 2022 machen Bern und Thalwil den Schritt zur eigenen Genossenschaft. Die Niederlassungen St.Gallen und Winterthur folgen im Juni 2022. Ab 2023 treten die Raiffeisenbanken Zürich und Basel als eigenständige Genossenschaftsbanken auf. Das für die Verselbstständigung benötigte Kapital konnte durch gezeichnete Anteilsscheine der Bevölkerung innerhalb der Fristen aufgebracht werden.
Werbung für die Zeichnung von Anteilscheinen anlässlich der Verselbständigung der Niederlassung Zürich.Die Raiffeisenbanken als eigene Genossenschaftsmitglieder der Raiffeisen Schweiz fördern sowie deren wirtschaftliche Unabhängigkeit und Existenz sichern: Der Schritt in die Selbstständigkeit stärkt das genossenschaftliche Raiffeisen-Modell.
Raiffeisen-Gruppenstrategie 2025
Fokus für heute und die Zukunft: 2020 definiert Raiffeisen Schweiz in der Raiffeisen-Gruppenstrategie 2025 die strategische Richtung der Gruppe für die folgenden fünf Jahre.
Die «Gruppenstrategie 2025» zielt unter anderem darauf, die Digitalisierung voranzutreiben, gewichtet zugleich aber die Beratung hoch.Die Raiffeisen-Gruppenstrategie 2025 wurde in einem umfangreichen, partizipativen Prozess entwickelt. Sie bietet die gruppenweite Vorstellung davon, wohin die Reise der Raiffeisen Gruppe in den nächsten 5 Jahren gehen soll, wie sich diese im Bankenmarkt Schweiz präsentieren wird und wie dieser Weg gemeinsam mit allen Raiffeisenbanken erfolgreich beschritten werden kann.
Das Ziel ist der konsequente Fokus auf die Kundinnen und Kunden und mehr Zeit für die Beratung, um auch in Zukunft als erfolgreiche und kundennahe Genossenschaftsbank agieren zu können.
Die Raiffeisen-Gruppenstrategie 2025 orientiert sich an 6 strategischen Stossrichtungen:
- Wir richten unsere Leistungen konsequent auf die Kundenbedürfnisse aus
- Wir entwickeln unser Geschäftsmodell weiter zum Lösungsanbieter
- Wir standardisieren und digitalisieren Prozesse
- Wir differenzieren uns als nachhaltige Genossenschaft
- Wir entwickeln uns zu einer lernenden Organisation mit hoher Veränderungsfähigkeit
- Wir nutzen aktiv neue Technologien
2022 wird die 2020 verabschiedete Strategie «Raiffeisen 2025» im Rahmen der ordentlichen Strategieprüfung hinsichtlich des Zielbilds und der Fokussierung der Umsetzungsplanungen geschärft.
Raiffeisen Schweiz schafft «individuelle Boni» ab
Die kollektive Teamleistung steht im Vordergrund, denn gemeinsam erreichen alle mehr: 2021 führt die Raiffeisen Schweiz Genossenschaft ein neues Vergütungsmodell für ihre Mitarbeitenden ein. Individuelle Bonuszahlungen werden abgeschafft – dafür gibt es eine kollektive Erfolgsbeteiligung.
Die Gesamtvergütung bleibt grundsätzlich auf gleichem Niveau: Gemessen an der Grundvergütung bleibt die Höhe der Erfolgsbeteiligung für alle Mitarbeitenden auf wenige Prozente begrenzt. Das gilt auch für die Mitglieder der Geschäftsleitung der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft (Raiffeisen Schweiz).
Das Modell entspricht den genossenschaftlichen Werten: Raiffeisen fördert damit das «Wir» und somit eine übergreifende Zusammenarbeit. Mit dem neuen strategiekonformen Vergütungsmodell werden Interessenkonflikte sowie übermässiger «Risikoappetit» vermieden. Stattdessen sorgen Anreize für gute Leistungen für stabile Erträge und langfristigen Unternehmenserfolg. Davon profitieren alle.
Für die Praxis bedeutet das konkret: Besondere Teamleistungen werden unter den Mitarbeitenden von Raiffeisen Schweiz bekannt gemacht. Dies soll eine Kultur fördern, in der Mitarbeitende sinnstiftende, übergeordnete Ziele verfolgen und gemeinsam Lösungen im Sinne der gesamten Gruppe entwickeln. Überdurchschnittliche Leistungen können Führungskräfte während des ganzen Jahres belohnen, flexibel und unbürokratisch. Und das nicht nur mit Geld: Das kann beispielsweise auch ein Ausflug sein. Das gilt für alle – auch Mitarbeitende mit Marktzugang bzw. Handelsmöglichkeit sowie Mitarbeitende der Risikoüberwachung. Ausserdem werden keine Antritts- oder Abgangsentschädigungen bezahlt.
Des Weiteren werden die Vergütungen von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung offengelegt – kontrolliert vom Vergütungsausschuss.
Raiffeisen Schweiz berät die einzelnen Raiffeisenbanken bei Vergütungsfragen. Die Festlegung der Vergütung bleibt dabei Sache jeder einzelnen Raiffeisenbank.
Zwei Millionen Genossenschaftsmitglieder in der Schweiz
1‘704 Genossenschaftsmitglieder zählten alle Raiffeisenkassen zusammen, die dem Schweizerischen Raiffeisenverband im ersten Jahr des Verbandsbestehens angeschlossen waren. Das war im Jahr 1903. 120 Jahre später zählt die Raiffeisen Gruppe über zwei Millionen Genossenschaftsmitglieder über alle Raiffeisenbanken: Am 5. Dezember 2022 konnte das zweimillionste Mitglied begrüsst werden.
Eine starke Gemeinschaft: Die Mitglieder begründen den Anfang der Raiffeisenkassen. Um sich in Kreditangelegenheiten selbst und gegenseitig zu helfen, schliessen sie sich in ihrem Dorf zusammen. «Selbsthilfe, Solidarität und Selbstverwaltung» stehen im Mittelpunkt.
Mitglieder sind Genossenschafterinnen und Genossenschafter (auch juristische Personen) einer Raiffeisenbank und besitzen mindestens einen ihrer Anteilsscheine.
Sie können sich an der Generalversammlung oder Urabstimmung ihrer lokalen Raiffeisenbank direkt und umfassend informieren und ihr Stimmrecht ausüben. Dabei hat jede und jeder eine Stimme, unabhängig davon, wie viel Anteilsscheine das Mitglied gezeichnet hat.
Früher trugen Mitglieder auch die finanziellen Risiken ihrer Raiffeisenbank mit – das ist heute nicht mehr so, abgesehen von dem vom Mitglied gezeichneten Anteilsschein. Allerdings trat nie der Fall ein, dass Mitglieder einen Beitrag einsetzen mussten, um eine Raiffeisenbank zu retten.
Mitglieder erhalten auf ihren Anteilsschein einen Zins. Mitglieder, die ihre Bankbeziehung zur Raiffeisenbank auch aktiv nutzen, sprich MemberPlus, profitieren zudem von etlichen Vorteilen auf Bankleistungen sowie Vergünstigungen bei Konzerten und Skitageskarten oder kostenfreie Eintritte in über 500 Schweizer Museen.
2021 und 2022 gab es besonders viele Neumitglieder – auch weil sechs Niederlassungen von der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft (Raiffeisen Schweiz) in eigenständige Genossenschaften umgewandelt wurden.
Mehr als 40% der Neumitglieder aus den Jahren 2019 bis 2022 sind jünger als 40 Jahre, rund 20% jünger als 30 Jahre. Rund 56% aller Genossenschafterinnen und Genossenschafter stammen aus ländlichen Gegenden – etwa 44% leben in städtischen Gebieten.
Covid-19: Bankschalter geschlossen, was dann?
Anfang 2020 bricht das Coronavirus auch in Europa aus – und die Raiffeisen Gruppe reagiert sofort. Die Devise lautet: Personenkontakte zum Schutz aller möglichst vermeiden, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) rasch helfen und den Bankbetrieb sichern. Eine herausfordernde Zeit!
SARS-CoV-2, auch genannt Covid-19 oder Coronavirus, hält die Welt ab 2020 in Schach. Behördlich angeordnete Massnahmen für die Menschen und Unternehmen folgen Schlag auf Schlag. Die Raiffeisen Gruppe reagiert sofort: Schon im Januar 2020 wird eine entsprechende Taskforce einberufen. Schutzmasken und Desinfektionsmittel werden postwendend bestellt und bereitgestellt. Für das Homeoffice wird die technische Infrastruktur vorbereitet. Für physische Veranstaltungen werden unter strikter Einhaltung der behördlichen Vorgaben konkrete Handlungsempfehlungen erstellt.
Am 4. März 2020 geht bei der Raiffeisen Gruppe eine Hotline für die Kundinnen und Kunden in Betrieb. Anfang März 2020 heisst es für die Mitarbeitenden: Wenn möglich auf Homeoffice umsteigen. Teams werden zur Sicherstellung des Betriebs getrennt. Fällt ein Team krankheitsbedingt aus, kann das andere die Weiterführung der Geschäftstätigkeit sicherstellen. Im März 2020 folgen alle paar Tage neue Handlungsanleitungen bei der Raiffeisen Gruppe – stets entlang den Empfehlungen des Bundesrates.
Am 11. März 2020 ruft der Kanton Tessin den Notstand aus. Raiffeisen-Kundinnen und -Kunden werden gebeten, möglichst viele Bankgeschäfte online abzuwickeln. Und schon wenige Tage später, am 15. März 2020, ist es gänzlich vorbei mit dem persönlichen Kontakt am Bankschalter. Der Bund hatte den «Shutdown» verordnet.
Sofort wird ein weiteres Thema wichtig: Kleinen und mittleren Unternehmungen (KMU) bei Finanzierungen zu helfen und Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Die Raiffeisen Gruppe schnürt ein KMU-Unterstützungspaket – und öffnet in dessen Rahmen vorübergehend ihre Crowdfunding-Plattform lokalhelden.ch auch für KMU: So unterstützt sie besonders das lokale Gewerbe.
Gleichzeitig beteiligt sich die Raiffeisen Gruppe massgeblich daran, das Kreditprogramm des Bundes auszuarbeiten. Das Kreditprogramm läuft an und das Raiffeisen-Unternehmerzentrum RUZ verstärkt gleichzeitig seine Beratungstätigkeit.
Per 27. April, 11. Mai und 8. Juni 2021 hebt der Bund die strengen Corona-Massnahmen stufenweise auf. Doch die Raiffeisen Gruppe agiert weiterhin vorsichtig. Dann, nachdem der Bundesrat per 17. Februar 2022 entschieden hat, die meisten Corona-Massnahmen aufzuheben, wechselt Raiffeisen Schweiz Genossenschaft für die Mitarbeitenden zum sogenannten «FlexWork». Bis zu 80 Prozent der jährlichen Sollarbeitszeit kann ortsunabhängig gearbeitet werden, sofern dies die Funktion und der spezifische Arbeitsinhalt zulassen.
Raiffeisen feiert ihr 125-Jahr-Jubiläum
Als zweitgrösste Bankengruppe der Schweiz und verantwortungsvolle Genossenschaft bringt sich Raiffeisen seit 125 Jahren in der Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft ein. Als nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen legen wir den Fokus auf Stabilität und Verlässlichkeit.
Unsere erfolgreiche 125-jährige Geschichte wurde auch dadurch möglich, dass wir ein risikoarmes Geschäftsmodell betreiben. In den vergangenen 125 Jahren hat sich das Bankgeschäft verändert. Geblieben sind das genossenschaftliche Geschäftsmodell und die starke Verankerung in den Regionen. Raiffeisen hat sich über 125 Jahre hinweg stetig weiterentwickelt. Erst von einer lokalen Bank, schon bald über einen kleinen Verband bis hin zu einer schweizweit tätigen, modernen Bankengruppe, die Mehrwert für ihre Mitglieder und die Gesellschaft schafft. Aus diesem Selbstverständnis heraus engagiert sich Raiffeisen für die Schweiz und schafft Mehrwert für ihre Mitglieder und die Gesellschaft. Seit 125 Jahren und auch in Zukunft – das ist es, was Raiffeisen ausmacht.