Marktradar
Die USA haben gewählt. Donald Trump zieht vier Jahre nach seiner Abwahl wieder ins Weisse Haus ein. Gleichzeitig sichern sich die Republikaner die Mehrheit im Senat und haben realistische Chancen, auch weiterhin das Repräsentantenhaus zu kontrollieren.
Matthias Geissbühler
Chief Investment Officer (CIO), Raiffeisen Schweiz
Ausgabe 06.11.2024
US-Wahlen – Die Würfel sind gefallen
Die 60. Präsidentschaftswahl in den USA ist de facto entschieden. Donald Trump kehrt ins Weisse Haus zurück und wird zusammen mit seinem Vizepräsidenten J.D. Vance am 20. Januar 2025 die Amtsgeschäfte übernehmen. Insgesamt dürfte der Republikaner über 300 Wahlleute gewinnen und sich damit die erforderliche Mehrheit von 270 von insgesamt 538 Elektoren überraschend problemlos sichern.
Die Republikaner holen sich zudem eine Mehrheit im Senat und auch das Repräsentantenhaus bleibt voraussichtlich in der Hand der Partei von Trump. Damit dürfte ein «Red Sweep» gelingen.
Der Wahlausgang hat Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Den US-Aktienmärkten dürfte dieser kurzfristig Rückenwind bescheren. Trump hat weitere Steuersenkungen für Unternehmen und Privatpersonen in Aussicht gestellt. Konkret sollen die Unternehmenssteuern von derzeit 21% auf 15% sinken. Schätzungen zufolge lässt das die Unternehmensgewinne in einem tiefen einstelligen Prozentbereich ansteigen. Gleichzeitig sind unter Trump ein Abbau der Bürokratie und Deregulierungen zu erwarten. Davon profitieren insbesondere auch kleinere und mittelgrosse Unternehmen (KMU) in den USA. Für diese sind ebenfalls die geplanten Erhöhungen der Importzölle vorteilhaft. Trump plant auf sämtlichen Importen einen Zoll von mindestens 10% zu erheben. Für Güter aus China soll dieser gar 60% betragen. Die beabsichtigten Zölle sind Gift für Staaten mit einem hohen Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA. Flächendeckende Strafzölle von 10% kosten in der Eurozone rund 1% Wirtschaftswachstum. Die Exportwirtschaft im Reich der Mitte wäre deutlich stärker betroffen. Wir rechnen deshalb mit einer negativen Reaktion an den internationalen Börsen.
Mittelfristig hat Donald Trumps Wirtschafts- und Handelspolitik aber auch für die USA diverse negative Konsequenzen. Erstens wirkt seine Politik stark inflationär. Höhere Zölle treiben die Preise aller importierten Güter nach oben und seine restriktive Migrationspolitik dürfte den Lohndruck verstärken. Hinzu kommt, dass die beabsichtigten Steuersenkungen das Haushaltsdefizit weiter ausweiten. Aktuell liegt dieses bei über 6% des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Damit wird die Staatsverschuldung in den USA weiter ansteigen. Diese Entwicklungen sprechen für steigende Kapitalmarktzinsen. Gleichzeitig reduziert sich damit der geldpolitische Zinssenkungsspielraum der US-Notenbank Fed.
Aufgrund des klaren Wahlausgangs erhöhen wir taktisch unsere Aktienquote in den USA. Wir rechnen kurzfristig – trotz hoher Bewertung – mit weiterem Rückenwind. In Europa und in den Schwellenländern bleiben wir hingegen aufgrund der Aussicht auf höhere Zölle untergewichtet.
Keine Trendwende in Sicht
US-Staatschulden im Verhältnis zum BIP
Das Wahlprogramm von Donald Trump sieht weitere Steuersenkungen vor. Entsprechend wird das Budgetdefizit hoch bleiben und die Gesamtverschuldung der USA weiter ansteigen. Diese Entwicklungen erhöhen den Druck auf die Kapitalmarktzinsen.