Die SNB senkt die Zinsen erneut
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat den Leitzins im September um weitere 0,25 Prozentpunkte auf 1,0 Prozent gesenkt. Unser Chefökonom Fredy Hasenmaile erklärt Ihnen, was der Zinsentscheid für wirtschaftliche Auswirkungen hat und beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie wirkt sich der Entscheid auf die Wirtschaft aus?
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat ihren Leitzins im September auf 1,0 Prozent gesenkt. Warum diese erneute Senkung?
Die Schweizer Inflation liegt bereits seit einiger Zeit wieder komfortabel im Zielband der Nationalbank von 0 bis 2 Prozent. Auch die verzögerten Effekte der zwei letztjährigen Erhöhungen des hypothekarischen Referenzzinssatzes auf die Mieten haben die Jahresveränderungsrate der Konsumentenpreise nicht wieder nach oben getrieben. Zudem planen die Schweizer Unternehmen auch für die kommenden Monate keine nennenswerten Preisanhebungen. Der Preistrend fällt damit weiterhin schwächer aus als von der SNB erwartet. Da sich gleichzeitig die erhoffte Erholung der Schweizer Industrie wegen des starken Frankens und der schwächelnden Nachfrage vor allem aus Deutschland verzögert, kann die Nationalbank den Exporteuren mit der Zinssenkung etwas mehr unter die Arme greifen. Sie verbilligt damit die Refinanzierung für die Unternehmen und stemmt sich gegen eine weitere Aufwertung des Frankens.
Sind weitere Zinssenkungen zu erwarten?
In den USA und der Eurozone ist das Leitzinsniveau nach den ersten Senkungen noch hoch, und die Geldpolitik restriktiv. In der Schweiz ist die Geldpolitik gemäss Schätzungen der SNB spätestens nach der jüngsten Senkung nicht mehr restriktiv. Der sogenannte neutrale Zins, bei dem die Zinspolitik weder preisbeschleunigend noch preisbremsend wirkt, wird von der SNB bei gut 1,0 Prozent taxiert. Ohne eine stärkere Abkühlung der Schweizer Konjunktur, die sich aktuell nicht abzeichnet, oder ohne ernsthafte Deflationssorgen, besteht damit eigentlich kein weiterer Handlungsbedarf. Im Fall einer stärker als erwarteten Abschwächung der US-Wirtschaft und einer ausbleibenden Erholung in der Eurozone kann die Nationalbank aber durchaus noch weiter mit den Zinsen nach unten gehen, insbesondere wenn es dabei zu erneutem Aufwertungsdruck auf den Franken kommt.
Kehren dann die Negativzinsen nochmals zurück?
Die Negativzinsphase nach der Pandemie ging einher mit einer ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), mit dem Ziel, die seit der Finanzkrise schwächelnde Konjunktur der Eurozone wieder auf die Beine zu bringen und die chronisch niedrige Inflation anzuheben. Dies bedeutete einen Daueraufwertungsdruck auf den Franken und zwang die SNB zu Negativzinsen, um die Attraktivität der Währung zu senken. Seitdem hat sich jedoch vor allem der Arbeitsmarkt in der Eurozone nachhaltig erholt. Die Arbeitslosigkeit ist rekordtief, was über höhere Lohnabschlüsse zu einem stärkeren inländischen Preisdruck beiträgt. Dies spricht grundsätzlich gegen allzu aggressive Zinssenkungen der europäischen Währungshüter, geschweige denn für Negativzinsen. Dafür bräuchte es ein Einknicken der Konjunktur. Aktuell ist aber ein verhaltenes Wachstum angezeigt.
Aktuelle Lage auf dem Hypothekarmarkt
Was bedeutet der Zinsentscheid für die Finanzierungskonditionen?
Mit der dritten Leitzinssenkung bewegt sich auch der darüber gesteuerte Tagesgeldsatz SARON weiter nach unten. Damit verringert sich der Zinsvorteil der längerfristigen Festhypotheken gegenüber SARON-Hypotheken. Da an den Zinsmärkten zuletzt noch weitergehende Senkungen der SNB eingepreist worden sind, haben die Finanzierungskonditionen am langen Ende im Vorfeld des SNB-Entscheids neue zyklische Tiefstwerte erreicht. Viel mehr nach unten dürfte es deshalb auch bei weiteren Zinssenkungen nicht gehen. Legt die SNB hingegen nicht weiter nach, sollten Festhypotheken auf Jahressicht sogar wieder etwas mehr kosten.
Welchen Einfluss hat dies auf die Preise für Wohneigentum?
Das höhere Zinsniveau hat in den letzten beiden Jahren die Erschwinglichkeit von Wohneigentum nochmals verschlechtert und die Immobiliennachfrage reduziert. Der Aufwärtstrend bei den Immobilienpreisen hat sich damit abgeschwächt. Die zunehmende Knappheit an Wohnraum hat allerdings einen Preisrückgang verhindert. Eine Rückkehr zur Negativzinswelt ist trotz der Zinswende der SNB nicht angezeigt. Mit den mittlerweile wieder deutlich niedrigeren Hypothekarzinsen ist aber das Risiko einer stärkeren Immobilienpreiskorrektur vom Tisch und wir erwarten mittelfristig ein wieder etwas stärkeres Preiswachstum.
Wie sollen sich Kundinnen und Kunden am besten verhalten, wenn die Hypothek in nächster Zeit ausläuft?
Mit einer längeren Zinsbindung fährt man aktuell aufgrund der gestiegenen Zinssenkungserwartungen für die SNB wieder etwas besser als mit einer SARON-Hypothek. Längerfristige Festhypotheken machen derzeit vor allem dann Sinn, wenn man von einer robusten Konjunktur und einem begrenzten Zinssenkungsbedarf für die Nationalbank und die anderen Notenbanken ausgeht. Auch wenn man eine fixe Kalkulationsgrundlage bevorzugt, bietet sich eine mehrjährige Festhypothek an. Kürzere Laufzeiten sind hingegen vorteilhafter, wenn man von einer ausgeprägten Konjunkturschwäche ausgeht, einhergehend mit nochmals stärker als erwarteten Zinssenkungen. In unserem Basisszenario sehen wir die Finanzierungskosten über die Laufzeiten hinweg allerdings nicht sehr weit voneinander abweichen.
«Um der Exportindustrie den Rücken zu stärken und eine weitere Aufwertung des Schweizer Frankens zu verhindern, senkt die Schweizerische Nationalbank den Leitzins ein weiteres Mal auf 1,0 Prozent.»
Fredy Hasenmaile
Chefökonom Raiffeisen Schwiez