Im Dezember 2015 verunfallt Karim Twerenbolds Vater Werner, der VR-Präsident eines millionenschweren Familienunternehmens, tödlich. Vom einen auf den anderen Tag muss sein Sohn die strategische Leitung der Twerenbold Reisen AG übernehmen – er tut dies erfolgreich. Hier sind Karim Twerenbolds vier Schritte, mit denen eine Nachfolge, auch eine unerwartete, gelingen kann.
1. Ehrlich mit sich selbst sein
Karim Twerenbold: «Es kann sein, dass jemand Druck von aussen verspürt. Dass man etwas tun muss, aus den unterschiedlichsten Gründen. Dass man sich zu etwas verpflichtet fühlt. Ist das der Fall, sollten bereits die ersten Alarmglocken klingeln: Ein ‹Müssen› – das ist eine schwierige Voraussetzung. Viel einfacher gelingt eine Übernahme, wenn man will. Deshalb gilt es ehrlich mit sich selbst zu sein: Will ich das wirklich? Oder nicht? Eine klare Antwort mag ruhig auf sich warten, das ist auch okay. Das Wollen kann später noch kommen. Aber: Wenn man etwas partout nicht will, dann muss man sich das eingestehen können. Je früher, desto besser.»
2. Klar und transparent kommunizieren
«Sobald der Entschluss gefasst ist, eine Firma zu übernehmen, müssen alle sofort miteinbezogen werden: Die Vorgänger, die Mitarbeitenden, die Stakeholder. In meinem Fall waren das zum Beispiel meine Eltern. Mein Vater Werner war der VR-Präsident der Twerenbold Reisen AG. Er musste wissen, dass ich ihn eines Tages beerben wollte und wie. Dadurch konnten wir meine Nachfolge gründlich angehen, auch wenn sein unerwarteter Tod natürlich viel durcheinanderbrachte. Durch eine klare Kommunikation lassen sich zudem Interessenkonflikte vermeiden. Es kann sein, dass Drittpersonen in einem Unternehmen andere Ziele verfolgen. Geht man offen auf diese Leute zu, lassen sich eher Lösungen finden.»
3. Einen Plan erstellen
«Eine Nachfolgeregelung will geplant sein – je detaillierter, desto besser. Einen klaren Plan zu haben ist essentiell, ansonsten plant man das Scheitern. Man muss klare Vorstellungen von der Übernahme und der Zeit danach haben. Der tödliche Unfall meines Vaters hat gezeigt: Es kann immer etwas Unerwartetes dazwischenkommen. Doch genau deshalb ist ein Plan umso wichtiger – damit man im Notfall wenigstens die planbaren Aspekte nicht aus den Augen verliert. Dann hat auch ein solcher Schicksalsschlag weniger grosse Konsequenzen. Mittlerweile habe ich sogar für meine Nachfolge einen Notfallplan ausgearbeitet: Sollte mir etwas zustossen, tritt dieser in Kraft.»
4. Den Plan ausführen und überprüfen
«Ein Plan muss auch umgesetzt werden; die Vorhaben müssen Realität werden. Ein ‹Papiertiger›, eingeschlossen in der Schublade, nützt niemandem. Es kann allerdings durchaus sein, dass man beim Umsetzen merkt, dass der Plan gar nicht optimal war. Das ist völlig in Ordnung – solange man die Lehren daraus zieht und den Plan für die Zukunft anpasst. Hauptsache ist, man hat nach wie vor einen. Um zu spüren, ob der Plan langfristig funktioniert, sollte man ihn regelmässig überprüfen: Wo stehen wir? Was ginge besser? Dabei braucht es viel Selbstreflexion und Ehrlichkeit mit sich selbst – so, wie ich das bei Schritt 1 schon erläutert habe.»
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Karim Twerenbold trat im Jahr 2011 als Projektleiter in die Twerenbold Reisen Gruppe ein. Zwei Jahre später wurde er deren Geschäftsleiter und führt seitdem das Familienunternehmen in vierter Generation fort. Nach dem Tod seines Vaters Werner übernahm er 2016 zusätzlich dessen Mandat als VR-Präsident. Unter seiner Führung konnte die Gruppe im Jahr 2020 ihr 125-jähriges Bestehen feiern. Heute gehören der Twerenbold Reisen AG mehrere Tochterunternehmen. Zusammen organisieren sie weltweit Reisen per Bus, Schiff und Flugzeug für über 100'000 Gäste jährlich.