Leben ohne Trauschein: Was Paare im Konkubinat regeln müssen

Die Rechte und Pflichten einer Partnerschaft sind in der Schweiz immer noch stark an die Ehe gebunden. Für Paare ohne Trauschein heisst das: Sie müssen selber Vereinbarungen treffen, um sich abzusichern und ihre finanziellen und persönlichen Risiken zu minimieren.

Die Ehe ist der Standard

 

Die Heiratsurkunde regelt viele Lebenssituationen für Paare automatisch. Insbesondere auch schwierige. Eheleute haben gegenseitiges Besuchsrecht auf der Intensivstation, die finanzielle Absicherung im Todesfall ist verbindlich geklärt, ebenso wie das Vorgehen bei Urteilsunfähigkeit eines Partners.

Paare ohne Trauschein – in der Schweiz sind das rund ein Viertel aller Paare – müssen diese Ernstfälle selber regeln. Denn sie sind gesetzlich weniger gut abgesichert. Es braucht Vereinbarungen, um finanzielle und persönliche Risiken zu minimieren. 

Beispiel

Konkubinatspaar Karin und Simon

 

Simon (48) und Karin (51) haben erst im zweiten Anlauf zueinander gefunden. Simon ist geschieden und Vater zweier erwachsener Kinder, auch Karin war bereits einmal verheiratet. Nun haben sie sich für ein Leben ohne Trauschein entschieden.

Situation 1

Medizinischer Notfall

 

Als Karin mit dem E-Bike stürzt und im Koma liegt, ist Simon krank vor Sorge. Aber das Leben steht nicht still. Er müsste sich um die finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten seiner Partnerin kümmern. Doch in vielen Belangen sind ihm die Hände gebunden.

Bei Unfällen oder anderen medizinischen Notfällen wollen Partner füreinander da sein. Damit das im Ernstfall problemlos möglich ist, sollten die Wünsche rechtzeitig auf Papier gebracht werden mit einem Vorsorgeauftrag und einer Patientenverfügung.

Einfach erklärt

Der Vorsorgeauftrag

Sie bestimmen eine Person, die sich um Ihre Angelegenheiten kümmern würde, falls Sie urteilsunfähig wären – zum Beispiel um Ihre Liegenschaft oder Ihre Firma, aber auch um Bankgeschäfte oder Versicherungen. Damit vermeiden Sie, dass Ihnen die Behörden einen Beistand zur Seite stellen, der Sie und Ihre Wünsche nicht kennt.

Einfach erklärt

Die Patientenverfügung

Sie erteilen Ihrem Partner für den Notfall die Vollmacht, Entscheidungen über einen ärztlichen Eingriff zu treffen – zum Beispiel bei einer riskanten Operation. Zudem legen Sie fest, dass medizinisches Personal Ihrem Partner Auskunft über Ihren Gesundheitszustand geben darf.

Situation 2

Todesfall: Rente

 

Simon und Karin freuen sich auf die Zeit nach der Pensionierung – ein aktiver «Unruhestand» mit vielen Reisen. Sie budgetieren ihre Einkünfte und Ausgaben und haben den Überblick, was sie sich zu zweit leisten können. Doch was passiert, wenn ein Partner stirbt? Das ist für die drei Säulen der Altersvorsorge sehr unterschiedlich geregelt.

Einfach erklärt

1. Säule – AHV

Bei der Witwen- oder Witwerrente der AHV (1. Säule) gehen hinterbliebene Konkubinatspartner in jedem Fall leer aus – sie ist Eheleuten vorbehalten.

Einfach erklärt

2. Säule – Pensionskasse

Beim Pensionskassengeld (2. Säule) ist das nicht so einheitlich geregelt: Pensionskassen können Ihrem Partner bzw. Ihrer Partnerin nach Ihrem Tod eine Rente oder Kapital ausbezahlen. Welche Bedingungen ein Paar dafür erfüllen muss, ist aber von Kasse zu Kasse verschieden. Klären Sie die Situation darum frühzeitig mit Ihrer Vorsorgeeinrichtung.

Einfach erklärt

3. Säule – Private Vorsorge

Für das Geld aus der privaten Vorsorge (3. Säule) gibt es nach dem Tod eine verbindliche Begünstigungsordnung. Ist der Verstorbene wie im Beispiel nicht verheiratet, stehen an erster Stelle Kinder und Konkubinatspartnerin – sofern die Partnerschaft mehr als fünf Jahre dauerte oder die Partnerin vom Verstorbenen in erheblichem Masse finanziell unterstützt wurde. Wie das Vorsorgevermögen zwischen Kindern und Partnerin aufgeteilt werden soll, kann man selber entscheiden, muss das aber der Bank oder der Versicherung melden.

Situation 3

Todesfall: Erbschaft

 

Simon stirbt unerwartet. Von Gesetzes wegen erbt Karin nichts von seinem Vermögen. Die gemeinsame Eigentumswohnung gehört nun also nicht nur Karin, sondern zur Hälfte auch Simons Kindern aus erster Ehe – eine konfliktbeladene Situation.

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie ein Paar ohne Trauschein die Erbschaft besser regeln kann: Mit einem Testament oder einem Erbvertag.

Einfach erklärt

Das Testament

Mit einem Testament können Sie erwirken, dass Ihr Partner bzw. Ihre Partnerin die freie Quote erhält. Das ist derjenige Anteil des Erbes, der übrig bleibt, wenn gesetzliche Erben wie beispielsweise leibliche Kinder ihren Pflichtteil erhalten haben.*

 

*Hinweis: Mit der Erbrechtsrevision, die am 1. Januar 2023 in Kraft tritt, werden die Pflichtteile zum Teil reduziert. Dadurch erhalten Konkubinatspartner mehr Spielraum, um einander zu begünstigen.

Einfach erklärt

Der Erbvertrag

Der Nachlass lässt sich auch mit einem Erbvertrag regeln. Dieser verlangt die Zustimmung aller pflichtteilsgeschützten Erben. Zum Beispiel können Kinder zugunsten des hinterbliebenen Konkubinatspartners auf einen Teil ihres Erbes verzichten.

Gut zu wissen

Erbschaftssteuer

Beachten Sie bei beiden Varianten: Anders als Nachkommen müssen Konkubinatspartner das Erbe versteuern, sofern sie in einem Kanton wohnen, der eine Erbschaftssteuer für unverheiratete Paare vorsieht.

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