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Positive Halbzeitbilanz – Aktien und Gold glänzen

Es war eine erfreuliche erste Halbzeit an den Börsen. Aktien und Gold konnten stark zulegen. Die zweite Jahreshälfte dürfte von tieferen Renditen sowie einer erhöhten Volatilität geprägt sein.

Goldener Fussball

Starke Halbjahresbilanz –Aktien und Gold glänzen


Der Ball rollt. Nachdem die Vorrundenspiele bereits vorüber sind, geht es ab morgen mit den Achtelfinals in die heisse Phase der Fussball-Europameisterschaft. Das Zwischenfazit ist zumindest aus Schweizer Sicht erfreulich. Ebenfalls positiv ist die erste Halbzeit an den Finanzmärkten ausgefallen. Die Börsen konnten den Schwung aus dem Vorjahr mitnehmen und verzeichneten weitere Avancen. Insbesondere Gold und Aktien glänzten mit jeweils zweistelligen Performances. Etwas gemächlicher liessen es die Obligationenmärkte angehen. 

 

Wertentwicklung der Raiffeisen Anlageklassen seit Jahresbeginn, in CHF 

Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Schweizer Anleger konnten in der ersten Jahreshälfte zudem von Währungsgewinnen profitieren. Der US-Dollar wertete sich gegenüber dem Schweizer Franken um gut 7% auf und sorgte unter anderem dafür, dass der US-Aktienmarkt in Franken gerechnet in den ersten sechs Monaten die Nase vorne hatte. Dieser profitierte zudem vom Hype um das Thema Künstliche Intelligenz (KI), welcher die grossen Technologiewerte befeuerte. Auch der Euro notierte um über 3% höher. Ein Grund für die temporäre Frankenschwäche ist das geldpolitische Vorpreschen der Schweizerischen Nationalbank (SNB), welche als erste der grösseren Notenbanken bereits im März ihren Leitzins senkte. Die anderen Notenbanken hielten sich – ganz entgegen den Markterwartungen von Anfang Jahr – mit Zinssenkungen zurück.

 

So viel zum Rückblick. Spannender ist aber der Blick nach vorne. Fussballfans werweissen derzeit, wer Europameister wird. Schafft es Gastgeber Deutschland, verteidigt Italien den Titel oder gelingt gar der Schweiz die grosse Überraschung? Für Anlegerinnen und Anleger stellt sich derweil die Frage, wie es in der zweiten Jahreshälfte an den Finanzmärkten weitergeht.

Überschussersparnisse sind aufgebraucht – Bremsspuren beim Konsum sind absehbar

Konjunkturell sieht das Bild durchzogen aus. Die europäische Wirtschaft zeigt zwar gewisse Stabilisierungstendenzen und hat sich aus der technischen Rezession gelöst, es fehlt aber an Wachstumsimpulsen. Für dieses Jahr rechnen wir mit einer Stagnation. In den USA geht die Tendenz in die andere Richtung. Bislang hat sich die grösste Volkswirtschaft der Welt sehr robust gezeigt, massgeblich unterstützt durch den Konsum. Bei letzterem sind aber erste Bremsspuren auszumachen. Einerseits sind die Überschussersparnisse der Amerikanerinnen und Amerikaner aus der Pandemie weitgehend aufgebraucht und zweitens beginnt die Arbeitslosigkeit anzusteigen.

 

Überschussersparnisse in den USA, in Billionen USD

Quelle: San Francisco Fed, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Als Folge davon haben sich die Detailhandelsumsätze in den letzten beiden Monaten spürbar abgeschwächt. Auch die chinesische Wirtschaft leidet noch immer unter der Immobilienkrise. Als Konsequenz erwarten wir sowohl für 2024 als auch 2025 ein globales Wachstum, welches unter Potenzial liegt. Zyklisch dürfte sich dafür die Inflation im Jahresverlauf weiter abschwächen und gegen Ende des Jahres in Reichweite der Notenbankziele von 2% bewegen. Das wiederum wird es den Notenbanken erlauben, eine moderate Zinswende einzuläuten. Von sinkenden Zinsen profitieren Obligationen. Entsprechend gehen wir von positiven Gesamtrenditen bei Anleihen aus. Innerhalb der Anlageklasse empfehlen wir, den Fokus auf eine hohe Schuldnerqualität sowie kürzere bis mittlere Laufzeiten zu legen.

 

Nach dem fulminanten Kursanstieg beim Gold, rechnen wir vorerst mit einer Konsolidierung. Die anhaltend hohe Nachfrage von Notenbanken aus den Schwellenländern sowie die Aussicht auf sinkende Zinsen dürften das Edelmetall mittelfristig aber weiter glänzen lassen. In einem diversifizierten Portfolio empfehlen wir anlagetaktisch eine Goldquote von 6%. Aus Diversifikationsgründen bleiben auch Schweizer Immobilienfonds interessant. Die anhaltend hohe Nachfrage nach Wohnraum steht einem nur leicht wachsenden Angebot gegenüber. Hinzu kommt, dass aufgrund der zweimaligen Erhöhung des Referenzzinssatzes die Bestandsmieten angehoben werden konnten, was sich positiv auf die Mieterträge auswirkt.

 

Das Trendthema KI hat die Aktienmärkte beflügelt. Davon haben in erster Linie Technologiewerte profitiert. Die Marktbreite bleibt allerdings bescheiden. Eindrücklich zeigt sich dies am US-Aktienmarkt: Während der S&P 500 Index um rund 15% zulegen konnte, beläuft sich das Plus bei seinem Pendant, worin sämtliche Aktien die gleiche Gewichtung haben, auf 4%. Im Hinblick auf den weiteren Kursverlauf mahnt dies zur Vorsicht. Nach den starken Avancen wird die Luft an den Aktienmärkten auch bewertungsmässig dünner. Entsprechend rechnen wir mit zwischenzeitlichen Rücksetzern sowie einer insgesamt volatilen Seitwärtsbewegung in der zweiten Jahreshälfte. Neben den wirtschaftlichen Risiken kommt mit den bevorstehenden US-Wahlen ein weiterer temporärer Unsicherheitsfaktor hinzu. Historisch ist die Marktvolatilität im Vorfeld der Wahlen stets angestiegen. In diesem Umfeld präferieren wir den Schweizer Aktienmarkt. Der Swiss Performance Index (SPI) wurde im ersten Halbjahr von den beiden Indexschwergewichten Nestlé und Roche gebremst. Eine Rotation in defensivere Sektoren würde dem hiesigen Aktienmarkt Rückenwind verleihen. Für Schweizer Aktien spricht zudem die attraktive Dividendenrendite von gut 3%.

 

Die Chance für eine relative Outperformance des heimischen Aktienmarktes in der zweiten Jahreshälfte ist also hoch. Auf jeden Fall deutlich höher als die Wahrscheinlichkeit, dass die Schweizer Nationalmannschaft die EM gewinnt. Aber wir lassen uns natürlich in dieser Hinsicht gerne positiv überraschen.

Der CIO erklärt: Was heisst das für Sie als Anleger?

Trotz schwacher Wirtschaftsentwicklung, einer hartnäckig hohen Inflation sowie einer restriktiven Geldpolitik haben die Aktienmärkte auch in diesem Jahr zweistellig zugelegt. Selbst die geopolitischen Entwicklungen haben den Höhenflug nicht bremsen können. Dies verdeutlicht einmal mehr, dass die Börsen nicht die Gegenwart abbilden, sondern stets in die Zukunft blicken. Und diese malen sich derzeit viele Investoren rosig aus. Die sanfte wirtschaftliche Landung ist längst Konsens, und dass die Notenbanken früher oder später die Zinsen deutlich senken werden, gilt als ausgemacht. Selbst im Hinblick auf die US-Wahlen zeigen sich die Marktteilnehmer tiefenentspannt – schliesslich haben politische Börsen bekanntlich kurze Beine. Diese Sorglosigkeit drückt sich in einer anhaltend tiefen Volatilität aus. Das ist gefährlich. Gerade in starken Börsenphasen gilt es, wachsam zu bleiben und in der Euphorie die Risiken nicht unnötig zu erhöhen. Im Gegenteil: Nach dem starken ersten Halbjahr sind erste partielle Gewinnmitnahmen oder zumindest ein Rebalancing des Portfolios ratsam.

Matthias Geissbühler Portrait

Matthias Geissbühler

Chief Investment Officer Raiffeisen Schweiz

Seit Januar 2019 ist Matthias Geissbühler als Chief Investment Officer (CIO) von Raiffeisen Schweiz für die Anlagepolitik verantwortlich. Zusammen mit seinem Team analysiert er kontinuierlich die weltweiten Geschehnisse an den Finanzmärkten und entwickelt die Anlagestrategie der Bank.

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