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Trump ist zurück – Auswirkungen auf Wirtschaft und Finanzmärkte

Der Erdrutschsieg von Donald Trump und den Republikanern erhöht den Spielraum für eine kompromisslose Umsetzung seines Wahlprogramms. Was sich kurzfristig positiv auf die US-Wirtschaft auswirken dürfte, droht mittelfristig aber zum Bumerang zu werden.

Freiheitsstatue

Ausgabe 29.11.2024

Das Verdikt der Aktienmärkte – Trump ist gut für die USA, schlecht für die Welt

Das Verdikt der Finanzmärkte ist eindeutig. Der klare Wahlerfolg von Donald Trump und den Republikanern, die sich sowohl die Mehrheit im Senat als auch im Repräsentantenhaus sicherten, hat an den US-Börsen ein kleines Feuerwerk ausgelöst. Anders sieht das Bild an den übrigen Aktienmärkten aus: Der Swiss Market Index (SMI), der MSCI Europe sowie der MSCI Emerging Markets Index notieren seit dem Wahltag im Minus. Einen Sprung nach oben machten auch die Zinsen sowie der US-Dollar. Gegenüber dem Schweizer Franken stieg der Greenback seit dem 5. November 2024 um rund 2.4%.

 

Entwicklung des S&P 500 Index, des SMI, des MSCI Europe Index und des MSCI Emerging Markets Index seit der US-Wahl, in CHF und indexiert

Entwicklung des S&P 500 Index, des SMI, des MSCI Europe Index und des MSCI Emerging Market Index seit der US-Wahl, in CHF und indexiert

Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Länder mit hohem Handelsüberschuss werden die Zölle am stärksten spüren

Die Märkte nehmen damit das im Wahlkampf propagierte Wirtschaftsprogramm von Trump vorweg. Die in Aussicht gestellten Steuersenkungen, Deregulierung sowie eine Abschottung der Binnenwirtschaft mit Hilfe hoher Importzölle dürften sich kurzfristig in der Tat positiv auf die US-Wirtschaft auswirken. Wird die Unternehmenssteuer von 21% auf 15% reduziert, wird dies die Unternehmensgewinne um rund 4% steigen lassen. Hinzu kommt, dass sich insbesondere die Marktstellung der amerikanischen KMU gegenüber der internationalen Konkurrenz signifikant verbessern dürfte. Falls Trump wie angekündigt die Importzölle auf sämtlichen Gütern um mindestens 10% erhöht, wird das den Wettbewerb verzerren – zum Nachteil der europäischen, lateinamerikanischen und asiatischen Exporteure. Damit lässt sich auch die negative Reaktion an den internationalen Börsen erklären. Eine Zunahme der Handelskonflikte sowie höhere Zölle werden vor allem Staaten mit einem hohen Handelsüberschuss – also mehr Exporten als Importen – mit den USA zu spüren bekommen.

 

Handelsüberschüsse mit den USA, in Milliarden USD

Handelsüberschüsse mit den USA, in Milliarden USD

Quellen: Statista, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Damit stellt sich unweigerlich die Frage, was diese Wirtschafts- und Handelspolitik längerfristig für Auswirkungen haben wird. Und diesbezüglich gibt es einige Risiken für die Weltwirtschaft. Klar scheint, dass insbesondere der Konflikt zwischen den beiden Supermächten USA und China anhalten oder gar weiter eskalieren wird. Darauf deuten die Nominierungen von US-Senator Marco Rubio als Aussenminister sowie Mike Waltz als nationalen Sicherheitsberater hin. Beide gelten als China-Hardliner. Höhere Zölle würden die seit dem Platzen der Immobilienblase stark angeschlagene chinesische Wirtschaft zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt treffen und dürften die Hoffnungen auf eine konjunkturelle Erholung im Reich der Mitte zunichtemachen. Aber auch für die USA sind Importzölle ein zweischneidiges Schwert, denn dadurch werden die Konsumentenpreise steigen. Inflationär wirkt zudem die Migrationspolitik von Trump. Im Wahlkampf hat er versprochen, an Tag eins seiner Rückkehr ins Weisse Haus Millionen von illegal Eingewanderten abzuschieben und die Grenzen dicht zu machen. Diese Politik wird sich negativ auf das Arbeitsangebot auswirken und den Lohndruck erhöhen. 

Die Inflation wird deshalb auch 2025 im Fokus bleiben. Im Oktober ist die Teuerung von 2.4% auf 2.6% angestiegen, die Kernrate verharrte bei 3.3%. Damit reduziert sich der Spielraum der US-Notenbank Fed für weitere Zinssenkungen. Entsprechend stark haben sich die Markterwartungen verändert. Anfang Oktober wurde, basierend auf den Fed Funds Futures, ein Leitzins von 3% per Ende 2025 eingepreist. Aktuell liegt die Erwartung bei 4%, was vom derzeitigen Niveau nur noch drei Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte impliziert. Vor diesem Hintergrund ist auch der Anstieg der Kapitalmarktzinsen zu erklären. 

Die Staatsverschuldung der USA wird unter Trump weiter ansteigen

Es gibt aber noch einen weiteren Grund, warum die Zinsen gestiegen sind. Das bereits rekordhohe Budgetdefizit von derzeit 6% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wird unter Donald Trump kaum nachhaltig sinken. Im Gegenteil: Die Staatsverschuldung der USA wird in den kommenden vier Jahren weiter steigen. Aufgrund des Status des US-Dollars als Reserve- und Weltwährung ist dies zwar nicht unmittelbar eine Bedrohung, dennoch dürften die Risikoprämien und damit auch die Zinsen bei den US-Staatsanleihen strukturell steigen. Für die Bewertung sämtlicher Anlageklassen hat dies tendenziell negative Konsequenzen.

 

Entwicklung der Staatsschulden im Verhältnis zum BIP

Entwicklung der Staatsschulden im Verhältnis zum BIP

Quellen: Statista, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Die Wahl Donald Trumps dürfte aufgrund seiner Unberechenbarkeit zu einer erhöhten Volatilität an den Finanzmärkten führen. Ob sich die kurzfristig positive Reaktion an den US-Aktienmärkten im Jahr 2025 fortsetzen wird, bleibt offen. Sehr viel Positives scheint bereits eingepreist zu sein und die Risiken werden ausgeblendet. Insbesondere eine zweite Inflationswelle und damit steigende Zinsen könnten die Partylaune aber rasch verderben und für einen Kater sorgen.

Der CIO erklärt: Was heisst das für Sie als Anleger?

Der US-Aktienmarkt ist nicht zu bremsen. Auf den klaren Wahlerfolg von Donald Trump folgte ein Kurssprung von mehr als 5%. Seit Jahresbeginn notiert der S&P 500 Index in Franken gerechnet gut 30% höher. Und hört man auf die Auguren, wird dieser Trend auch 2025 ungebremst weitergehen. Trumps Politik ist gut für die US-Wirtschaft, die Musik beim Thema Künstliche Intelligenz spielt im Silicon Valley und dass eine sanfte Landung der Konjunktur gelingt, ist ausgemachte Sache. Was kann da schon schiefgehen? Nun, all diese Punkte sind nicht neu, sondern Konsens – und entsprechend eingepreist. Seit dem Höhepunkt der Technologieblase im Jahr 2000 war der US-Aktienmarkt nie teurer bewertet als dies aktuell der Fall ist. Zwar kann die Rally noch ein paar Monate weitergehen, die Fallhöhe nimmt aber kontinuierlich zu. Gemäss unseren aktuellen Kapitalmarktprognosen ist am US-Aktienmarkt für die kommenden zehn Jahre mit klar unterdurchschnittlichen Renditen zu rechnen. Dies mahnt zur Vorsicht. Denn wie heisst es so schön: Hochmut kommt vor dem Fall.

Matthias Geissbühler Portrait

Matthias Geissbühler

Chief Investment Officer Raiffeisen Schweiz

Seit Januar 2019 ist Matthias Geissbühler als Chief Investment Officer (CIO) von Raiffeisen Schweiz für die Anlagepolitik verantwortlich. Zusammen mit seinem Team analysiert er kontinuierlich die weltweiten Geschehnisse an den Finanzmärkten und entwickelt die Anlagestrategie der Bank.

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