«Nachhaltiges Anlegen ist investieren, nicht spekulieren»
Zukunftsgerichtetes Handeln ist wichtiger denn je. Das gilt ganz besonders für Unternehmer und Anleger. Denn Nachhaltigkeit ist zum wirtschaftlichen Erfolgsfaktor geworden, erklärt Nina Fakner, Expertin für nachhaltige Anlagen bei Raiffeisen im Interview.
Nina Fakner
Leiterin Kompetenzcenter Nachhaltigkeit Vorsorgen & Anlegen, Raiffeisen Schweiz
Frau Fakner, wieso ist nachhaltig investieren besonders für Unternehmer interessant?
N. F.: Unternehmer denken bereits wie nachhaltige Investoren: Sie wissen, dass sich der sorgsame Umgang mit Ressourcen wie Energie und Wasser im eigenen Geldbeutel bemerkbar macht. Und wie wichtig es ist, den Puls ihrer Kunden zu spüren, verlässliche Lieferantenbeziehungen zu haben und sich gut um Mitarbeitende zu kümmern. Für nachhaltiges Anlegen gibt es im Grunde drei Motive. Erstens: Es besteht kein systematischer Renditenachteil, sondern zweitens ein Risikovorteil. Nachhaltige Anlagen sind tendenziell weniger risikobehaftet. Eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien belegt beide Effekte aber vor allem für die längere Vergangenheit. Der dritte Grund ist der offensichtlichste: Ein gutes Gewissen. Mit nachhaltigen Anlagen investiert man entsprechend seiner persönlichen Werte und Überzeugungen.
Worin unterscheiden sich nachhaltige von konventionellen Anlagen?
Vor allem darin, was nicht drin ist: Etwa Unternehmen aus der Ölindustrie oder dem Bereich geächteter Waffen wie Antipersonenminen. Bei beiden Ansätzen wählt man jene Wertpapiere aus, die finanziell besonders attraktiv erscheinen. Während das bei konventionellen Anlagen genügt, klopft man bei nachhaltigen weiter ab. Nutzt das Unternehmen den Einfluss sozialer und ökologischer Entwicklungen zu seinem Vorteil? Das Prinzip lautet: möglichst wenig Ärger, möglichst viel Potenzial.
Wertentwicklung des nachhaltigen MSCI World SRI Index und des nicht-nachhaltigen MSCI World Index, indexiert
Daten per 31. Juli 2024
Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz Investment & Vorsorge Center
Wie gehen Sie bei der Auswahl vor?
Nachhaltiges Anlegen unterscheidet sich vom Ziel her nicht vom konventionellen Anlegen. Bei beiden Ansätzen wählt man jene Wertpapiere aus, die finanziell besonders attraktiv erscheinen. Bei nachhaltigen Anlagen fragen wir uns aber zusätzlich: Welches Unternehmen macht sich Gedanken über zukünftige Entwicklungen – insbesondere soziale und ökologische –, die wieder auf das Unternehmen zurückwirken? Wie gesagt nach dem Prinzip: möglichst wenig Ärger, möglichst viel Potenzial. Denn nachhaltiges Anlegen ist investieren, nicht spekulieren.
Der Bundesrat hat sich im Juni 2024 zum Thema Greenwashing in der Finanzbranche geäussert. Inwiefern hilft das Anlegerinnen und Anlegern?
Der Bundesrat hat schon Ende 2022 eine Position zur Verhinderung von Greenwashing im Finanzsektor, also die Täuschung von Kundinnen und Kunden bezüglich nachhaltiger Eigenschaften von Finanzprodukten und -dienstleistungen, veröffentlicht. Im Juni 2024 hat der Bundesrat die Selbstregulierungen der drei Branchenverbände von Banken, Assetmanagern und Versicherern zur Kenntnis genommen, welche neu Mindeststandards festlegen. Wer also nachhaltige Anlagen unter diesem Begriff anbietet, muss nun zum Beispiel klar Auskunft geben über die verfolgten Nachhaltigkeitsziele, den Referenzrahmen und die Indikatoren.
Gibt es zusätzliche Kriterien, auf die Anlegerinnen und Anleger achten sollten?
Neben den nun neu verfügbaren Informationen sollten sich Anlegerinnen und Anleger auch die Anbieter von nachhaltigen Anlagen selbst genau anschauen. Wichtig ist, dass diese das Know-how haben und schon lange in diesem Bereich unterwegs sind. Und dann ist da noch eine gewisse «Bissigkeit» der Nachhaltigkeitsanalyse: Um wirksam die Spreu vom Weizen zu trennen, braucht es zum Beispiel bei aktiv gemanagten Anlagefonds einen konsequenten Ansatz. Raiffeisen stuft beispielsweise nur rund 40 Prozent der Unternehmen des zugrundeliegenden Universums als nachhaltig ein.
«Möglichst wenig Ärger, möglichst viel Potenzial.»
Nina Fakner
Leiterin Kompetenzcenter Nachhaltigkeit Vorsorgen & Anlegen, Raiffeisen Schweiz
Was ist der nächste Schritt, wenn jemand nachhaltig anlegen möchte?
Am besten lotet man gemeinsam mit seinem Kundenberater aus, welche Anlagen den eigenen Werten entsprechen. Die Analyse der finanziellen Risikofähigkeit und Risikobereitschaft bleibt aber weiterhin wichtig. Deren Ergebnisse sind eine wesentliche Grundlage für eine nachhaltige Anlagestrategie.
Haben Sie zum Schluss noch einen konkreten Tipp für Anleger?
Wichtig ist vor allem eines: Nachhaltigkeit ist auch – oder gerade – beim Anlegen ein Marathon, kein Sprint. Um ein altes Sprichwort zu zitieren: Geduld bringt Rosen.
Nina Fakner
Leiterin Kompetenzcenter Nachhaltigkeit Vorsorgen & Anlegen, Raiffeisen Schweiz
Nina Fakner arbeitet seit 2021 bei Raiffeisen Schweiz. Das von ihr geleitete Kompetenzcenter verantwortet das Futura-Regelwerk und ist die zentrale Anlaufstelle für alle Themen rund um das nachhaltige Anlegen.
Broschüre «Nachhaltiges Anlegen»
Unternehmen werden an den Finanzmärkten längst nicht mehr nur nach rein wirtschaftlichen Kriterien bewertet, sondern vermehrt auch nach sozialen und ökologischen. Wer alle drei Aspekte beim Anlegen miteinbezieht, steigert seine Renditechancen und vermindert Risiken. Unsere Broschüre «Nachhaltiges Anlegen» zeigt Ihnen den neuen Standard auf.
Raiffeisen Futura Label
Das Raiffeisen Futura Label zeichnet Anlagen aus, die der Nachhaltigkeit verpflichtet sind. Die vollständige Unabhängigkeit von Rating (lnrate) und Asset Management (Vontobel) stellt das Zusammenspiel von Nachhaltigkeit und Rendite sicher: Anleger können Erhalt und Mehrung ihres Kapitals mit ökologischen und sozialen Aspekten verbinden.
Unsere Kundinnen und Kunden haben einerseits die Wahl zwischen aktiv verwalteten und indexnahen Anlagefonds. Dabei sind auch Vorsorge- und Sparplan-Lösungen möglich, um über einen längeren Zeitraum systematisch Vermögen aufzubauen. Anderseits steht auch das Futura Vermögensverwaltungsmandat zur Auswahl, für alle diejenigen, welche die Anlageentscheidungen an die Expertinnen und Experten von Raiffeisen delegieren möchten.