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Was gehört zum Sonderrecht und was zu den gemeinschaftlichen Teilen?

Wer im Stockwerkeigentum lebt, ist König in seinen vier Wänden und gleichzeitig Mitglied einer Gemeinschaft. Auf eigene Faust darf man nur innerhalb der Wohnung handeln. Der Rest des Hauses samt Umgebung – also Treppenhaus, Tiefgarage, Garten, aber auch die Fassade – gehört allen gemeinsam, und alle müssen sich ans Reglement der Eigentümergemeinschaft halten.

Beobachter Edition

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Dieser Ratgeber wurde zur Online-Publikation an Raiffeisen lizenziert.

Situationsbeispiele

 
Beispiel 1
– Beata C.
Beata C. stellt grosse Pflanzenkübel auf den Balkon ihrer Eigentumswohnung und befestigt Kistchen innen und aussen am Geländer. Sie freut sich an ihrem kleinen Paradies. Ein Nachbar wehrt sich gegen «das Grünzeug an der Fassade» und bringt das Thema in die Stockwerkeigentümerversammlung. Zum Glück finden die meisten Eigentümer den Blumenbalkon schön und die Pflanzen dürfen bleiben. 
Beispiel 2
– Herr O.
Das Dach der Liegenschaft ist undicht und muss dringend saniert werden. Die übrigen Stockwerkeigentümer behaupten, Herr O. als Eigentümer der Dachwohnung müsse das in Ordnung bringen und die gesamten Kosten übernehmen. «Stimmt nicht», sagt eine befreundete Anwältin. «Das Dach gehört zu den gemeinschaftlichen Teilen, also muss die Gemeinschaft für die Kosten aufkommen.»

Beim Stockwerkeigentum steht das gesamte Grundstück inklusive Haus und aller seiner Bestandteile im Miteigentum aller Stockwerkeigentümer. Über diese gemeinschaftlichen Teile kann nur die Eigentümergemeinschaft als Ganzes entscheiden. Zu den gemeinschaftlichen Teilen gehören zwingend:

  • der Boden, auf dem das Gebäude steht, inklusive Autoabstellplätze im Freien, Garten oder Kinderspielplatz
  • alle Bauteile, die für den Bestand und die konstruktive Gliederung des Gebäudes verantwortlich sind, etwa das Fundament, tragende Mauern und das Dach
  • alle Teile, die die äussere Gestalt des Gebäudes bestimmen, beispielsweise Fassade und Fenster
  • alle Teile der Liegenschaft, die von der Mehrheit der Eigentümer benutzt werden – also das Treppenhaus und die zentrale Heizungsanlage

Neben den zwingend gemeinschaftlichen Teilen kann eine Gemeinschaft auch x-beliebige andere Teile der Liegenschaft für gemeinschaftlich erklären – zum Beispiel eine Hauswartswohnung oder Bastelräume. Das geschieht häufig schon bei der Begründung des Stockwerkeigentums oder dann später in Form einer öffentlich beurkundeten Vereinbarung.

 

Was gehört zum Sonderrecht?

Zu Ihrem Sonderrecht gehört in erster Linie Ihre eigene Wohnung, oft auch das Keller- oder Estrichabteil dazu. Die Einheit muss aber räumlich abgeschlossen sein und über einen eigenen Zugang verfügen. Deshalb kann weder der Garten noch ein Parkplatz zu Sonderrecht ausgeschieden werden. Die Sonderrechte sind in der Begründungserklärung und in den Aufteilungsplänen festgeschrieben.

Innerhalb Ihrer eigenen vier Wände können Sie schalten und walten, wie Sie wollen – sofern Sie dadurch die anderen Eigentümer nicht stören. Laute Musik spät in der Nacht liegt also genauso wenig drin wie in einem Mietshaus. Oft sind die Regeln in einer Hausordnung festgehalten. Ihre Wohnung dürfen Sie selbstverständlich auch umbauen und zum Beispiel die Küche renovieren. Bauteile, die eine tragende Funktion haben oder das Aussehen des Gebäudes bestimmen, dürfen Sie aber nicht eigenmächtig verändern. Ohne Einwilligung der Gemeinschaft können Sie also weder neue Fensterrahmen einsetzen noch die Sonnenstoren austauschen oder tragende Wände in Ihrer Wohnung entfernen.

 

Was gehört zum ausschliesslichen Benutzungsrecht?

Bestimmte Grundstücksteile sind zwar zwingend gemeinschaftlich – zum Beispiel der Garten oder die Tiefgarage. Damit aber die Eigentümer der Gartenwohnungen ihren Sitzplatz allein nutzen können, haben sie daran ein ausschliessliches Benutzungsrecht – auch Sondernutzungsrecht genannt. Das bedeutet aber nicht, dass man den Sitzplatz beliebig umgestalten und etwa ein Spielhaus für die Kinder aufstellen darf. Dazu braucht es die Einwilligung der Gemeinschaft.

 

Achtung: Auch wenn Sie zum Beispiel die Dachterrasse schon lange allein nutzen durften, heisst das nicht, dass Sie daran ein ausschliessliches Benutzungsrecht haben. Dieses Recht muss in der Begründungserklärung oder im Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft festgehalten sein. Möchten Sie eine Wohnung mit ausschliesslichem Benutzungsrecht kaufen, sollten Sie sich vor der Unterschrift vergewissern, dass dieses Recht tatsächlich festgeschrieben ist. 

 

Die Wertquote

Als Stockwerkeigentümer sind Sie Miteigentümer der ganzen Liegenschaft. Ihnen gehört also nicht nur Ihre eigene Wohnung, sondern auch ein Anteil am Wert des ganzen Hauses. Die Höhe dieses Anteils beziffert die Wertquote. Sie wird in der Regel in Tausendsteln festgehalten – Ihnen gehören also zum Beispiel 115/1000 der Liegenschaft. Für die Höhe der Wertquote massgebend ist einerseits die Grundfläche Ihrer Wohnung sowie der Sondernutzungsrechte (Gartensitzplatz, Parkplatz). Anderseits werden auch Aspekte wie Lage, Höhe, Besonnung, Aussicht berücksichtigt.

 

Wenn Sie eine Wohnung kaufen, sind die Wertquoten meist bereits festgelegt. Trotzdem sollten Sie Ihre Quote genauer unter die Lupe nehmen, denn sie ist von zentraler Bedeutung: So werden die gemeinschaftlichen Kosten in der Regel nach Wertquoten aufgeteilt, auch der Anteil am Erneuerungsfonds wird von der Wertquote bestimmt. Und bei gewissen Geschäften ist für die Beschlussfassung in der Stockwerkeigentümerversammlung nicht nur ein Mehr nach Köpfen, sondern auch nach Wertquoten erforderlich.

Beobachter-Ratgeber für Mitglieder

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