Peter und Hansjörg Plüss haben ihr Lebenswerk an einen ihrer Söhne und zwei langjährige Mitarbeiter übergeben. Was einfach klingt, dauerte Jahre. Und war nicht selten eine emotionale Achterbahnfahrt. Lesen Sie, wie die Beteiligten die Nachfolge trotzdem gemeistert haben – und welche Rolle eine externe Begleitung spielte.
Scheitern verhindert – dank unabhängigem Begleiter
Beinahe wäre es in letzter Minute noch schiefgegangen: Kurz vor Vertragsunterzeichnung drohte der Verkauf der P. + H. Plüss AG, dem Lebenswerk der Brüder Peter (67) und Hansjörg (65) Plüss, zu scheitern. Die Emotionen zwischen den beiden Verkäufern und dem dreiköpfigen Käuferteam – zwei Mitarbeitern und dem Sohn von Hansjörg Plüss – waren hochgekocht. Die Vorstellungen darüber, wie der Betrieb in die Zukunft zu führen sei, schienen plötzlich unvereinbar. Der Nachfolgebegleiter beim Raiffeisen Unternehmerzentrum (RUZ), kennt dies gut: «Je näher in der Nachfolge der Abschluss rückt, desto emotionaler wird es.»
Ein Nachfolgebegleiter, wie alle RUZ-Berater früher selber Unternehmer, unterstützte den gesamten Nachfolgeprozess bei Plüss, einem Betrieb in den Bereichen mechanische Fertigung, Maschinenbau und Verbundwerkstoffe. «Dabei ging es immer wieder darum, die Beteiligten im Umgang mit ihren Emotionen zu unterstützen.» Auch den Supergau am Ende konnte der Nachfolgeexperte so gemeinsam mit den Beteiligten abwenden. Mittlerweile ist das Unternehmen aus Pfaffnau (LU) verkauft. Und alle sind sich einig: Ohne einen unabhängigen Begleiter hätte man das nicht geschafft. «Durch die Begleitung wussten wir überhaupt erst, was zu tun ist», sagt Hansjörg Plüss. Und Peter Plüss ergänzt: «Es wurde uns auch viel Arbeit abgenommen, zum Beispiel die ganzen Abklärungen mit dem Anwalt oder Treuhänder.»
Nachfolgeregelung braucht Zeit
Das erste Gespräch zwischen den Brüdern Plüss und dem RUZ-Begleiter fand – eingefädelt durch die lokale und vertraute Raiffeisenbank Aarau-Lenzburg – rund drei Jahre vor der Übergabe statt. «Für die Nachfolgeregelung sollte man zirka fünf Jahre einplanen», hält der Nachfolgebegleiter fest. «Es ist also wichtig, frühzeitig zu beginnen.»
Im Fall Plüss stellte sich rasch heraus: Eine rein familieninterne Nachfolge kommt nicht infrage. Denn Tobias Plüss (32) wollte die Firma seines Vaters Hansjörg nicht allein übernehmen. Also schauten sich die Brüder gemeinsam mit dem RUZ-Begleiter nach externen Interessenten um – und fanden einen veritablen Anwärter. Doch kurz vor Aufnahme der Verhandlungen zog sich dieser zurück. «Am einfachsten wäre es aus damaliger Sicht gewesen, das Unternehmen einfach zu schliessen und das Grundstück zu verkaufen», erinnert sich Hansjörg Plüss. «Aber sein Lebenswerk gibt man nicht so einfach auf.»
Der magische Moment in der Nachfolge
Dann folgte das, was der RUZ Nachfolgebegleiter als «magischen Moment in der Nachfolge» bezeichnet: Aus heiterem Himmel schlugen Peter und Hansjörg Plüss zwei Mitarbeiter als mögliche Käufer vor. «Wir dachten uns: Irgendeine Lösung muss es doch noch geben!», blicken die beiden Brüder zurück. Und tatsächlich: Noah Lienhard (29) und Heinz Kunz (32) waren interessiert, gemeinsam mit Tobias Plüss die Firma zu übernehmen.
Für die Zusage mussten die drei nicht lange überlegen: «In einer halben Stunde waren wir uns einig», sagt Kunz, der wie Lienhard bereits seine Lehre im Betrieb absolviert hatte. Danach drehte sich die Diskussion der drei schnell darum, wie sie den Betrieb weiterentwickeln könnten. «Als Mitglieder einer neuen Generation war uns klar: Um langfristig konkurrenzfähig zu sein, müssen wir die Effizienz steigern und zum Beispiel dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden besser ausgelastet sind.»
Konfliktpotenzial in der Übergangsphase
In der anschliessenden Übergangsphase, in der während mehrerer Monate sowohl das alte wie auch das neue Management den Betrieb führten, boten die unterschiedlichen Vorstellungen Konfliktpotenzial. «Wird die Nachfolge innerhalb der Familie oder des Betriebs geregelt, gelangt man schnell auf die Beziehungsebene», benennt der RUZ Nachfolgebegleiter eine spezifische Herausforderung der Nachfolgelösungen Management-Buy-Out (MBO) und Family-Buy-Out (FBO). «Aber auch für die Mitarbeitenden war die Situation nicht leicht», so Noah Lienhard. «Sie wussten nicht mehr, auf wen sie hören sollten. Ausserdem waren wir, ihre bisherigen Kollegen, plötzlich ihre Chefs.»
Mit der schliesslich erfolgreichen Unterzeichnung des Kaufvertrags haben sich bei Plüss auch die letzten Unsicherheiten verflüchtigt. «Wir merken: Die Belegschaft steht hinter uns», fühlen sich Noah Lienhard, Heinz Kunz und Tobias Plüss gestärkt. Die Bahn für die neue Generation ist frei.
Das Hauptstandbein von Plüss im luzernischen Pfaffnau ist mechanische Fertigung und Maschinenbau. Daneben produziert der Betrieb Verbundwerkstoffe – unter anderem als einziges Unternehmen weltweit die Stäbe fürs Hornussen. Zudem betreibt Plüss eine Garage mit Pneuhandel, vermietet Personal und stellt einen Teil der Gewerbeliegenschaft als Einstellplätze für Camper und Autos zur Verfügung. Peter Plüss, bis zum Firmenverkauf Co-Besitzer und -Geschäftsführer, startete das Unternehmen vor 40 Jahren – in einer PW-Garage, in der gerademal eine Drehbank Platz hatte. Heute beschäftigt Plüss fast 30 Angestellte.
Gute Voraussetzungen für Finanzierung
So turbulent der Nachfolgeprozess zeitweilig war: Über einen Punkt brauchten sich die Käufer Noah Lienhard, Heinz Kunz und Tobias Plüss keine grossen Sorgen zu machen: die Bankfinanzierung. Auf Basis seiner Erfahrung stellte ihnen der RUZ-Nachfolgebegleiter von Anfang an einen Kredit von rund 70 Prozent der Kaufsumme in Aussicht.
Am Ende waren es sogar 80 Prozent des Kaufpreises, die die Raiffeisenbank Aarau-Lenzburg als Kredit sprach. «Die solide Kundenbasis des Unternehmens, aber auch der Businessplan und die Betriebskenntnisse des neuen Managements haben uns überzeugt», sagt Firmenkundenberater Marcel Humm. «Wir sehen eine vielversprechende Gewinn- und Umsatzentwicklung für das Unternehmen.»
Nachfolge: Die wichtigsten «technischen» Knackpunkte
So unterstützt Sie das RUZ im Nachfolgeprozess
Die Begleiterin oder der Begleiter des Raiffeisen Unternehmerzentrums (RUZ) unterstützt Sie in sämtlichen Phasen der Nachfolgeregelung: Von der Erwartungsklärung bei allen Beteiligten über vorsorgetechnische Fragen bis hin zur Unternehmensbewertung und Erstellung des Kreditantrags: Die Raiffeisen-Nachfolgebox deckt alle relevanten Aspekte ab.
Effiziente Zusammenarbeit im Expertenteam
Ob Steuerspezialist, Vorsorgeberater, Jurist oder Treuhänder: Das RUZ arbeitet stark mit lokalen Experten zusammen. Erfahrungsgemäss ist die Vertrauensbasis besser, wenn die Berater mit der Region des Unternehmens vertraut sind. Und für eine gute und effiziente Zusammenarbeit im Expertenteam ist es hilfreich, wenn RUZ-Koordinatorinnen und -Koordinatoren weitere bewährte Fachpersonen empfehlen können.