Kaufpreisfinanzierung der Unternehmensnachfolge

Drucken

Steht die Nachfolge im Unternehmen erst einmal fest, geht es an die Kaufpreisfinanzierung. Vor welchen Herausforderungen KMU stehen, erklären Marco Meier, Bereichsleiter Geschäftsentwicklung und Spezialprodukte Firmenkunden, und Edi Platter, Verantwortlicher Kompetenzteam Unternehmensentwicklung und Finanzen beim Raiffeisen Unternehmerzentrum RUZ, im Interview.
 

Was brauchen Nachfolgerinnen und Nachfolger, um den Kauf eines KMUs zu finanzieren?

Marco Meier (M.M.): Im Grunde sind das drei Dinge: Erstens benötigen sie einen überzeugenden Businessplan. Dieser muss möglichen Geldgeberinnen und Geldgebern glaubhaft versichern, dass das Unternehmen künftig ausreichend freien Cashflow erwirtschaftet, damit die Finanzierung innert nützlicher Frist zurückbezahlt werden kann. Zweitens brauchen Nachfolgerinnen und Nachfolger eine hohe Management- und Sozialkompetenz. Solche «weichen» Faktoren sind zentral. Drittens sind natürlich genügend Eigenmittel notwendig.

 

Weshalb sind «Soft Factors» so entscheidend?

M.M.: Oft ist der Erfolg eines KMUs von wenigen Schlüsselpersonen abhängig. Mit ihnen muss sich der Nachfolger verstehen oder mindestens arrangieren, ansonsten besteht die Gefahr, dass Know-how verloren geht. Dies kann die Zukunftsaussichten eines Unternehmens trüben – und gute Zukunftsaussichten sind das A. und O. für Kreditgeber und Unternehmer.

 

«Oft ist der Erfolg eines KMUs von wenigen Schlüsselpersonen abhängig. Mit ihnen muss sich der Nachfolger arrangieren können.»

Marco Meier, Bereichsleiter Geschäftsentwicklung und Spezialprodukte Firmenkunden

 

Wie werden KMU-Übernahmen in der Regel finanziert?

Edi Platter (E.P.): Die Finanzierung erfolgt oftmals mit unterschiedlichen Mitteln. Im Vordergrund steht das Eigenkapital, das zirka 30 Prozent des Kaufpreises abdeckt. Seitens Bank kann mit einer Finanzierung von 60 bis 70 Prozent gerechnet werden. Die verbleibenden Mittel werden entweder durch weitere Finanzierungspartner oder durch Verkäuferdarlehen beigebracht.

 

«Die Beteiligten müssen sich über den Preis einig werden. Häufig gibt es hier Differenzen.»

Edi Platter, Verantwortlicher für Unternehmensentwicklung und Finanzen beim Raiffeisen Unternehmerzentrum RUZ

 

Was sind die grössten praktischen Herausforderungen bei der Nachfolgefinanzierung?

E.P.: Eine Herausforderung stellt die Kaufpreisfindung dar. Während Verkäuferinnen und Verkäufer ihr eigenes Unternehmen höher bewerten und viel Potenzial sehen, beurteilt die Käuferpartei den Wert tiefer, da sie in der Regel mehr Risiken impliziert. Ist der Kaufpreis festgelegt, geht es um die Finanzierung. In vielen Fällen wird für die Finanzierung eine Bank beigezogen. Die Bank wird eine weitere Beurteilung des Unternehmenswertes vornehmen und anschliessend den Finanzierungsrahmen festlegen. Für die Festlegung des Finanzierunghöhe fliessen weitere Kriterien wie Marktfähigkeit der Unternehmung, Beurteilung des neuen Managements, Wettbewerbssituation, Kundenstruktur oder Investitionsbedarf in bestehende Infrastruktur ein.

M.M.: Für die Käuferseite ebenso herausfordernd ist, dass das nötige Eigenkapital – bei Raiffeisen sind das mindestens 30 Prozent des Kaufpreises – nicht aufgebracht werden kann. Und ein weiterer Knackpunkt sind fehlende oder unvollständige Dokumente, denn bei einer Nachfolgefinanzierung ist der Dokumentationsbedarf in der Regel sehr hoch.

 

Warum braucht es für einen Firmenkauf so viel Eigenkapital?

M.M.: Dies fragt uns die Käuferseite oft. Unsere Antwort: Natürlich sollen Eigen- und Fremdkapital in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Vor allem möchten wir als Bank aber das Commitment des Käufers. Indem dieser selbst einen substanziellen Beitrag zum Kaufpreis leistet, zeigt er der Bank: Ich werde für den Erfolg des Unternehmens alles tun. Dies reduziert das Risiko für die Bank – aber natürlich auch das für den Käufer, weil die Unternehmung auch schwierige Phasen in der Entwicklung durchstehen kann.

 

«Oft ist der Erfolg eines KMUs von wenigen Schlüsselpersonen abhängig. Mit ihnen muss sich der Nachfolger arrangieren können.»

Marco Meier, Bereichsleiter Geschäftsentwicklung und Spezialprodukte Firmenkunden

 

Gibt es andere Knackpunkte, die punkto Nachfolgefinanzierung in der Praxis häufig vorkommen?

E.P.: In meinem Alltag als Finanzierungsbegleiter stelle ich bei Nachfolgen oft fest: Sowohl auf Verkäufer- wie auch auf Käuferseite wird sehr früh der Kaufpreis thematisiert. Steht der Preis früh im Nachfolgeprozess im Raum, drehen sich die Verhandlungen allerdings nur noch darum.

 

Warum sollte es nicht gleich zu Beginn des Nachfolgeprozesses um den Preis gehen?

E.P.: Weil es erst Grundsätzlicheres zu klären gilt. Zum Beispiel, ob es sich der Verkäufer überhaupt leisten kann, ein Darlehen stehen zu lassen. Nicht selten erleben wir in Nachfolgesituationen die Tatsache, dass erhebliche Mittel in die Unternehmung, jedoch wenig in die Vorsorge des Unternehmers (und allenfalls dessen Ehefrau) fliessen. Dies führt immer wieder dazu, dass Unternehmerfamilien im Pensionsalter nicht einmal eine volle Ehepaarrente erhalten und mit der Pensionskasse auch nicht gut abgedeckt sind. In diesen Fällen ist es wesentlich, dass im Rahmen der Nachfolge Mittel effektiv fliessen und nicht vollumfänglich als Verkäuferdarlehen stehen gelassen werden.

 

Das Thema Vorsorge spielt also auch in die Nachfolgefinanzierung mit ein.

E.P.: Unbedingt. Und zwar auch auf Seiten des Käufers. Hier sind punkto Vorsorge verschiedene Aspekte zu berücksichtigen: In der Mehrheit der Nachfolgeregelungen erfolgt die Finanzierung mit einem substanziellen Anteil Fremdkapital. Je nach familiärer Situation des Übernehmers oder der Übernehmer macht die Absicherung für die Käuferschaft in den Bereichen Todesfallrisiko und Erwerbsausfall-Risiko Sinn. Damit soll einerseits der Unternehmer, andererseits dessen Familie abgesichert werden. Eine Abtretung der entsprechenden Police zugunsten des Kapitalgebers ist für diese Art von Risiko üblich.

M.M.: Damit erhält auch die Bank eine zusätzliche Sicherheit.

 

Was kann die Käuferseite noch beitragen, um die Nachfolgefinanzierung zu erleichtern?

M.M.: Das Wichtigste ist auf jeden Fall, mit ausreichend Informationen maximale Transparenz zu schaffen – via Businessplan, Abschlüsse der letzten drei Geschäftsjahre, mittelfristige Finanzplanung, Informationen zum laufenden Geschäftsgang und einem Käufer-Lebenslauf. Ist die Bank überzeugt, wird sie eine für den Kauf optimale Finanzierungsstruktur vorschlagen können. Dies kann u.a. auch die Zusammenarbeit mit Steuerexperten umfassen, um über die Transaktionsstruktur den Kaufpreis zu optimieren (z.B. nicht betriebsnotwendige Vermögenswerte herauslösen).

E.P.: Diese Transparenz gilt es bei jedem Kapitalgeber zu schaffen. Informationen schaffen Vertrauen.

Marco Meier, Bereichsleiter Geschäftsentwicklung und Spezialprodukte Firmenkunden
Marco Meier, Bereichsleiter Geschäftsentwicklung und Spezialprodukte Firmenkunden

Marco Meier ist Leiter Geschäftsentwicklung und Spezialprodukte Firmenkunden bei Raiffeisen Schweiz. Er ist seit über 15 Jahren in diversen Positionen im Schweizer Banking.

Edi Platter, RUZ-Begleiter und Unternehmer
Edi Platter, RUZ-Begleiter und Unternehmer

Edi Platter ist Begleiter im Raiffeisen Unternehmerzentrum (RUZ), Verantwortlicher Kompetenzteam Unternehmensentwicklung und Finanzen. Zuvor war er Leiter Kredite und Firmenkunden sowie Inhaber eines Verkaufs- und Marketingunternehmens. Zudem agiert er als Verwaltungsrat bei einem Internet Service Provider.